Verbraucherschutz Überschuldete Verbraucher können mit Erleichterungen rechnen

Bei einem Pfändungsschutzkonto sind seit dem 1. Juli 2019 Guthaben bis zu einem Betrag von 1180 Euro geschützt.
Berlin Guthaben auf Gemeinschaftskonten sollen künftig vor Pfändungen geschützt werden. Bei einer Pfändung können diese künftig getrennt werden. Das ist eine zentrale Neuerung, die das sogenannte Pfändungsschutzkonto-Fortentwicklungsgesetz vorsieht.
„Für Menschen, die zusammenleben und gemeinsam wirtschaften, ist das ein wichtiger Schritt“, sagte Christian Lange (SPD), Staatssekretär im Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz, bei der Einbringung des Gesetzes in den Bundestag.
Auch wenn es um größere Anschaffungen geht, sollen verschuldete Personen durch das neue Gesetz größere Freiheiten bekommen. Pfändungsfreies Guthaben soll in Zukunft nicht nur einen Monat angespart werden können, sondern drei Monate. Für viele Haushalte dürfte sich damit beispielsweise der Erwerb von Haushaltsgeräten vereinfachen.
Die Reform des Pfändungsschutzkontos (P-Konto) hat durch die wirtschaftlichen Auswirkungen der Coronakrise unverhofft an Aktualität gewonnen. Denn im Zuge der Pandemie, die mit mehr Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit einhergeht, wird mit mehr überschuldeten Haushalten gerechnet.
Das 2010 eingeführte P-Konto dient dem Ziel, verschuldeten Personen in der Zwangsvollstreckung ein Leben in Würde zu ermöglichen. Vor der Einführung war das Zahlungskonto bei einer Pfändung blockiert, der Verbraucher in gewisser Weise vom Wirtschaftsleben abgeschnitten.
Rund zwei Millionen P-Konten in Deutschland
Jeder Kunde kann von seiner Bank oder Sparkasse verlangen, das Girokonto im Bedarfsfall in ein P-Konto umzuwandeln. Damit ist dann sichergestellt, dass Guthaben nur über der pfändungsfreien Grenze zur Tilgung von Schulden eingesetzt werden können. Seit dem 1. Juli 2019 sind Guthaben bis zu einem Betrag von 1180 Euro geschützt. Bestehen Unterhaltspflichten beispielsweise für Kinder, erhöht sich die Grenze weiter. Schätzungen zufolge gibt es in Deutschland rund zwei Millionen P-Konten.
Aus Sicht der Koalition ist das P-Konto eine sozialpolitische Errungenschaft. „Das P-Konto hat dazu geführt, dass Menschen den Weg aus der Überschuldung heraus finden konnten. Sie können sich quasi selbst befreien“, urteilt der CSU-Verbraucherpolitiker Volker Ullrich. Die FDP-Verbraucherschutzexpertin Katrin Heiling-Plahr lobt, dass das Pfändungsschutzkonto Betroffenen ermögliche, weiterhin am Wirtschaftsleben teilzunehmen.
Gleichwohl gibt es Änderungsbedarf. Sechs Jahre nach Einführung des Gesetzes startete eine Evaluierung. Deren Ergebnisse sind jetzt in die Reform mit eingeflossen.
So wird beispielsweise auch die Anpassung der Pfändungsfreigrenzen an das Arbeitseinkommen verkürzt. Wurde bislang die Pfändungsfreigrenze alle zwei Jahre angepasst, so verkürzt sich der Zeitraum auf ein Jahr. „Das hilft vor allem Menschen mit kleinem Einkommen“, glaubt Staatssekretär Lange.
Dennoch bietet der Gesetzesvorschlag noch offene Flanken, meinen die Linken. „In sogenannten Patchworkpartnerschaften müssen die Schuldner für ihre Partner und deren Kinder einstehen, dürfen dies aber zwangsvollstreckungsrechtlich nicht zu ihren Gunsten geltend machen“, so der Verbraucherpolitiker der Linken, Friedrich Straetmanns. Das führe dazu, dass bei der einer Pfändung der Familie existenzsichernde Mittel entzogen werden können.
„Das ist eine Fallkonstellation, die mich schon als Richter am Sozialgericht geärgert hat, da dadurch gerade die Kinder Nachteile erleiden“, so Straetmanns. Hier müsse das Gesetz nachgebessert werden.
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