Steilmann-Anleihen: „Von einem überstürzten Verkauf rate ich ab“
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Steilmann-Anleihen„Von einem überstürzten Verkauf rate ich ab“
Kaum hat der Modekonzern Steilmann das Einreichen eines Insolvenzantrags angekündigt, da rauschen seine Aktien in den Keller. Drei Anleihen sind vom Handel ausgesetzt und Anlageexperten raten Gläubigern zum Abwarten.
Frankfurt Schon wieder eine Pleite im deutschen Mittelstand. Am Mittwochabend hat der Modekonzern Steilmann aus Bergkamen mitgeteilt, dass er zahlungsunfähig sei und unverzüglich einen Insolvenzantrag stellen will. Der Aktienkurs brach am Morgen bereits um 89 Prozent ein, eine Aktie kostet jetzt noch 26 Cent. Das Unternehmen ist Großaktionär bei den Adler-Modemärkten. Auch deren Aktienkurs sackte um rund acht Prozent ab. Die Handelskette vermeldete, dass sie keine Auswirkungen der Pleite auf das eigene Geschäft erwarte.
Steilmann verkauft Damen- und Herrenmode „an reife Kunden, die hohe Qualität zu vernünftigen Preisen schätzen“, in rund 1300 Geschäften in 18 Ländern. 2014 machte die Gruppe mit 8300 Beschäftigten einen Umsatz von rund 900 Millionen Euro. Das Unternehmen ist in den 50er Jahren von Klaus Steilmann gegründet worden, zwischenzeitlich führte es seine Tochter Britta Steilmann, dann deren Schwester Ute Steilmann. Im Jahr 2006 hatten sie schon einmal Insolvenz angemeldet. Diese konnte aber abgewendet werden, da der italienische Mischkonzern Miro Radici Steilmann übernahm.
Das Prinzip festverzinslicher Wertpapiere
Festverzinsliche Anleihen haben einen fixen Zinskupon, der sich auf den Nominalbetrag von 100 Prozent, also zum Beispiel 1 000 Euro, bezieht. Zu diesem Betrag werden die Papiere am Ende der Laufzeit zurückbezahlt. Bei einem Kurs von 100 Prozent entspricht also die Rendite dem zugesicherten Zins.
Während der Laufzeit werden Anleihen gehandelt, deshalb schwanken die Kurse, die in Prozent angegeben werden. Der Rückzahlungswert bleibt unverändert bei 100 Prozent. Die Zinskupons, die sich auf den Nominalwert beziehen, verändern sich ebenfalls nicht. Weil Zinszahlungen und Tilgungen gleichbleiben, sinkt die Rendite für Neueinsteiger, wenn die Kurse steigen. Umgekehrt ist es genauso: Wenn die Kurse fallen, dann steigen die Renditen für Investoren, die neu zugreifen und bis zur Fälligkeit halten.
Entwicklung - Die Kurse vieler Anleihen - vor allem die von Staatsanleihen im Euro-Raum und in Japan - sind so stark über 100 Prozent gestiegen, dass Anleger trotz der Zinsen weniger Geld wiederbekommen, als sie angelegt haben. Somit sind die Renditen für Neueinsteiger sogar negativ. Das geht umso schneller, weil die Kupons stetig sinken. So haben zweijährige Bundesschatzanweisungen in Deutschland seit dem 20. August 2014 einen Kupon von null Prozent, seit dem 21. Januar 2015 gilt das auch für fünfjährige Bundesobligationen. Die im Sommer 2016 platzierte zehnjährige Bundesanleihe hatte ebenfalls einen Null-Kupon, bei der aktuellen zehnjährigen Bundesanleihe liegt der Kupon aber bei 0,50 Prozent.
Im Frühjahr 2013 kaufte Steilmann zusammen mit der Investmentgesellschaft Equinox Two aus Luxemburg knapp 47 Prozent der Anteile an den Adler Modemärkten. Den Schritt an die Börse hatte der Konzern erst im vergangenen November gewagt. Damals wurden die Papiere zu einem Preis von 3,50 Euro ausgegeben. Doch die Nachfrage war gering. Statt eines erhofften Bruttoemissionserlöses von rund 100 Millionen Euro konnten nur 8,8 Millionen platziert werden.
Rund 74 Millionen Euro frisches Kapital hatte sich das Unternehmen in den vergangenen Jahren aber auch über Anleihen besorgt. Wie die Frankfurter Börse bestätigte wurden diese Papiere (DE000A14J4G3, DE000A1PGWZ2, DE000A12UAE0) am Morgen noch vor Handelsbeginn bis auf weiteres vom Handel ausgesetzt. Aktuell können Anleihegläubiger also nicht auf die Neuigkeiten reagieren.
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Die meisten Anleger dürften von der Meldung überrascht sein, denn zuletzt lagen die Renditen der Anleihen immerhin noch zwischen 65 und 93 Prozent des Nominalbetrags. „Das zeigt schon, dass es bei dem Unternehmen Schwierigkeiten gibt, aber mit einer nahenden Zahlungsunfähigkeit hatte wohl keiner gerechnet“, sagt Rechtsanwalt Daniel Vos von der auf das Kapitalmarktrecht spezialisierten Sozietät Müller Seidel Vos aus Köln.