Streitfall des Tages Wann E-Mails vor Gericht nicht gelten

In der Rubrik "Der Streitfall des Tages" analysiert Handelsblatt Online eine Gaunerei oder ein Ärgernis aus Bereichen des Wirtschaftslebens. Betroffene erhalten konkrete Unterstützung, können ihren Fall öffentlich machen und mit Gleichgesinnten diskutieren. Illustration: Tobias Wandres.
Der Fall
„Die E-Mail ist längst das gängigste Mittel in der schriftlichen Kommunikation in Deutschland“, sagt Rechtsanwalt Christian Solmecke aus Köln. Aber: Eine E-Mail kann ohne großen Aufwand von anderen mitgelesen werden, und der Absender muss nicht zwangsläufig der sein, der er zu sein scheint.
Darum gibt es in Deutschland viele alltägliche Rechtsgeschäfte, die nicht per E-Mail geschlossen oder gekündigt werden können. Dazu gehört beispielsweise ein Arbeitsvertrag. „Wir hatten einen Mandanten, dem per E-Mail gekündigt worden war“, sagt Solmecke. „Diese Kündigung war unwirksam.“ Zwar eher ein seltener Fall, aber kein Einzelfall: „In unserer Praxis haben wir jährlich einige wenige Fälle, bei denen es darum geht, dass die E-Mail nicht die gleiche Funktion wie ein Brief hat, und darum nicht für alle Rechtsbelange einsetzbar ist.“
Dem schien die Deutsche Post mit der Einführung des E-Post-Briefes abzuhelfen. Denn in ihrer Werbung heißt es, der E-Post-Brief sei "so sicher und verbindlich wie der Brief" und er übertrage "die Vorteile des klassischen Briefes ins Internet". Um den E-Post-Brief nutzen zu können, muss man einmalig seinen Personalausweis oder Reisepass bei einem Postangestellten vorzeigen.
Das nennt man Post-Ident-Verfahren. „Damit wird sichergestellt, dass niemand anders in meinem Namen eine bestimmte E-Mailadresse anlegt und darüber Post verschickt“, erklärt Christian Solmecke. Und das ist der Vorteil des E-Post-Briefes gegenüber der herkömmlichen E-Mail.
Für viele rechtsverbindliche Geschäfte ist das jedoch nicht ausreichend. Denn beispielsweise für die Kündigung eines Wohnraummiet- oder des Arbeitsvertrages benötigt man eine so genannte qualifizierte digitale Signatur.
Sie ist jedoch mit sehr hohen Hürden verbunden. Beispielsweise sollen sich Besitzer des neuen Personalausweises künftig dafür ein kostenpflichtiges Signaturzertifikat von einem speziellen Dienstleister auf die Plastikkarte laden lassen können. Zusätzlich benötigen sie noch eine Geheimnummer für die Signatur, ein Kartenlesegerät und spezielle Software. „Damit käme ein Absender dem so genannten Schriftformerfordernis nach“, sagt Christian Solmecke.
Beim E-Post-Brief besteht diese Möglichkeit der qualifizierten digitalen Signatur laut einer Pressemitteilung des Verbraucherzentrale Bundesverbandes jedoch nicht. Darum hat der Verband gegen die Werbung der Deutschen Post geklagt und das Landgericht Bonn hat dem Konzern jetzt verboten, mit den Begriffen „so sicher und verbindlich wie der Brief“ zu werben.
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