Arbeitsrecht Bundesarbeitsgericht stärkt Ansprüche auf rückwirkende Lohnzahlungen

Arbeitgeber können Ansprüche auf Lohnnachzahlungen nicht einfach für ungültig erklären – mindestens der Mindestlohn gilt immer.
Erfurt Im Streit um rückwirkende Lohnforderungen hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt die Position der Arbeitnehmer deutlich gestärkt. Nach einem am Mittwoch verkündeten Urteil sind arbeitsvertragliche Fristen, innerhalb derer Arbeitnehmer ihre Ansprüche geltend machen müssen, unwirksam, wenn die entsprechende Klausel den Mindestlohn nicht ausdrücklich ausnimmt.
Im konkreten Fall war eine Pflegehilfskraft länger krank. Der Pflegedienst weigerte sich aber, Lohnfortzahlung zu leisten. Als die Frau klagte, berief sich der Arbeitgeber auf Verjährung. Dabei stützte er sich auf eine Klausel im Arbeitsvertrag, wonach Forderungen innerhalb von drei Monaten geltend gemacht werden müssen. Diese Frist habe die Pflegehilfskraft nicht eingehalten.
Doch diese Klausel ist unwirksam, urteilte das BAG. Denn laut Gesetz könnten Arbeitnehmer auf den Mindestlohn nicht verzichten. Verfallsklauseln wie hier müssten daher den Mindestlohn ausdrücklich ausnehmen. Ohne diese Ausnahme sei die Klausel aber intransparent und daher insgesamt unwirksam.
Im Ergebnis verfallen dann auch andere Ansprüche des Arbeitnehmers nicht, etwa Lohnforderungen über den Mindestlohn beziehungsweise ein Branchen-Mindestentgelt hinaus oder wie hier der Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Im konkreten Fall ist der Anspruch auch inhaltlich begründet, urteilte das BAG. Es sprach daher der Pflegehilfskraft die Entgeltfortzahlung zu.
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Das Urteil erging zwar zum Mindestentgelt in der Pflege; das Mindestlohngesetz ist aber ähnlich formuliert und das Urteil daher wohl übertragbar. Dabei blieb allerdings offen, ob das Urteil auch für Altverträge gilt, oder nur für neuere Verträge ab Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes Anfang 2015 beziehungsweise der vergleichbaren Pflege-Verordnung schon zum 1. August 2010.