Geldwäschegesetz Wirrnis statt Durchblick

Wer muss welche Daten melden?
Berlin Geldwäsche-Netzwerke und Strohmänner? Solchen Strukturen, wie sie die „Panama Papers“ und nun möglicherweise auch die „Paradise Papers“ offenbaren, haben die Behörden längst den Kampf angesagt. So soll das neue elektronische Transparenzregister seit Oktober helfen, kriminellen Machenschaften auf die Spur zu kommen. Doch noch immer haben sich nicht alle betroffenen Unternehmen, Genossenschaften, Vereine und Stiftungen in das Register eingetragen, wie das zuständige Bundesverwaltungsamt (BVA) dem Handelsblatt auf Anfrage mitteilte. Es gebe nach wie vor zahlreiche Auskunftsgesuche mit teils „komplexen Fragenbündeln“ und damit ein „hohes Arbeitsaufkommen“ für die Behörde, hieß es. Das BVA kündigte darum an, bei Ordnungswidrigkeiten zunächst nicht „automatisch“ ein Bußgeld zu verhängen, sondern den Einzelfall zu prüfen.
Der Grund für die Verzögerungen liegt im neuen Geldwäschegesetz, das in Deutschland als Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie in Kraft getreten ist. „Das Gesetz lässt viele Fragen offen“, berichtet Hans Christian Blum von der Kanzlei CMS Hasche Sigle, der Unternehmer und vermögende Privatpersonen berät. „Dringend notwendige Konkretisierungen gab es bislang nicht.“
Im Transparenzregister sollten mittlerweile eigentlich alle „wirtschaftlich Berechtigten“ erfasst sein, die mehr als 25 Prozent der Kapital- oder Stimmanteile an einer Gesellschaft halten. Ebenfalls betroffen sind Personen, die einen beherrschenden Einfluss ausüben, etwa über Stimmbindungs-, Pool- oder Konsortialvereinbarungen. Im Falle von Stiftungen oder Trusts müssen Vorstandsmitglieder, Treugeber oder Verwalter eingetragen werden. Die nötigen Daten umfassen Name, Geburtsdatum, Wohnort sowie Art und Umfang des wirtschaftlichen Interesses.
Laut BVA stammen die meisten Anfragen derzeit von Anwälten und Steuerberatern sowie von großen Wirtschaftsberatungsgesellschaften, aber auch von Stiftungen. Häufig ist unklar, wer welche Daten melden muss. „Da keine umfassende Konzernmeldung vorgesehen ist, müssen alle Tochtergesellschaften im Zweifelsfall selbst abklopfen, ob eine eigenständige Meldung nötig ist“, erklärt Rechtsanwalt Blum. Das könne mehr als hundert Töchter betreffen.
Knackpunkt ist die sogenannte Meldefiktion. Dahinter steht der eigentlich gute Gedanke der Bürokratievermeidung: Sind alle notwendigen Daten der betroffenen Personen dem Handels-, Partnerschafts-, Genossenschafts-, Vereins- oder Unternehmensregister zu entnehmen, ist keine gesonderte Meldung an das Transparenzregister notwendig. „Viele Unternehmen verlassen sich fälschlicherweise darauf, dass ihre Gesellschafterlisten ausreichen“, sagt Jurist Blum. Oft seien die Angaben aber nicht komplett. Bereits dieser Umstand könne ein empfindliches Bußgeld von bis zu einer Million Euro auslösen. Unklar seien auch viele spezielle Konstellationen, etwa, ob ein Gesellschafter eingetragen werden müsse, der zwar mehr als 25 Prozent der Anteile halte, aber keinen entscheidenden Einfluss auf die Gesellschaft ausübe, weil ein Mitgesellschafter ein Mehrfachstimmrecht von über 75 Prozent habe.
Das alles mag Gesellschafter, Eigentümer oder Begünstigte von Stiftungen verunsichern und dazu bringen, auf automatisierte Eintragungsdienste zu vertrauen, die auch einige Kanzleien anbieten. „Hier ist Vorsicht geboten“, warnt Rechtsexperte Blum. „Eine Eintragung lässt sich voraussichtlich nicht mehr vollständig löschen.“ Fälschlich eingetragene Gesellschafter blieben dann – zumindest behördenintern – gespeichert. Trotzdem drängt die Zeit: In sechs Wochen kann das Transparenzregister eingesehen werden – etwa von Finanzämtern oder Strafverfolgungsbehörden.
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