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Frankfurt am Main

Mögliche Belastungen aus Cum-Cum-Geschäften belaufen sich für deutsche Geldhäuser auf 610 Millionen Euro.

(Foto: imago images / Jochen Tack)

Umstrittene Deals 60 Banken waren an Cum-Cum-Geschäften beteiligt – ihnen drohen hohe Rückzahlungen

Die Bafin beziffert die Risiken der Aktiendeals der Marke Cum-Cum auf 610 Millionen Euro. Ein enormer Betrag, vor allem weil es auch kleine Institute betrifft.
24.06.2019 - 04:00 Uhr Kommentieren

Frankfurt, Düsseldorf Einige Bundesländer haben Arbeitsgruppen gebildet, um der Sache auf den Grund zu gehen. Hessen identifizierte 14 Fälle, Nordrhein-Westfalen 13 und Bayern neun. Deutschlandweit hat die Finanzaufsicht Bafin den Überblick: Es geht um steuerlich motivierte Aktiengeschäfte der Marke Cum-Cum. Nach aktuellem Stand waren rund 60 Institute unmittelbar an solchen Transaktionen beteiligt, wie ein Sprecher der Bafin auf Anfrage mitteilte.

Das ist das Ergebnis einer Bafin-Abfrage bei allen 1 800 deutschen Geldhäusern. Die Aufseher wollten wissen, ob sie bei Cum-Cum-Deals mitmischten und wie teuer es werden könnte. Die Bafin beziffert die Risiken auf rund 610 Millionen Euro. Ein enormer Betrag, vor allem weil es auch kleinere Geldhäuser der Sparkassen und Volksbanken trifft.

Die umstrittenen Cum-Cum-Geschäfte sind schwer zu durchschauen. Mit solchen Aktiendeals sicherten sich die Akteure Steuererstattungen, die den wahren Eigentümern der Papiere nicht zustanden. Lange waren solche Gestaltungen in der Branche üblich, obwohl sie rein steuerlich motiviert waren.

Doch dann kam der Bundesfinanzhof (BFH). Am 18. August 2015 entschied das höchste deutsche Steuergericht, dass die Geschäfte grundsätzlich illegal sind. „Gestaltungsmissbrauch“ lautete das Urteil. Bei den Deals fehle ein wirtschaftlich vernünftiger Grund. Aus dem Geschäft entstehe im Wesentlichen nur ein Steuervorteil für die Parteien. Ein Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF) folgte 2017.

Für viele der beteiligten Banken ergeben sich aus dem Richterspruch große Risiken. Dabei sind nur wenige Banken namentlich bekannt, etwa die Deka. Der Fondsanbieter der Sparkassen hält Rückzahlungen zwar für unwahrscheinlich, schlimmstenfalls könnten diese aber bei 64 Millionen Euro liegen. Die Commerzbank sieht sich allenfalls am Rande berührt, sie stellte bislang lediglich zwölf Millionen Euro zurück.

Schwieriger ist die Situation bei einigen kleineren Banken. Nach gemeinsamen Recherchen des Handelsblatts und des Bayerischen Rundfunks könnten auch auf einige Sparkassen und Volksbanken Rückforderungen der Finanzämter zukommen. Gerhard Schick von der Bürgerbewegung Finanzwende fordert: Volksbanken und Sparkassen müssten „endlich öffentlich machen, welche Institute an diesen Geschäften mitgewirkt haben“

Bislang geben die Banken nur wenig über die Problem-Deals preis. Die Kreissparkasse Göppingen etwa teilte auf Anfrage mit: Sie habe, „wie andere Banken auch, sogenannte Cum-Cum-Geschäfte getätigt, ausschließlich mit inländischen Kreditinstituten“. Der Sachverhalt befinde sich derzeit in der Klärung mit der Steuerbehörde. Wie hoch mögliche Rückzahlungen sein könnten, wollte das Kreditinstitut nicht sagen. Im Geschäftsbericht 2017 findet sich eine Steuerrückstellung in Höhe von rund sechs Millionen Euro.

Auch die Sparkasse Bodensee ist betroffen. Die möglichen Belastungen aus den Cum-Cum-Geschäften sind enorm: Eine Körperschaftsteuernachzahlung von gut 39 Millionen Euro vermeldet die Sparkasse im Geschäftsbericht für 2017. Wie viel davon auf Cum-Cum-Geschäfte zurückgeht, wollte die Sparkasse nicht sagen. Die „Schwäbische Zeitung“ hatte zuerst über den Fall berichtet.

Die Sparkasse Karlsruhe gab sich zugeknöpft. Sie will keine Auskünfte über eine mögliche Beteiligung an Cum-Cum-Geschäfte geben. Nur der Geschäftsbericht offenbart, dass es Risiken gibt: Die Steuerrückstellungen betrugen für das Geschäftsjahr 2017 rund 13 Millionen Euro – nach knapp 63 Millionen Euro im Jahr zuvor aber eine deutliche Reduzierung.

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Klar ist, dass die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) der Sparkasse eine „strukturierte Wertpapierleihe“ angeboten hatte, deren Struktur sich besonders auch für Sparkassen eigne. „RODAL – Rendite Optimierte Dax-Aktien-Leihe“ – so nannte die LBBW das Produkt, das sie Sparkassen als eine„Renditeoptimierungstransaktion“ vorstellte.

„Die unter der Bezeichnung RODAL abgeschlossenen Geschäfte wurden letztmals 2012 getätigt“, teilte die LBBW auf Nachfrage mit. Es gebe keine Anhaltspunkte, dass die Geschäfte unzulässig gewesen seien. Nur vereinzelte Sonderkonstellationen seien rechtlich nicht abschließend geklärt.

Auch Volksbanken dabei

Dem Deutschen Sparkassen- und Giroverband zufolge sind nur einzelne Sparkassen betroffen. Auch der Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken teilte mit, dass „solche Geschäfte nur einige wenige Mitgliedsbanken getätigt haben“.

Zum Beispiel die Volksbank Heilbronn. Deren Steuerrückstellungen betrugen für das Jahr 2017 rund 18 Millionen Euro – wie viel davon für Cum-Cum-Geschäfte reserviert ist, wollte das Geldhaus nicht sagen. Die Volksbank hat Einspruch gegen die Steuerbescheide eingelegt.

Die strittigen Wertpapierleihegeschäfte hatte die Volksbank Heilbronn in den Jahren 2010 bis 2012 mit dem Bankhaus Lampe getätigt. Das Bankhaus Lampe will sich dazu nicht äußern. Dabei taucht sein Name nach Handelsblatt-Informationen in einer Aufstellung der Bafin auf. Demnach war das Bankhaus Lampe Gegenpartei für die Transaktionen, wie auch HSBC Trinkaus & Burckhardt. Die Bank will sich ebenfalls nicht äußern.

Die Bafin-Abfrage ergab nach Handelsblatt-Informationen, dass derartige Geschäfte auch von den Volksbanken Rhein-Ruhr und Kur- und Rheinpfalz bekannt sind. Die Volksbank Rhein-Ruhr aus Duisburg wollte nicht sagen, ob ihr Rückzahlungen drohen.

Die Volksbank Kur- und Rheinpfalz aus Speyer teilte mit, dass es bei ihr 2012 solche Geschäfte gegeben habe, „die damals als steuerlich einwandfrei galten“. „Die Vorgänge waren weder in der Zahl noch im Volumen für uns von geschäftspolitischer Bedeutung.“

Nach der Neubewertung durch BFH und BMF habe die Bank sich mit Bankenaufsicht und Steuerbehörde verständigt und die fraglichen Beträge erstattet. „Damit ist der Sachverhalt abgeschlossen.“ Für etliche andere Geldhäuser gilt das nicht.

Mehr: Lesen Sie hier, wie sich Garth Richie, Vize-Chef der Deutschen Bank, zum Cum-Ex-Skandal äußert.

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