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Streitfall des Tages Dürfen Kleinstgewerkschaften das Land lahmlegen?

Auf dem Frankfurter Flughafen streiken die Vorfeldlotsen. Tausende Fluggäste sitzen fest. Für die Wirtschaft geht der Schaden in die Millionen. Ist das Streikrecht in seiner aktuellen Form noch zeitgemäß?
22.02.2012 - 11:37 Uhr 24 Kommentare
Der Schmu des Tages. Illustration: Tobias Wandres

In der Rubrik "Der Streitfall des Tages" analysiert Handelsblatt Online eine Gaunerei oder ein Ärgernis aus Bereichen des Wirtschaftslebens. Betroffene erhalten konkrete Unterstützung, können ihren Fall öffentlich machen und mit Gleichgesinnten diskutieren. Illustration: Tobias Wandres.

Der Fall

Und wieder bleiben die Maschinen am Boden. Am Frankfurter Flughafen müssen sich Passagiere und Airlines noch bis Ende der Woche auf Verspätungen und Flugausfälle einstellen: Der Grund: 200 Mitarbeiter auf dem Vorfeld, vertreten durch die Gewerkschaft der Flugsicherung (GDF) haben ihre Arbeit niedergelegt und streiken – für mehr Geld und bessere Arbeitsbedingungen.

Der Schaden, der durch den Arbeitskampf entsteht, ist immens. Durch den Streik sind nach Angaben von Fraport teils bis zu 30 Prozent Flüge ausgefallen. Der Umsatzverlust geht schon jetzt in die Millionen.

Die Relevanz

Seit einigen Jahren – spätestens aber seit dem Mammut-Streik der Lokführer Gewerkschaft GDL im Sommer 2007 – gehört es zum tarifpolitischen Alltag, dass Klein- und Kleinstgewerkschaften für ihre Forderungen in den Ausstand treten. Neben der GDL pochten in der jüngeren Vergangenheit vor allem die Pilotenvereinigung Cockpit, die Ärztevertretung Marburger Bund, die Flugbegleitergewerkschaft UFO und immer wieder auch GDF auf die ihre Rechte ihrer Mitarbeiter. Und auf eigene Tarifverträge.

Der Experte

Für die Wirtschaft werden die kampflustigen Berufsgruppen zunehmend zum Problem. „Spartengewerkschaften können bereits durch die Mobilisierung einer geringen Mitgliederzahl einen Betrieb lahm legen, damit einen exorbitant hohen Schaden verursachen, und dass, ohne selbst finanzielle Opfer bringen zu müssen“, kritisiert Robert von Steinau-Steinrück, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei Luther in Berlin. Und die Zahl der Streiks könnte sogar noch steigen. „Mittelfristig ist zu erwarten, dass sich immer mehr Berufsstände gewerkschaftlich organisieren und versuchen werden, ihre Rechte per Arbeitskampf durchzusetzen“, warnt der Experte. „Mit dem Anspruch der Verfassung, wonach Gewerkschaften die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zu wahren und zu fördern haben, ist das kaum noch zu vereinbaren.“

Die Gegenseite

Auf Seiten der GDF sieht man das naturgemäß anders. Man fühlt sich missverstanden und – unter anderem durch die kritische Berichterstattung in der Presse – diffamiert. „Wir sind überzeugt von der Redlichkeit unserer Anliegen“, lautet die Kernaussage der Gewerkschaftsfunktionäre Markus Siebers und Dirk Vogelsang. Auch egoistische Motive weist die Gewerkschaft weit von sich „Wir sind solidarisch“, beteuern sie, „nämlich mit unseren Frankfurter Vorfeldkollegen, die unsere volle Unterstützung verdienen.“

Mit klassischen Abwehrmaßnahmen ist meist nichts zu machen
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24 Kommentare zu "Streitfall des Tages: Dürfen Kleinstgewerkschaften das Land lahmlegen?"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • Flächentarifverträge haben (oder hatten) die unschöne Eigenschaft, wenig oder keine Möglichkeiten einzuräumen, wenn das einzelne Unternehmen diese aus wirtschaftlichen Gründen nicht erfüllen kann. Leider gibt es auch in der deutschen Industrie schon längst eine Mehr-Klassen-Gesellschaft. Die großen tarifgebundenen Unternehmen fahren fast durchweg fetteste Gewinne ein, die Ihnen zu einem sehr großen Teil die Lieferanten finanzieren. Je weiter hinten man in der Lieferkette nachsieht, umso seltener dürften dort noch tarifgebundene Firmen zu finden sein. Warum? Weil diese sich durch den enormen Preisdruck und den deregulierten weltweiten Wettbewerb dieses Lohnniveau schlichtweg nicht mehr leisten können.

  • Jetzt regulieren Sie wieder nur zulasten von Arbeitnehmern. Was ist mit z.B. verbindlichen Flächentarifverträgen (dann brauchts auch u.U. keinen Mindestlohn), so daß Unternehmen wieder über Qualität und Service konkurrieren statt darüber, wer die meisten Aufstocker beschäftigt? Andernfalls hat der Arbeitsmarkt mal wieder Schlagseite, mit den bekannten Auswüchsen, die Sie zu Recht kritisieren.

  • Wie wär's damit: Eine Gewerkschaft muß für ihre Anerkennung/Zulassung mehr als X Mitglieder haben. Dann ist sofort Schluß mit diesen Splittern-von Splittern-Gewerkschaften. Dann müssten sich die Mitglieder dieser Minigewerkschaften zwangsläufig wieder größeren Gewerkschaften anschließen, die eben mehr als nur das ganz spezielle Wohl einer winzigen Minderheit im Auge haben.

    Ich bin kein Freund der völligen Deregulierung. Wenn man allen Gelüsten des Menschen freien Lauf lässt, dann kommt neben den sicherlich manchmal auch vorhandenen positiven Folgen zwangsläufig aber auch die ungebremnste Habgier jeder Partei zum Vorschein.

  • Volle Zustimmung. Aber Sie vergessen ständig die Erpressung von Arbeitgeberseite. Wir wollen doch einen freien Markt auf Augenhöhe, oder nicht? Oder Freiheit für die, die sichs erlauben könne, hm?

  • Die Kleingewerschaften nutzen den Umstand aus, daß eine kleines Zahnrädchen ein großes Getriebe außer Gang setzen kann. Offensichtlich hat sich die Fraport aber recht gut auf diesen Showdown vorbereitet.

    Wie aber würde ich als Fraport langfristig reagieren? Diese Beschäftigtengruppe würde ich schlichtweg aus meinem Angestelltenkreis streichen und die Aufgaben an eine Reihe von kleinen Dienstleistern vergeben, bei denen ein anderer Wind weht und das Risiko einer Wiederholung gleich null ist. Nochmal: Wir reden hier nicht von hochqualifizierten und wirklich unersetzlichen Experten, sondern von angelernten Leuten mit 6 Monaten "Spezialausbildung".

    Genaugenommen ist das, was die GdF hier fordert Wucher.
    Siehe Wikipedia:

    "Wucher bezeichnet das Angebot einer Leistung zu einer deutlich überhöhten Gegenleistung unter Ausnutzung einer Schwächesituation eines Vertragspartners."

    Nichts anderes passiert hier.

  • Dass ein Unternehmen Maximalgewinn anstrebt ist genauso natuerlich (und notwendig), als wie eine Privatperson sich immer fuer das guenstigste Produkt entscheidet.

    Sie koennen ja gerne mal versuchen eine Firma zu gruenden und ihren Angestellten doppelten Lohn zu zahlen, mal schauen wie weit Sie kommen werden.

  • So siehts aus. Ist nur nicht die Realität momentan. Eher schon in Ländern wie Norwegen mit Alo-Rate von knapp 3 Prozent. Real(!)lohnzuwachs 25 Prozent die letzten 10 Jahre, und den Unternehmen gehts blendend. So muß das sein, dann klappts auch mit dem Abbau von Ungleichgewichten in der Eurozone.

  • Das Leben ist Kampf. Gerechtigkeit für jederman gibt es selten. Auch nicht gefühlte. Gesetzgeber und Regierung machen eine gute Arbeit, wenn in der Gesellschaft gerne viel und gut gearbeitet wird. Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit! Die Pflege des Arbeitskräftemarktes, die Gleichheit zwischen Anbietern und Nachfragern von Arbeitskraft ist eine ihrer wichtigen Aufgaben.

  • Falsch. Die Kleingewerkschafter nutzen ihren Spielraum aus, das hat mit Qualifikation rein gar nichts zu tun. Es handelt sich um einen Vorgang auf einem ArbeitsMARKT, bei dem nun - leider, leider - Arbeitnehmer und Arbeitgeber sich zur Abwechslung mal auf Augenhöhe begegnen. Wie es auf einem freien Markt nun mal sein sollte.

    Oder sind Sie gegen freie Märkte? Wollen Sie staatlich regulieren, welche Qualifikation welches Gehalt ergibt?

    Kritisieren Sie doch auch mal die "Erpressung auf Kosten der Allgemeinheit", wenn Unternehmen aus lauter Liebe zum Einkommen (nicht anders als die Kleingewerkschafter!) Hartz-Aufstocker beschäftigen oder teure Lizenzen (LKW-Führerschein etc.) "vom Amt" (vulgo: vom Steuerzahler) begleichen lassen. Ist dieses Verhalten nicht kritikwürdig, Ihrer Meinung nach? Oder messen Sie mit zweierlei Maß?

    Nochmal: Die Kleingewerkschaften sind die Geister, die die eifrigen "Reformierer" gerufen haben.

  • 6 Monate "Spezial"-Ausbildung? Wow!
    Und sie haben jetzt vier statt vorher drei Landebahnen zu bedienen und nicht angemessen mehr dafür bekommen? Doppel-Wow!

    D.h., künftig steigen die Löhne aller Taxi- und Busfahrer proportional zur Anzahl der von ihnen zu bedienenden Straßen? Und jeder Mitarbeiter in einem Eisenbahnstellwerk erhält pro zusätzlichem Gleis auf seinem Display einen Zuschlag?

    Was wird dort bezahlt? Die Qualifikation der Mitarbeiter? Der Anspruch des Arbeitsplatzes an den Mitarbeiter? Das abgewickelte Volumen pro Zeiteinheit?

    Das ist alles Quatsch. Hier geht es lediglich darum, daß sich eine kleine Gruppe von Leuten, die sich für unersetzlich hält, genau diesen vermeintlichen Umstand vergolden lassen will. Das hat rein garnichts mit der Qualifikation oder der Belastung der Mitarbeiter zu tun.

    Sowas nenne ich Erpressung auf Kosten der Allgemeinheit.

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