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Produkt-Piraterie EuGH verpflichtet Marktbetreiber zu Kampf gegen Fälschungen

Gefälschte Markenware – oft ein Schnäppchen für preisbewusste Käufer, aber immer illegal. Europas oberste Richter schieben dem Tun der Markenpiraten nun einen weiteren Riegel vor.
07.07.2016 - 14:19 Uhr
Mitarbeiter des Hauptzollamtes Frankfurt präsentieren gefälschte Markenprodukte. Quelle: dpa
Zoll entdeckt Plagiate

Mitarbeiter des Hauptzollamtes Frankfurt präsentieren gefälschte Markenprodukte.

(Foto: dpa)

Luxemburg Günstige Klamotten mit Etiketten von Lacoste, Burberry oder Tommy Hilfiger, billige Uhren mit der Markenbezeichnung Rado – in den Prager Markthallen wurden preisbewusste Kunden fündig. Manche Käufer mögen geahnt haben, dass sie hier gefälschte Produkte erwarben. Sie griffen dennoch zu. Ein neues Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) dürfte solche – illegalen – Geschäfte künftig weiter erschweren.

Die EuGH-Richter in Luxemburg stellten in einem EU-weit maßgeblichen Urteil am Donnerstag fest: Ein Marktbetreiber muss gegen Anbieter gefälschter Markenware auf seinem Gelände vorgehen. Die obersten EU-Richter gaben damit den Herstellern von Markenuhren und -kleidung Recht, die gegen den Betreiber des Marktes Prazská trznice in Prag geklagt hatten. Vermieter von Standplätzen können demnach gezwungen werden, von einzelnen Händlern begangene Markenrechtsverletzungen abzustellen und neue Verstöße zu verhindern.

Ein ähnliches EuGH-Urteil gab es schon zu Online-Marktplätzen im sogenannten Fall L’Oréal. Nun hatte Tschechiens oberster Gerichtshof die höchsten EU-Richter gefragt, ob das auch für „physische Marktplätze“ gelte. Und die antworteten: Ja. Die Frage, ob die gefälschte Ware im Internet oder anderen Verkaufsstellen angeboten werde, sei nicht von Bedeutung, „weil der Anwendungsbereich der Richtlinie nicht auf den elektronischen Handel beschränkt ist“.

Die Richter in Luxemburg hoben gleichzeitig hervor, dass die Vorgaben für die Marktbetreiber „nicht nur wirksam und abschreckend, sondern auch gerecht und verhältnismäßig sein“ müssen. Sie dürften „nicht übermäßig kostspielig“ sein und den rechtmäßigen Handel nicht einschränken. Von den Vermietern der Marktstände könne also „keine generelle und ständige Überwachung ihrer Kunden“ verlangt werden. Fallen aber Verstöße gegen Markenrechte auf, müssen auch die Marktbetreiber tätig werden.

Die dreistesten Fälschungen des Jahres
Die Trophäe: Plagiarius Zwerg mit goldener Nase
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Den Schmähpreis „Plagiarius“ vergibt eine Jury aus Firmenchefs und Medienvertretern an Hersteller und Händler besonders dreister Nachahmungen. Ziel des Plagiarius-Vereins ist es, unseriöse Geschäftspraktiken ins öffentliche Bewusstsein zu rücken und Industrie, Politik sowie Verbraucher zu sensibilisieren. Allerdings sagt der Preis nichts darüber aus, ob es sich um legale oder illegale Nachahmungen handelt. Die Trophäe ist ein schwarzer Zwerg mit goldener Nase – als Symbol für die hohen Profite, die Nachahmer auf Kosten innovativer Hersteller erwirtschaften. Der Negativpreis zeigt Wirkung: Nach Angaben des Vereins nehmen viele Nachahmer Restbestände von Plagiaten vom Markt, unterschreiben Unterlassungserklärungen oder verraten zumindest ihre Lieferanten.

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Platz 3: Notfall-Beatmungsgerät
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Auf den ersten Blick unterscheidet sich die Fälschung (rechts) vom Original (links) nur durch die andersfarbigen Schläuche. Das Original-Beatmungsgerät stammt von der Firma Weinmann Emergency Medical Technology in Hamburg, die Fälschung kommt aus Shenzhen in China von der Firma Ambulanc. Unter 41 Einsendungen belegt dieses Plagiat Platz drei. Grundsätzlich gilt in Deutschland und vielen anderen Ländern Nachahmungsfreiheit. Wer ein neues Produkt vor unerwünschten Kopien von Trittbrettfahrern schützen möchte, muss es in der Regel über gewerbliche Schutzrechte absichern.

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Platz 2: Möbel-Rolle
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Auch diese zwei Rollen für Möbel sehen sich zum Verwechseln ähnlich. Das Original (links) stammt von der deutschen Firma Gross + Froelich, die auf die Herstellung von Stuhl- und Möbelrollen spezialisiert ist und ihren Sitz in Weil der Stadt in Baden-Württemberg hat. Die mögliche Fälschung (rechts) kommt fast aus der Nachbarschaft, nämlich vom Familienunternehmen Wagner System aus Lahr im Schwarzwald. In einer Stellungnahme gegenüber Plagiarius weist Wagner System die Plagiatsvorwürfe zurück. Die beiden Produkte würden sich vom Gesamteindruck her eindeutig unterscheiden. Wie in diesem Fall gibt es viele Plagiatsstreitigkeiten unter Landsleuten, also etwa innerchinesisch oder innerdeutsch. Laut Plagiarius finden sich unter den Nachahmern immer häufiger westliche Firmen. Nach Aussage der befragten Unternehmen aus dem Maschinen- und Anlagenbau kamen in den letzten zwei Jahren 23 Prozent der Kopien aus Deutschland.

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Platz 1: Heißluftgebläse
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Platz eins der dreistesten Fälschungen 2015 geht an ein chinesisches Unternehmen namens Shenzhen Jin Xiong of internal and external electronic tools, die das Plagiat (rechts) eines Heißluftgebläses vertrieben hat. Zumindest äußerlich ist es nicht vom Original zu unterscheiden. Eine perfekte Fälschung, die aus Sicht der Plagiarius-Jury den Titel der dreistesten Fälschung des Jahres verdient. Für den Originalhersteller Steinel Vertrieb aus Herzebrock-Clarholz in Nordrhein-Westfalen wird das vermutlich trotzdem nur ein schwacher Trost sein. Die Schäden für die betroffenen Unternehmen seien enorm, warnt die Jury, die Gefahren für Verbraucher ebenfalls.

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Sonderpreis: Erklärvideo
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Die Nachahmer dieser Erklärvideos zeigten nicht gerade großen Einfallsreichtum. Sie übernahmen die Clips von der Homepage des Originalproduzenten und tauschten das Logo in der letzten Szene aus. Dieses Verhalten verdient nach Meinung von Plagiarius den Sonderpreis „Oscarius“. Die Originale stammen vom Marktführer im Bereich Erklärvideo, der deutschen Firma Simpleshow. Die Videos erklären die verschiedensten Themen, wie zum Beispiel die Europäische Union oder den Syrienkonflikt. Zu sehen sind sie unter anderem auf Youtube. Die Fälscher namens Telling Your Story Visually kommen aus Chennai in Indien.

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Parfum von Jean Paul Gaultier
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Neben drei ersten Plätzen verleiht Plagiarius auch sieben weitere, gleichwertige Negativpreise. Einen gibt es für diese Fälschungen, die der Hamburger Zoll im November 2014 beschlagnahmt hat. Die Originalprodukte (links) stammen von der französischen Firma Béaute Prestige International, die unter anderem Düfte von Jean Paul Gaultier und Narciso Rodriguez weltweit vertreibt. Die Firma Carry Forward Import and Export aus Shenzhen in China versuchte, die Fälschungen (rechts) in Spanien zu vertreiben. Der Zoll ist für die betroffenen Originalhersteller ein wichtiger strategischer Partner. Allein 2013 haben die EU-Zollbehörden laut Plagiarius knapp 36 Millionen rechtsverletzende Produkte im Wert von 760 Millionen Euro an den EU-Außengrenzen beschlagnahmt. In 70 Prozent der Fälle ging es um Post- und Kurierpakete, die auf private Online-Bestellungen zurückzuführen waren.

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Käsereibe „Kasimir" und Kuchenmesser „Coco“ von Koziol
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Die Käsereibe Kasimir und das Kuchenmesser Coco sehen ihren gefälschten Zwillingen zum Verwechseln ähnlich. Für diese Nachahmung erhalten zwei Firmen aus Barcelona den Negativpreis: der Importeur Zabriskie Studio und die Vertriebskollegen von Natura Selection. Hergestellt wurden die Plagiate in China. Der Originalhersteller, Koziol, wurde bereits vielfach ausgezeichnet mit Designpreisen und ist bekannt für seine ungewöhnlichen Spülbürsten und Wäscheklammern. Das Unternehmen hat seinen Sitz im hessischen Erbach.

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Die Hersteller teurer Waren haben damit einen Etappensieg errungen, ihren Kampf gegen Markenpiraten aber noch lange nicht gewonnen. Jüngste vorhandene Zahlen der EU-Kommission wiesen auch für das Jahr 2014 eine Zunahme einschlägiger Fälle auf. Demnach beschlagnahmte der Zoll mehr als 95.000 Sendungen mit verdächtigen Waren, die nach Kommissionsangaben „wahrscheinlich aus Internetverkäufen stammten“. Die entsprechenden echten Produkte hätten demnach mehr als 617 Millionen Euro gekostet.

Von den gut 33 Millionen sichergestellten Artikeln lagen Zigaretten mit 35 Prozent an der Spitze, gefolgt von Spielzeug und Arzneimitteln. China war laut Kommission „das Land, aus dem Waren, die geistige Eigentumsrechte verletzen, hauptsächlich in die EU versandt werden“. Betroffen seien neben den Herstellern der Originale auch getäuschte Verbraucher sowie Arbeitnehmer, die wegen der Produktfälscher womöglich ihren Job verlören.

  • dpa
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