Streitfall des Tages Wenn die Feuerwehr das Haus abbrennen lässt

In der Rubrik "Der Streitfall des Tages" analysiert Handelsblatt Online eine Gaunerei oder ein Ärgernis aus Bereichen des Wirtschaftslebens. Betroffene erhalten konkrete Unterstützung, können ihren Fall öffentlich machen und mit Gleichgesinnten diskutieren. Illustration: Tobias Wandres.
Der Fall
Es war einer jener heißen Juli-Tage des vergangenen Sommers: Im badischen Offenburg brannte das Flachdach einer Lagerhalle, auf der eine Photovoltaik-Anlage Strom produzierte. Zufällig waren gerade Handwerker vor Ort dabei, neue Sonnenkollektoren zu installieren. Ein Glücksfall: „Dadurch waren wir über die Anlage informiert und konnten mit angemessener Vorsicht vorgehen“, berichtet Wolfgang Schreiber, Pressesprecher der Feuerwehr Offenburg, die den Brand mit 30 Mann relativ schnell unter Kontrolle bekam.
Allerdings war beim Löschen besonders genaues Zielen angesagt. Denn die Module stehen unter Strom und produzieren weiter, selbst wenn der Rest des Stromkreislaufs ausgeschaltet wird. „Das ist eine immer währende Stromquelle“, skizziert Schreiber die Problematik: Kommen Feuerwehrleute mit dem Löschstrahl zu nahe an die Anlage heran, besteht für sie das Risiko, selbst durch einen Stromschlag ernsthaft verletzt zu werden.
Ein weiterer Gefahrenpunkt bei Löscharbeiten: Die Module können bersten und ein Scherbenregen auf Helfer herabprasseln. Außerdem erhöhen die Anlagen die Dachlast um etwa zehn Kilogramm pro Quadratmeter. Das Dach kann also schneller einbrechen. Alles Punkte, weswegen die Feuerwehr unbedingt wissen sollte, ob und wo sich Solarzellen auf dem Dach befinden.
„Photovoltaik ist eine neue Herausforderung für die Feuerwehr. Wir müssen lernen, damit umzugehen“, bestätigt Carsten-Michael Pix vom Deutschen Feuerwehrverband (DFV). Landauf landab werden Einsatzkräfte derzeit dafür speziell geschult.
Die Gegenseite
Nach Einschätzung der Deutschen Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (DKE), die im Auftrag des Verbands der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (VDE) arbeitet, können brennende Photovoltaik-Anlagen oder Brände in der Nähe solcher Anlagen bedenkenlos gelöscht werden – vorausgesetzt, die Sicherheitsabstände zu den Teilen, die unter Spannung stehen, werden eingehalten.
Zwischen einem und fünf Metern betragen die empfohlenen Abstände – auch mit dem Löschstrahl. Das schreibt der VDE in einer im April eigens zu dem Thema herausgegebenen Pressemitteilung. Demnach können Photovoltaik-Anlagen aber weder im Mondlicht, noch bei künstlichem Licht für Menschen gefährliche Spannungen erzeugen.
Doch der Branche ist offensichtlich bewusst, dass es technische Defizite gibt: Um Gefahren für Feuerwehrleute weiter einzudämmen, erarbeitet ein Expertenkreis des DKE derzeit einen Maßnahmenkatalog im Hinblick auf Abschaltmechanismen für Photovoltaik-Anlagen. Die Ergebnisse sollen noch in diesem Jahr vorgestellt werden.
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Schade, dass sich hier jeder (hier beziehe ich den Autor ausdrücklich mit ein) über die Gefahren für die Feuerwehren auslässt, ohne aber im geringsten Ahnung über die Vorgehensweise, Einsatztaktik und Ausrüstung der Feuerwehren in Deutschland zu haben. Hinzu kommen dann irgendwelche Aussagen, die völlig aus der Luft gegriffen und unzutreffend sind (Löschschaum kann eine sichere Variante sein, die wenigsten Feuerwehren in Deutschland sind aber entsprechend ausgerüstet und ausgebildet).
Um hier mal ein paar Sachen klarzustellen:
Die Abstände im Löschangriff mit Wasser (1m bzw. 5m) zu Stromquellen bis 1000V sind nicht speziell für Photovoltaikanlagen erlassen oder geändert worden - die gelten schon seit Jahrzehnten.
Das Vorgehen bei einem Löschangriff mit Schaum gehört zu der Grundausbildung eines jeden Feuerwehrmannes.
Schaummittel ist ein gängiges Löschmittel und die meisten Feuerwehren haben hierfür entsprechende Gerätschaften.
Es hat sich in der Praxis herausgestellt, dass ein Bedecken der Photovoltaikanlage mit einem Schaumteppich in der Regel technisch nicht möglich und auch nicht erforderlich ist.
Ein kontrolliertes Abbrennenlassen eines Gebäudes ist, unabhängig von dem Vorhandensein einer PV-Anlage, die absolute Ausnahme.
Ich könnte hier noch zahlreiche Punkte aufführen, denke aber hieraus wird deutlich, wie gut dieser Beitrag recherchiert worden ist.
Aus feuerwehrtechnischer Sicht gebe ich diesem Beitrag höchstens die Note: 5-
Leider zeigt sich anhand der Kommentare, dass nicht wenige Leser genau auf solche Stammtischaussagen nur gewartet haben.
"Von dem Zeug, das der Durchschnittsbürger in seinem Keller oder seinem Hobbyraum lagert, geht im Zweifel eine größere Gefahr aus"
Bio-Ethanol? ;)
Meine Formulierung wählte ich bewusst da ich die mir damals vorliegende Quelle nicht mehr auffinden konnte.
Natürlich haben Sie Recht mit dem Hinweis das es weit mehr Gefahrenquellen bei einem Hausbrand gibt als eine PV Anlage auf dem Dach. Allerdings wird das Risiko einer PV im Brandfall mM zu sehr herunter gespielt da es dem "Ökowahn" widerspricht. Eine Rückfrage bei der örtlichen Feuerwehr brachte mir die Antwort "Kontrolliertes Abbrennen"...Noch Fragen??
Ganz im Gegensatz zu unbelegten "ich meine ich hätte gehört"-Verlautbarungen...
An Einsatzstellen ist mit erheblichen Gefahren zu rechnen - mit oder ohne Photovoltaikanlage. Photovoltaikanlagen haben Besonderheiten, wie v.a. die Tatsache, dass man die Spannung zwischen Modul und Wechselrichter nicht wegbekommt, mehr aber auch nicht. Gefahren durch Absturz, Einsturz, Elektrizität oder Giftstoffe bestehen bei einem Gebäudebrand immer. Da bringen PV-Anlagen nichts grundsätzlich neues.
Von dem Zeug, das der Durchschnittsbürger in seinem Keller oder seinem Hobbyraum lagert, geht im Zweifel eine größere Gefahr aus.
Mir war als gab es bereits die ersten toten Feuerwehrleute. Auch schwerste Verletzungen und Stromschläge wurden dokumentiert. Leider nicht öffentlichkeitswirksam...Umweltschutz und tote Helfer -> Das verkauft sich eben nicht so gut
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