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Streitfall des Tages Wie Kinderlose benachteiligt werden

Strafzahlungen für Kinderlose – mit diesem Vorschlag haben junge Unionspolitiker eine hitzige Debatte über Familienförderung in Deutschland entfacht. Doch stehen Kinderlose wirklich soviel besser da als Eltern?
17.02.2012 - 09:27 Uhr 35 Kommentare
Der Schmu des Tages. Illustration: Tobias Wandres

In der Rubrik "Der Streitfall des Tages" analysiert Handelsblatt Online eine Gaunerei oder ein Ärgernis aus Bereichen des Wirtschaftslebens. Betroffene erhalten konkrete Unterstützung, können ihren Fall öffentlich machen und mit Gleichgesinnten diskutieren. Illustration: Tobias Wandres.

Der Fall

Der Schock sitzt tief. Angesichts des „schwierigen gesamtwirtschaftlichen Umfelds“, so die Ansage der Geschäftsleitung eines mittelständischen IT-Dienstleisters, „sehe sich man sich leider gezwungen, am Standort München betriebsbedingte Kündigungen auszusprechen“.

Fünf der 25 Mitarbeiter müssten das Unternehmen verlassen. Die Versicherungen, das Unternehmen werde bei der Auswahl „selbstverständlich darauf achten, die Maßnahme sozial ausgewogen zu gestalten“ – ein schwacher Trost.

Zumindest für jene, die der Gesetzgeber in der Schutzbedürftigkeitsskala ganz nach unten gesetzt hat. Häufig sind das besonders junge Kollegen, Singles und, allen voran, Mitarbeiter, die keine Kinder haben.

Die Relevanz

Familienpolitik, von Altkanzler Gerhard Schröder einst als „Gedöns“ für Frauen geschmäht, ist heute mehr denn je Bestandteil der Wirtschaftspolitik – und knallharte Kalkulation. Nach Kräften wird versucht, den Schutz von Eltern und deren Kindern in möglichst vielen Lebensbereichen voranzutreiben. Nicht aus Altruismus, sondern im Sinne der Ökonomie.

Es gilt, Frauen zum Gebären zu animieren und endlich dafür zu sorgen, dass wieder ausreichend Kinder zur Welt kommen, die mittelfristig die Zukunft des Wirtschaftsstandorts Deutschland sichern. Bislang sind die Erfolge – was die Geburtenraten angeht – jedoch eher mäßig.

Entsprechend überschlagen sich Vertreter aller Parteien in immer kürzeren Abständen mit Vorschlägen zur Familienförderung. Einige besonders emsige Vertreter der jungen Union schlagen nun sogar vor, Kinderlose mit Strafzahlungen zu belegen. Schließlich leisteten sie ja sonst keinen Beitrag zur Zukunft des Landes.

Der Experte

Warum der Verteilungskampf zwischen Eltern und Nicht-Eltern (beziehungsweise den Fürsprechern der einzelnen Gruppen) aktuell so eskaliert, lässt sich nicht mit Gewissheit sagen. „Das Wissen, dass den Deutschen ein paar Kinder mehr ganz gut zu Gesicht stünden, hatte man bereits in den 1970er-Jahren“, sagt Detlev Lück, Familiensoziologe am Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung in Wiesbaden.

Ganz so dramatisch, wie die Politik bewertet der Wissenschaftler die Lage allerdings nicht. Sanktionen für Kinderlose lehnt er daher auch strikt ab. „Es ist klar, dass der Staat versucht, Familien nach Kräften zu unterstützen“, so der Experte. Eine Bestrafung von Menschen, die sich gegen eine eigene Familie entschieden haben, sei hingegen nicht zielführend.

Dies gelte umso mehr, als, rein ökonomisch betrachtet, eben jene Kinderlose über Steuerzahlung oder durch ihre Beiträge zur Sozialversicherung die Förderung von Eltern und Kindern maßgeblich mitfinanzierten. Und die ist – auch wenn wohl noch mehr ginge – schon heute durchaus umfangreich.

Welche Vorteile Familien haben
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35 Kommentare zu "Streitfall des Tages: Wie Kinderlose benachteiligt werden"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • Soso, wir Kinderlose leisten also keinen nützlichen Beitrag. Oh doch das tun wir. Allein dadurch, daß wir keine weiteren nutzlosen Verbraucher und Umweltzerstörer produzieren, leisten wir genügend Beitrag. Man muß nicht nur auf ein künstlich erstelltes System stieren, sondern auf die Gesamtsituation des Planeten Erde, der sowieso schon ächzt unter der Last von zuvielen Milliarden Menschen. Das kann und darf nicht ewig so weitergehen. Und die Vernünftigen sollen dann noch gegängelt udn bestraft werden. Dem Staat geht es überhaupt nicht um Kinder, sonder NUR und ausschließlich um künftige Steuerzahler. Kinder dürfen nichts kosten, sie sollen "später" nur was einbringen. Wer das nicht sieht und dem System einen Riegel vorschiebt, bei dem ist Hopfen und Malz verloren.

  • Die Debatte ist nicht zielführend. Um mehr Steuereinnahmen für den Staat zu erreichen und entsprechend mehr Kinderförderung zu betreiben, müssen andere Wege gesucht werden und das hat Kanzlerin Angela Merkel richtig erkannt.

    Es gibt genügend andere staatliche Einnahmequellen, die dann an Kinder verteilt werden kann: beispielsweise Erhöhung und Ausweitung der LKW-Maut (auch für Ausländer auf den Autobahnen), Finanztransaktionssteuer, Abschaffung des Dienstwagenprivilegs bei Grosskonzernen, höhere Gewerbesteuersätze, stärkere Besteuerung der Vermögenden.
    Und gleichzeitig kann der Staat auch an bestimmten Stellen weiter sparen: beispielsweise bei der Bundeswehr: wir brauchen keine große Armee mehr, denn wir sind in Europa von Verbündeten in der NATO umzingelt und falls jemals in Deutschland ein Krieg kommen sollte, sind Soldaten kaum noch von Bedeutung, denn dann fallen jede Menge Atombomben auf Berlin ,Hamburg, Frankfurt, usw.
    Daher die Bundewehr sollte noch viel stärker verkleinert werden, um so Geld beim Staat zu sparen. Und wir brauch auch nicht überall mit Soldaten in Asien/in Afrika mitmachen, da verschlingt nur Steuermilliarden, die für das Kindergeld dann fehlen.

  • Ich als ungewollte Kinderlose,schließe mich dem Kommentar des RCF an. Auch empfinde ich in der Pflegeversicherung den Zuschlag, den ich bezahlen muss, als ungerecht. Wer kann denn sicher sein, dass sich alle Kinder später um ihre pflegebedürftigen Eltern kümmern?

  • Mein Mann und ich waren mal gewollt und dann auch ungewollt über einen längeren Zeitraum kinderlos. Ehrlicherweise muss jeder, der alle Facetten (gewollt kinderlos sowie ungewollt und glücklicherweise jetzt auch als Familie) über eine längeren Zeitraum gelebt hat, zugeben, dass die finanzielle Situation der Kinderlosen - ob gewollt oder ungewollt ist völlig egal - erheblich bis außergewöhnlich besser ist als die der Familien. Man muss doch die Realität nüchtern und ehrlich analysieren. Die Argumente, die in diesem Artikel als Benachteiligung Kinderloser ins Feld geführt werden, sind lächerlich. Wenn das Bewusstsein der Eltern für die Ausbeutung ihrer Leistung zunimmt, wird dies mit Sicherheit für einen Eklat sorgen, der dann hoffentlich zu einem gesellschaftlichen Umdenken führen wird. Die Familien werden politisch systematisch ausgenutzt. Jetzt kommt endlich Gegenwehr. Ich hoffe, dass diese kleine politische "Wanderwitz-Idee" zu einer ernsthaften, ehrlichen, öffentlichen Diskussion mit Lösungen führt und wünsche mir von unserer derzeitigen Familienministerin, dass Sie sich endlich mal ausführlich zur gegenwärtigen Debatte äußert. Frau Ministerin Schröder, dann nennen Sie uns die Anreize, die der Familiengründung dienen sollen, doch endlich mal! Ständig verschieben Sie wichtige politische Stellungnahmen auf Zukunftstermine und verschanzen sich hinter irgendwelchen Daten, die es noch zu ermitteln gilt. Eigentlich ein unglaublicher Vorgang, dass eine Regierung nicht weiß, wofür Sie Gelder ausgibt und für die Aufarbeitung dessen so viel Zeit benötigt.


  • "Warum der Verteilungskampf zwischen Eltern und Nicht-Eltern aktuell so eskaliert, lässt sich nicht mit Gewissheit sagen"

    Ist das nicht im Gegenteil ganz klar? Wann eskalieren denn Verteilungskämpfe? Immer dann, wenn beide Seiten meinen, sie hätten zu wenig und die anderen haben mehr!

    Die Kinderlosen schauen neidisch auf die "Vorteile" der Eltern und sehen nicht, wie diese von den Kosten für Wohnen, Schule, Nahrung, Kleidung erdrückt werden. Die Eltern sehen nicht, wie die Singles mit hohen Steuersätzen, fehlenden Freibeträgen und höheren Selbstversorgerkosten zu kämpfen haben.

    In einem solchen Fall braucht es aber meistens auch noch einen Brandstifter. In diesem Fall ist es die Politik, die solche Konflikte fördert, um davon abzulenken, dass der Staat beiden Gruppen inzwischen zuviel abverlangt.

  • Zu Kaiser`s Zeiten gab es die drei K`s Kinder Küche Kirche und die Alters Pyramide stimmte.
    Da die heutigen verantwortlichen Politiker alles Alt Hergebrachtes über Bord geworfen haben und den Kompas auch haben wir heute eine orientierunglose Führungriege

  • Als ungewollt Kinderlose kann ich Ihnen nur als Pflegender seiner Ehefrau antworten: ich zahle Steuern als Kinderloser, arbeite dennoch Vollzeit und muss das Ganze bezahlen und habe keine Chance, meinen Kindern etwas zu vererben, dass ich vielleicht später noch übrig habe. Ich bekomme keine Steuererleichterung und keine Freizeit, wenn die Krankheit meiner Frau sich verschlechtert, sondern muss auf die Einsicht meines AG hoffen.
    Ich bekomme keine Steuererleichterungen aufgrund meiner Kinder, auch kein Kindergeld, was alles von meinen Steuern und Abgaben bezahlt wird.
    Die Sicht aus dem Fianziellen hat als "Kinderloser" eher nur Nachteile, da ich meine Rente auch selbst finanzieren muss oder auch für meine Frau vorsorgen muss, die keine Rente bezieht, da Sie vor Ihrer Krankheit zu Hause war und nicht in die Rentenversicherung eingezahlt hat.
    Die ewige Diskussion nur ums Geld und nicht um die Chance, überhaupt Kinder zu "haben" und erziehen zu können, Wissen, Erfahrungen usw. weitergeben zu können und nicht "einsam und allein" ins Alter gehen zu müssen, vergessen sehr viele und argumentieren auch Sicht Behinderte recht eigensinnig, ichbezogen und Arrogant im Bezug auf Ihren Reichtum an Kindern und Gesundheit !

  • Sich Kinder zu wünschen ist keine Frage des Geldes bzw. Einkommens oder gar der "Förderung". Das machen Staaten deutlich, in denen es praktisch keine Unterstützung gibt und trotzdem mehr Kinder geboren werden. Z.B. USA etc...

  • Die genaue Ausgestaltung ist sicherlich nicht ganz einfach und die werden wir weder in einem Kommentar noch an einem Nachmittag hinkriegen. Mir ging es erstmal ums Prinzip.

    Aber interessant finde ich, dass Sie vom Herbeizaubern von 70.000 EUR ausgehen. In dieser und anderen ähnlichen Diskussionen kommt es mir immer so vor, dass die Eltern die Hilfen fordern, ziemlich unverschämt sind: Sie bekommen ja schon Kindergeld, Steuererleichterungen, von Steuergeld finanzierte Unis, 'freie' Krankenversorgung usw. usw. und natürlich das Kinderglück.

    Der Beitrag von Eltern, welche die Kinder für die nächste Generation 'liefern' - ohne die unser Staat und unsere Gesellschaft nicht funktionieren - kann wird kaum gewürdigt. Streiten wir uns nicht darüber, ob ein Kind 70 TEUR, 100 TEUR oder 120 TEUR kostet. Stattdessen wird den Familien kräftig in die Tasche gegriffen - und dann wundern sich alle, dass es immer weniger Kinder gibt (jedenfalls eigene).

  • na bravo

    meine Frau bekommt für die Erziehung von 3 Kindern 27,60 Euro pro Kind als Rente (brutto!) welche Vorteilsnahme !

    Es wird immer wieder unterschlagen, daß die aktuellen Zahlungen in die Rentenversicherung nur zur Zahlung der Renten unserer Eltern dienen (Eltern haben im übrigen auch Kinderlose)Da wird nichts für die eigene Rente angespart und zurückgelegt, dieses Geld hat der Staat längst für versicherungsfremde Leistungen verpulvert.
    Die (gewollt oder ungewollten) kinderlosen mögen sich trösten daß sie später Ihre Rente trotzdem von meinen Kindern bezahlt bekommen werden.

    Sollten kinderlose später mal verschuldet oder unverschuldet Harz4 einheimfallen können Sie ebenfalls auf die Zahlungen der Steuerzahler hoffen, sie werden dann auch von meinen Kindern gepflegt ( wenn sie kein Geld haben auch auf Staatskosten

    Sieht so der Generationenvertrag aus ?

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