Dow Jones, Nasdaq, S&P 500 Yellen stellt Zinserhöhung in den USA in Aussicht – und schickt Tech-Aktien auf Talfahrt

Die US-Finanzministern verschärft die Rotation aus den Techwerten, hin zu zyklischen Aktien.
Düsseldorf US-Finanzministerin Janet Yellen hat am Dienstag die Notwendigkeit von künftigen Zinserhöhungen angedeutet – und damit die US-Aktienmärkte auf Talfahrt geschickt. Dabei traf es vor allem die Tech-Werte: Der Technologieindex Nasdaq Composite verlor während des Handelstages 2,9 Prozent auf ein Fünf-Wochen-Tief von 13.485 Punkten. Der Leitindex Dow Jones verzeichnete marginale Zuwächse auf 34.133 Punkte, der breit gefasste S&P 500 büßte 0,7 Prozent auf 4164 Punkte ein.
Zu den größten Verlierern zählten die Aktien von Apple mit einem Minus von 3,5 Prozent. Microsoft , Alphabet, Facebook oder Amazon gaben bis zu 2,2 Prozent nach. Investoren legten sich angesichts der hohen Bewertungen lieber defensivere Titel in die Depots, sagte Anlageexperte Randy Frederick vom Vermögensverwalter Charles Schwab.
„Es könnte sein, dass die Zinsen etwas ansteigen müssen, um sicherzustellen, dass unsere Wirtschaft nicht überhitzt“, sagte Yellen in aufgezeichneten Bemerkungen zu einer Onlineveranstaltung des Magazins „The Atlantic“. Dabei sprach sie von „sehr moderaten Erhöhungen“ der Zinsen. Die US-Wirtschaft benötige jedoch die Investitionen, um wettbewerbsfähig und produktiv zu sein. „Ich denke, unsere Wirtschaft wird durch sie schneller wachsen“, ergänzte sie.
Yellens Aussagen fallen in eine Diskussion in den USA über die Auswirkungen der billionenschweren Konjunkturhilfen auf die Preisentwicklung. Regierungsvertreter – darunter auch Yellen – betonten stets, dass es kein Inflationsrisiko gebe. Die US-Notenbank Fed werde die Teuerungsrate sorgfältig beobachten und sei bei Bedarf in der Lage, darauf zu reagieren. Ein mögliches Gegenmittel sind höhere Zinsen.
Derzeit liegt der Leitzins in den USA in der Spanne von null bis 0,25 Prozent – obwohl die US-Wirtschaft so stark wächst wie seit fast 40 Jahren nicht mehr. Jerome Powell, der Chef der US-Notenbank Fed, hatte zuletzt versichert, dass er weit im Voraus signalisieren werde, wenn sich eine Änderung in der lockeren Geldpolitik abzeichnet.
Der Dollar profitierte von den Aussagen und legte gegenüber dem Euro zu. Die europäische Gemeinschaftswährung fiel dadurch zurück an die Marke von 1,20 Dollar.
Rotation am US-Markt beschleunigt sich
Steigende Zinsen gelten vor allem für die Aktien von Wachstumsunternehmen als Gift, weil sich dadurch ihre Finanzierungskosten erhöhen. Solche Unternehmen finden sich vor allem in der Techbranche.
Mit ihren Aussagen verschärfte Yellen einen Trend an der Wall Street: die Rotation aus den Techwerten, hin zu zyklischen Werten. Derzeit sind eher Titel aus Sektoren gefragt, die von einer wirtschaftlichen Wiedereröffnung nach der Corona-Pandemie profitieren.
„Da die Techriesen während der gesamten Pandemie ein zentraler Bestandteil der soliden Performance der Portfolios waren, sollten Anleger es unserer Meinung nach vermeiden, in einem Teil des Marktes überinvestiert zu sein“, schrieb Mark Haefele, Chief Investment Officer bei UBS Global Wealth Management an seine Kunden. „In einem Umfeld beschleunigten Wachstums bevorzugen wir weiterhin zyklische Sektoren und Wertsektoren wie Finanzen und Energie.“
US-Börsenexperte Koch: „Trotz starker Quartalszahlen belastet der Tech-Sektor die Wall Street“
Konjunkturhilfen, die ultralockere Geldpolitik der Fed und das schnelle Tempo der Corona-Impfungen haben in den USA in diesem Jahr die Wirtschaft angetrieben und die Kurse an der Wall Street auf Rekordniveau gehievt. Zuletzt stagnierte die Entwicklung aber, obwohl die Quartalszahlen der Unternehmen mehrheitlich überzeugten.
„Die Anleger könnten zunehmend enttäuscht sein, dass die Aktien trotz der fantastischen Gewinnnachrichten nicht gut abschneiden“, sagte Jim Paulsen, Chief Investment Strategist bei der Leuthold Group, dem US-Börsensender CNBC.
Aktienquote der US-Privatanleger auf Rekordhoch
Eine Erklärung für die Entwicklung könnte sein, dass die guten Quartalszahlen die Spekulationen der vergangenen Monate nur bestätigen. In die guten Zahlen hinein würden demnach viele Anleger ihre Gewinne realisieren. Für weitere Kursanstiege würde dieser Erklärung zufolge ein Auslöser fehlen, was zu einer längeren Seitwärtsbewegung oder einer Korrektur führen könnte.
Was Anlegern dabei zu denken geben sollte: Laut der Asset-Allocation-Umfrage der AAII (American Association of Individual Investors) hat die Aktienquote der US-Privatanleger mit 70,29 Prozent ein historisch hohes Niveau erreicht. Nach Meinung von Jörg Scherer, technischer Analyst bei der Bank HSBC in Deutschland, scheint der Aktienmarkt also in eine „Phase der breiten, öffentlichen Beteiligung“ eingetreten zu sein.
In Deutschland würde man solch eine Börsenphase mit „Dienstmädchenhausse“ übersetzen. Das ist die Bezeichnung für steigende Börsenkurse, die vor allem durch Käufe wenig informierter Kleinanleger getragen werden und die letzte Phase einer Spekulationsblase anzeigen können.
Einzelwerte im Blick
Pfizer: Angesichts der hohen Nachfrage nach dem gemeinsam mit Biontech entwickelten Corona-Impfstoff hat Pfizer seine Geschäftsprognose für das laufende Jahr angehoben. Der US-Pharmakonzern rechnet nun mit einem Umsatz zwischen 70,5 Milliarden und 72,5 Milliarden Dollar – 11,1 Milliarden Dollar mehr als bislang prognostiziert. Die Pfizer-Aktie verlor dennoch bis zu ein Prozent.
Under Armour: Der US-Sportartikelhersteller rechnet im laufenden Jahr dank des florierenden Onlinehandels nun mit einem prozentualen Umsatzwachstum im hohen Zehnerbereich statt wie zuvor angepeilt im hohen einstelligen Bereich. Trotzdem verloren die Papiere des Adidas-Rivalen mehr als drei Prozent.
CVS Health: Die Aktie des Apothekenkettenbetreibers stieg um 3,8 Prozent, nachdem das Unternehmen einen stärkeren Gewinn als erwartet im ersten Quartal gemeldet hatte und seine Gewinnprognose für 2021 anhob. Die Entwicklung ist auf höhere Verkäufe aufgrund von Covid-19-Impfungen und -Tests zurückzuführen.
Dupont: Trotz eines rosigen Ausblicks trennten sich Anleger von Aktien von Dupont, die in der Spitze um drei Prozent absackten. Der US-Hersteller für Industriematerialien hat dank erhöhter Nachfrage aus der Chip-Industrie und einer Erholung der Autobranche seine Gewinn- und Umsatzprognose angehoben.
Anleger suchen Zuflucht in Staatsanleihen
Angesichts der fallenden Aktienkurse suchten Investoren Deckung in sicheren Anlagehäfen und griffen zu Staatsanleihen. Die Renditen der zehnjährigen US-Treasuries fielen im Gegenzug um zwei Basispunkte auf 1,585 Prozent.
Am Rohölmarkt setzten Investoren auf eine anziehende Reise-Tätigkeit in den westlichen Industrienationen, sagte Analyst Ash Glover vom Brokerhaus CMC. Die Ölsorte Brent aus der Nordsee verteuerte sich um 1,7 Prozent auf 68,73 Dollar je Barrel (159 Liter).
mit Material von Reuters
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