Gläserne Bürger Staat prüft so viele Konten wie nie

Im Verdachtsfalle prüfen nicht nur die Steuerbehörden die Konten der Bürger.
Das private Bankkonto ist schon seit Jahren nicht mehr nur Privatsache. Denn das Finanzverhalten der Bürger gerät immer häufiger in den Fokus der Behörden. Insgesamt 302 150 Konto-Abfragen beantragten Finanzämter, Sozialbehörden und Gerichte im vergangenen Jahr, wie die „Bild-Zeitung“ auf Nachfrage beim Bundesfinanzministerium meldet.
Das bedeutet eine Steigerung um 31 Prozent und einen neuen Rekord. Denn im Jahr 2014 waren es noch 230 542 Anfragen, vor zehn Jahren nur 8 600.
Der Grund für den rasanten Anstieg liegt in mehreren Gesetzesänderungen in den vergangenen Jahren. Seit 2005 dürfen Behörden Konten von Bürgern ermitteln, um Steuerbetrüger ausfindig zu machen und Sozialleistungsmissbrauch einzudämmen. Seit dem Jahr 2013 dürfen auch Gerichtsvollzieher die Existenz der Konten prüfen. Die Rekordstände seit diesem Jahr liegen nach Angabe des Bundesfinanzministeriums vor allem an den Nachfragen der Gerichtsvollzieher.
Bei den Konto-Abfragen geht es nur um die Existenz von Konten, den genauen Kontostand erfahren die Behörden nicht. Dabei richten die Behörden Anfragen an das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) oder die Finanzaufsicht BaFin. In den meisten Fällen erhalten sie nur die Kontonummer, das Eröffnungs- und Auflösungsdatum sowie weitere Angaben zum Kontoinhaber wie Name, Geburtsdatum und Adresse. Grundlage ist das Gesetz zur Förderung von Steuerehrlichkeit.
Nur unter bestimmten Voraussetzungen haben Ämter Zugriff auf Daten aller Konten und Depots. Eine Kontenabfrage erfolgt erst, wenn ein Bürger Zweifel an Angaben etwa in seiner Steuererklärung nicht ausräumen kann.
In bestimmten Fällen darf auch die oberste Finanzaufsicht Bafin Daten abrufen - wenn etwa Ermittlungsbehörden diese im Rahmen von Strafverfahren anfordern. Aber auch dann geht es nur um Stammdaten, nicht um Kontostände oder Geldbewegungen.