Benachrichtigung aktivieren Dürfen wir Sie in Ihrem Browser über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts informieren? Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Fast geschafft Erlauben Sie handelsblatt.com Ihnen Benachrichtigungen zu schicken. Dies können Sie in der Meldung Ihres Browsers bestätigen.
Benachrichtigungen erfolgreich aktiviert Wir halten Sie ab sofort über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts auf dem Laufenden. Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Jetzt Aktivieren
Nein, danke

Cum-Cum-Geschäfte Deutsche Pfandbriefbank steckt hinter der geheimnisvollen Steuerklage

Ein Rechtsstreit um Kapitalertragsteuern ist vor dem Hessischen Finanzgericht abgewiesen worden. Das Urteil hat Signalwirkung für die gesamte Branche.
12.02.2020 - 14:51 Uhr Kommentieren
Weil das Steuergeheimnis in Deutschland höchsten Rang genießt, wurde das Urteil unter Ausschluss der Öffentlichkeit verkündet. Quelle: Finanzgericht Köln
Gerichtssaal

Weil das Steuergeheimnis in Deutschland höchsten Rang genießt, wurde das Urteil unter Ausschluss der Öffentlichkeit verkündet.

(Foto: Finanzgericht Köln)

Düsseldorf Die Bankmanager wollten das Geld der Steuerzahler – aber die Steuerzahler sollten nicht wissen, um welches Institut es sich handelt. Vor wenigen Tagen brachten Anwälte der Deutschen Pfandbriefbank ihren Fall vor das Hessische Finanzgericht, um ein Urteil im Namen des Volkes zu erhalten. Dabei hatten sie eine Bitte: Das Volk sollte nicht erfahren, wer von dem Richterspruch profitieren würde.

Weil das Steuergeheimnis in Deutschland höchsten Rang genießt, blieb die Öffentlichkeit tatsächlich außen vor. Auch in der Urteilsbegründung werden die Richter den Namen der Deutschen Pfandbriefbank nicht ausschreiben. Die Klage wurde abgewiesen, teilte das Hessische Finanzgericht lediglich mit. Nach Informationen des Handelsblatts aus informierten Kreisen handelt es sich bei der Klägerin um die Deutsche Pfandbriefbank, die einen höheren Millionenbetrag erstreiten wollte.

Hintergrund sind sogenannte Cum-Cum-Geschäfte der Bank aus den Jahren 2004 bis 2007. Es geht vor allem um die kurzzeitige Übertragung von Wertpapieren in der Dividendensaison von ausländischen an deutsche Investoren. Damit wollten sich die Beteiligten die komplette Rückzahlung der Kapitalertragsteuern sichern. Von Gesetzes wegen steht dies nur Inländern zu.

Viele Banken und Steuerberater rieten trotzdem dazu, die Aktien zu übertragen – als Ausgleich einer empfundenen Benachteiligung. Jahrelang schauten die Finanzbehörden dabei zu. Erst 2016 wurde das Gesetz geändert, und Cum-Cum-Geschäfte wurden unterbunden. Wenn jemand einen Rechtsstreit begann, blieb der Fiskus meist Sieger.

Dass ausgerechnet die Deutsche Pfandbriefbank zu den Klägern gehört, ist bemerkenswert. Aktiengeschäfte gehörten eigentlich gar nicht zum Kerngeschäft der Bank, die lange auf die Finanzierung des öffentlichen Sektors spezialisiert war. Allerdings wandelte sich die Bank im Laufe der Jahre von einem reinen Staatsfinanzierer zu einem äußerst profitorientierten Institut.

Bank hoffte auf nachträglichen Steuersegen

Rückblick: Mitte 2002 war die Konzernmutter Depfa Plc auch aus steuerlichen Gründen nach Irland umgesiedelt. Im Juli 2007 erfolgte dann die Übernahme durch die Hypo Real Estate (HRE) für 5,7 Milliarden Euro. Der Deal war ein Desaster – außer für den Depfa-Chef Gerhard Bruckermann. Ohnehin hochbezahlt, soll er bei der Übernahme eine Abfindung von 120 Millionen Euro in bar erhalten haben, dazu Aktien. Dann fiel alles in sich zusammen.

Die HRE stand im Zentrum der Finanzkrise 2008 und brachte das deutsche Finanzsystem an den Rand des Kollapses. Als erste deutsche Bank erhielt sie im Rahmen dieser Krise staatliche Garantiezusagen in dreistelliger Milliardenhöhe. Außerdem beanspruchte die HRE Garantien aus dem Finanzmarktstabilisierungsfonds.

Die HRE-Tochter Depfa Plc mit Sitz in Irland wurde Teil der FMS Wertmanagement, einer Bad Bank zur Abwicklung der HRE-Risiken. Die deutsche Tochter der Depfa Irland wiederum wurde als Deutsche Pfandbriefbank ausgegliedert und Mitte 2015 an die Börse gebracht. In dieser Bank schlummern nun die Cum-Cum-Geschäfte der Jahre 2004 bis 2007, über die bis heute gestritten wird.

Es gelte, unterschiedliche Rechtsauffassungen zu verschiedenen Punkten klären zu lassen, ist aus informierten Kreisen zu hören. Offenbar hoffte die Bank auf einen nachträglichen Steuersegen aus der Staatskasse. Bei einem Sieg wäre eine Steuernachzahlung üppig zu verzinsen gewesen.

Daraus wird erst mal nichts, auch wenn der Bank der Weg zum Bundesfinanzhof offensteht. Das Finanzgericht hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen. Ob die Deutsche Pfandbriefbank die Klage weitertreibt, ist offen.

Ein Signal an die gesamte Branche

Auf Nachfrage wollte sich ein Sprecher der Bank nicht zu dem Fall äußern. Das Gericht hat seine Entscheidungsgründe noch nicht veröffentlicht, das kann noch einige Wochen dauern. Die Entscheidung des Hessischen Finanzgerichts gegen die Deutsche Pfandbriefbank ist auch ein Signal an die gesamte Geldbranche. Etliche offene Fälle liegen bei den Betriebsprüfungen, vereinzelt gibt es Klagen. Mit dem Urteil aus Kassel verschlechtert sich die Lage der Finanzinstitute erneut.

Es gibt bereits ein Urteil des Bundesfinanzhofs, das in eine ähnliche Richtung weist. Zudem stufte das Bundesfinanzministerium in einem Schreiben aus dem Jahr 2017 Cum-Cum-Deals als grundsätzlich rechtsmissbräuchlich ein. Diese Sichtweise verfestigt sich nun.

Das Hessische Finanzgericht spricht von der Übertragung „leerer Eigentumshüllen“. Die Geschäfte seien von vornherein darauf angelegt gewesen, dem ursprünglichen Aktieninhaber die Erträge aus den Aktien im wirtschaftlichen Sinne zukommen zu lassen.

Die Folge: „Der ausländische Aktieninhaber ist wirtschaftlicher Eigentümer und damit Anteilseigner geblieben. Ihm sind die Dividendenerträge zuzurechnen“, so das Gericht. Als Ausländer habe er aber keinen Anspruch auf die volle Erstattung der Kapitalertragsteuer. Auch wenn den Investoren und den Banken das Gesetz nicht gefalle, könnten sie es nicht einfach umgehen.

Es gibt noch einen zweiten Grund, warum der Kläger leer ausgeht. Aus Sicht des Gerichts handelt es sich um Gestaltungsmissbrauch. Wenn ein Modell rein steuerliche Gründe habe, führe dies „steuerlich zur Rückabwicklung der Geschäfte“.

Mehr: Neuigkeiten gibt es auch beim Cum-Ex-Prozess. Der angeklagte britische Börsenhändler will seine Steuerschulden zurückzahlen.

Startseite
Mehr zu: Cum-Cum-Geschäfte - Deutsche Pfandbriefbank steckt hinter der geheimnisvollen Steuerklage
0 Kommentare zu "Cum-Cum-Geschäfte: Deutsche Pfandbriefbank steckt hinter der geheimnisvollen Steuerklage"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%