Dow Jones, Nasdaq, S&P 500 Wall Street schließt uneinheitlich – Anleger bevorzugen Tech-Werte

Blick in den Handelssaal der New York Stock Exchange.
Frankfurt Die Wall Street hat am Dienstag nach enttäuschenden US-Konjunkturdaten uneinheitlich geschlossen. Der US-Standardwerteindex Dow Jones ging 0,6 Prozent tiefer auf 34.577 Punkten aus dem Handel. Der technologielastige Nasdaq rückte dagegen 0,2 Prozent auf 14.663 Punkte vor und markierte eine neue Bestmarke. Der breit gefasste S&P 500 büßte 0,2 Prozent auf 4343 Punkte ein.
Die Stimmung im US-Dienstleistungssektor fiel überraschend stark auf den tiefsten Stand seit einem knappen halben Jahr. Offenbar gingen die Anleger davon aus, dass die Erholung der Wirtschaft von den Folgen der Coronavirus-Pandemie nicht so stark ausfallen werde wie erhofft, sagte Neil Wilson, Chef-Analyst des Online-Brokers Markets.com.
Die Schere zwischen steigenden Technologie- und fallenden Standardwerten ging schon in der ersten Handelsstunde wegen Wirtschaftsdaten auseinander. Das am ISM-Index abgeleitete Stimmungsbild im Dienstleistungssektor konnte die Prognosen nicht erfüllen. Allgemein verkauften Anleger verstärkt die zuletzt gefragten zyklischen Aktien. Laut Analyst Tobias Basse von der NordLB offenbart sich damit immer klarer, „dass der aktuelle Wirtschaftsaufschwung in den Vereinigten Staaten an die Kapazitätsgrenzen zu stoßen beginnt“.
Einige Investoren griffen daher verstärkt zu US-Bonds. Dies drückte die Rendite der zehnjährigen Staatsanleihen auf 1,352 Prozent, den tiefsten Stand seit Februar. Das verlangsamte Wirtschaftswachstum sei positiv von Anleihen, weil eine vorzeitige Drosselung der Wertpapierkäufe durch die US-Notenbank Fed unwahrscheinlicher werde, sagte Jim Barnes, Anleihe-Chef bei der Bank Bryn Mawr Trust.
Unter Druck standen im Dow die klassischen Industrie- und Bankenwerte. Klare Verluste zwischen 1,5 und 2,5 Prozent gab es etwa für den Mischkonzern 3M, den Chemiekonzern Dow, den Baumaschinenhersteller Caterpillar und das Finanzhaus JPMorgan. Auch Ölwerte standen unter Druck, wie etwa Chevron mit einem Abschlag von knapp zwei Prozent zeigte.
Unterdessen ging der Ölpreis auf Berg- und Talfahrt. Die US-Sorte WTI stieg zunächst auf ein Sechseinhalb-Jahres-Hoch von 76,98 Dollar je Barrel (159 Liter) und Brent-Öl aus der Nordsee erreichte mit 77,84 Dollar den höchsten Stand seit fast drei Jahren. Die Furcht vor einem Preiskrieg der großen Exportländer drückte die Kurse am Abend allerdings bis zu knapp drei Prozent ins Minus.
Die Opec+, zu der neben den Mitgliedern des Exportkartells weitere Förderländer wie Russland gehören, konnte sich in mehrtägigen Verhandlungen nicht auf neue Produktionsquoten einigen. Damit bleiben Börsianern zufolge die aktuellen Beschränkungen in Kraft. „Das Scheitern des Abkommens könnte aber auch dazu führen, dass sich die Vereinigten Arabischen Emirate und andere Länder nicht mehr an das Abkommen halten und ihre Produktion schneller und stärker als vereinbart erhöhen“, warnte Commerzbank-Analyst Eugen Weinberg.
Wall-Street-Experte Koch: „Die Nasdaq und Big-Tech sind wieder auf der Gewinnerseite“
Blick auf die Einzelwerte
Didi: Bereits vor Börseneröffnung ging es nach dem jüngsten App-Verkaufsverbot für die Aktien des chinesischen Uber-Rivalen Didi deutlich bergab. Die Titel des Börsenneulings verloren dann auch im regulären Handel knapp 20 Prozent. Die chinesische Behörde für Cyberspace (CAC) hatte am Sonntag Smartphone-App-Stores verboten, die Didi-App weiter zum Herunterladen anzubieten. Das Unternehmen soll persönliche Nutzerdaten illegal gesammelt haben.
„Die Entscheidung der Behörden war offenbar darauf ausgelegt, maximalen Effekt und Peinlichkeit zu erzielen“, sagte Markets.com-Experte Wilson. Im Sog von Didi verloren die Titel anderer chinesischer Firmen wie Alibaba, JD.com, Baidu und iQIYI bis zu rund fünf Prozent. Neben Didi sollen weitere Unternehmen betroffen sein, etwa die Lastwagen-Vermittler der Full Truck Alliance sowie des Personalvermittlers Kanzhun, deren Papiere auch vor kurzem erst in New York in den Handel gestartet waren. Sie sackten nun um 6,7 und 16 Prozent ab.
Weibo: Weibo verbuchte dagegen ein Kursplus von mehr als sechs Prozent. Insidern zufolge soll der chinesische Twitter-Rivale von der Börse genommen werden. Weibo-Verwaltungsratschef und -Großaktionär Charles Chao habe ein Angebot an die übrigen Eigner von 90 bis 100 Dollar je Aktie ins Gespräch gebracht. Chao erteilte einem Rückzug von Weibo von der Börse allerdings eine Absage.
Chao erteilte einem Rückzug von Weibo von der Börse allerdings eine Absage. Die Aktie hielt sich danach noch 6,6 Prozent im Plus.
Full Truck Alliance: Auch für die in den USA gelistete Aktie der chinesischen digitalen Frachtplattform ging es bergab. Der Kurs verlor mehr als 18 Prozent an Wert, nachdem bekannt geworden war, dass die App des Unternehmens auf ähnliche Datenschutzlücken hin untersucht werde.
DouYu: Die mögliche Blockade der geplanten Fusion mit dem Schwester-Unternehmen Huya brockt DouYu den größten Kurssturz seit dem Börsengang vor zwei Jahren ein. Die in den USA notierten Aktien des Streaming-Dienstes für Videospiele fallen um annähernd 15 Prozent auf ein Rekordtief von 4,90 Dollar. Huya-Papiere verlieren vier Prozent. Insidern zufolge will die chinesische Kartellaufsicht den Zusammenschluss der Firmen, an denen der Internet-Konzern Tencent jeweils maßgeblich beteiligt ist, formell untersagen.
Microsoft: Das US-Verteidigungsministerium zieht einen rund zehn Milliarden Dollar schweren Auftrag an den Softwarekonzern zurück. Im Rennen um den Auftrag für die Modernisierung der IT-Infrastruktur des Ministeriums hatte sich Microsoft 2019 durchgesetzt. Seitdem gibt es einen Rechtstreit zwischen Amazon und der Behörde. Der Online-Händler war damals als Favorit gehandelt worden. Amazon behauptet, dass der damalige US-Präsident Donald Trump den Vergabeprozess beeinflusst habe. Das Ministerium will den Auftrag nun neu ausschreiben. Die Microsoft-Aktie gab an der US-Technologiebörse Nasdaq zunächst um 0,6 Prozent nach, schloss dann aber kaum verändert. Amazon-Anteilsscheine legten 4,7 Prozent zu.
Apple: Auf der Dow-Gewinnerseite standen Einzelwerte aus dem Technologiesektor, wie Kursgewinne von 1,5 und 0,8 Prozent bei Apple und Salesforce zeigten. Bei Apple schrieb JPMorgan-Experte Samik Chatterjee, es sei nun wieder an der Zeit, die Aktien des iPhone-Herstellers zu kaufen.
Biontech/Pfizer: Der positiven Nasdaq-Stimmung schlossen sich einige Aktien jedoch nicht an. Dazu gehörten die dort gehandelten Biontech-Anteile mit einem Abschlag von 4,7 Prozent. Sie litten unter Aussagen des israelischen Gesundheitsministeriums, wonach die Wirksamkeit des Corona-Impfstoffs gegen die Delta-Variante gegenüber den Urformen des Virus deutlich nachgelassen hat. Dem folgten die Aktien des Biontech-Partners Pfizer um 1,1 Prozent nach unten.
AMC Entertainment: Titel der weltgrößten Kinokette AMC stiegen um sechs Prozent, nachdem das Unternehmen eine zuvor angekündigte Kapitalerhöhung wieder absagte. In einer Mitteilung vom heutigen Dienstag kündigte das Unternehmen an, die Ausgabe weiterer 25 Millionen Aktien auf dann 549 Millionen Wertpapiere nun doch nicht bei der Hauptversammlung am 29. Juli zur Abstimmung zu stellen. AMC hatte massiv vom Hype um sogenannte Meme-Aktien profitiert. Anleger auf der Plattform Reddit hatten den Kurs seit Anfang 2021 um 2300 Prozent in die Höhe getrieben.
Welbilt: Die angehobene Übernahmeofferte des Rivalen Ali Group gibt den Aktien des Großküchen-Ausrüsters einen Schub. Sie steigen im Handelsverlauf an der Wall Street um 6,5 Prozent auf 24,70 Dollar. Ali bietet den Angaben zufolge nun 24 statt 23 Dollar je Aktie oder insgesamt 3,41 Milliarden Dollar. Damit sticht der italienische Konzern das 2,9 Milliarden Dollar schwere Angebot des Konkurrenten Middleby aus.
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