Wall Street Kompromiss im US-Schuldenstreit besänftigt Anleger – Wall Street schließt im Plus

Händler Peter Tuchman arbeitet auf dem Parkett der New Yorker Börse.
Frankfurt Die Bewegung im US-Schuldenstreit hat Anleger am Donnerstag zur Rückkehr an die Wall Street ermuntert. Der Dow Jones gewann ein Prozent auf 34.755 Punkte. Der technologielastige Nasdaq rückte 1,1 Prozent auf 14.654 Punkte vor und der breit gefasste S&P 500 legte 0,8 Prozent auf knapp 4400 Punkte zu.
Der Kongress einigte sich auf einen Kompromiss zu einer Anhebung der Schuldenobergrenze, der die USA bis Dezember finanziell flüssig hält. Die Wahrscheinlichkeit einer Zahlungsunfähigkeit sei zwar gering, hätte aber fatale Folgen, sagte Greg Swenson, Gründungspartner der Investmentbank Brigg Macadam. Da dieses Risiko vom Tisch sei, komme die Erholung der Kurse nicht überraschend.
Daneben warf die Veröffentlichung der offiziellen US-Arbeitsmarktdaten am Freitag ihre Schatten voraus. Experten rechnen nach den überraschend starken Zahlen der privaten Arbeitsagentur ADP vom Mittwoch für September mit dem Aufbau von 500.000 Stellen außerhalb der Landwirtschaft, rund doppelt so viel wie im Vormonat. Dies würde zwar für eine robuste Konjunktur und gegen eine Stagflation – eine stagnierende Wirtschaft bei anziehender Inflation – sprechen, sagte Analyst Jochen Stanzl vom Online-Broker CMC Markets. Allerdings lieferten starke Arbeitsmarktdaten der US-Notenbank Fed grünes Licht, die geldpolitischen Zügel anzuziehen.
Bei den Einzelwerten gehörten die in den USA gehandelten chinesische Firmen wie der Online-Händler Alibaba oder der Suchmaschinen-Betreiber Baidu zu den Gewinnern. Ihre Papiere legten bis zu gut acht Prozent zu. Die börsennotierten Fonds (ETFs) auf chinesische Aktien von iShares und KraneShares gewannen bis zu gut sieben Prozent. Sie profitierten vor dem Hintergrund wachsender Spannungen zwischen den USA und China unter anderem von der Aussicht auf ein virtuelles Gipfeltreffen zwischen US-Präsident Joe Biden und seinem chinesischen Kollegen Xi Jinping. Dies sei ein gutes Zeichen, sagte Naeem Aslam, Chef-Marktanalyst des Brokerhauses AvaTrade. Wenn die beiden weltgrößten Wirtschaftsmächte Themen nicht von Angesicht zu Angesicht diskutierten, sorge dies für Unruhe unter Investoren.
Anleger reagierten außerdem erleichtert auf die Ankündigung des Fondsanbieters Fidelity, nach dem Ausverkauf der vergangenen Monate wieder verstärkt Geld in China investieren zu wollen. Unter anderem wegen der Schuldenkrise des Immobilienkonzerns Evergrande ist die Marktkapitalisierung chinesischer Börsenwerte um insgesamt rund ein Billion Dollar geschrumpft. "Der Markt ist etwas zuversichtlicher, dass China da durchkommt und sich das Ganze nicht wie befürchtet zu einem Vorboten des Verderbens entwickelt", sagte Stuart Cole, Chef-Volkswirt des Brokerhauses Equiti Capital.
Blick auf Einzelwerte
Levi Strauss: Gefragt waren auch die Papiere von Levi Strauss, die sich um knapp 8,5 Prozent verteuerten. Der Jeans-Hersteller hatte ein Quartalsergebnis über Markterwartungen vorgelegt. Außerdem kündigte er einen Aktienrückkauf im Volumen von 200 Millionen Dollar an.
Impfstoffhersteller: Die Papiere von Corona-Impfstoffherstellern rückten in den Blick, die in den vergangenen rund acht Wochen deutlich Federn gelassen hatten. Biontech gewannen 4,4 Prozent und Pfizer 1,7 Prozent. Die beiden Partner stellten einen Antrag auf eine Notfallzulassung für ihren Corona-Impfstoff für fünf- bis elfjährige Kinder. Die Papiere von Konkurrentin Moderna legten um 2,3 Prozent zu. Das Biotechnunternehmen kündigte Investitionen von einer halben Milliarde US-Dollar in den Bau einer Impfstoff-Produktionsanlage in Afrika an.
Twitter: Der US-Kurznachrichtendienst verkauft die auf mobile Werbung spezialisierte Firma Mopub für 1,05 Milliarden Dollar in bar. Käufer sei der Handyspiele-Anbieter Applovin, hatte das Unternehmen am Mittwochabend mitgeteilt. Twitter hatte Mopub 2013 für knapp 350 Millionen Dollar erworben. Der Deal kam bei Anlegern gut an, die Aktie stieg zur Eröffnung des Handels um gut zwei Prozent auf knapp 63 Euro.
Nio: Aktien des an der New Yorker Börse gelisteten chinesischen E-Auto-Bauers profitieren von einer Analystenempfehlung. Goldman Sachs empfiehlt die Aktien des Tesla-Konkurrenten jetzt zum Kauf und erhöhte das Kursziel auf 56 Dollar – etwa 65 Prozent mehr als der aktuelle Kurs. Das Wertpapier legte um fünf Prozent auf über 35 Dollar zu.
Nvidia: Aktieninvestoren erwarten offenbar, dass die am Mittwoch angekündigten Zugeständnisse des US-Grafikkartenspezialisten an die EU-Kommission die Chancen erhöhen, dass der Konzern den britischen Chip-Entwickler Arm für 54 Milliarden Dollar übernehmen kann. Eine Entscheidung wollen die Wettbewerbshüter bis zum 27. Oktober fällen. Nvidia-Papiere legten im frühen Handel gut 1,5 Prozent zu.
Facebook: Ein positiver Analystenkommentar von JP Morgan gibt dem zuletzt gebeutelten Aktienkurs des Internetgiganten Auftrieb. Die Investmentbanker sehen nach den Kursrückgängen der vergangenen Tage gute Einstiegschancen und glauben an weiteres Aufwärtspotenzial – trotz der Diskussion um eine härtere Regulierung des Konzern. Die Aktie lag am Morgen mehr als ein Prozent im Plus.
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