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Grunderwerbsteuer Streit um Steuerschlupfloch

Den Bundesländern entgeht jährlich eine Milliarde Euro, weil Immobilieninvestoren eine Lücke im Grunderwerbsteuerrecht nutzen. Seit mehr als einem Jahr wird diskutiert, wie sie zu schließen ist.
10.11.2017 - 20:54 Uhr Kommentieren
Die Berliner Immobilie am Potsdamer Platz wurde vom kanadischen Pensionsfonds gekauft, ohne dass dieser dafür Grunderwerbsteuer gezahlt hat. Quelle: dpa
Sony Center

Die Berliner Immobilie am Potsdamer Platz wurde vom kanadischen Pensionsfonds gekauft, ohne dass dieser dafür Grunderwerbsteuer gezahlt hat.

(Foto: dpa)

Düsseldorf Der 2. Oktober 2017 war ein trauriger Tag für Berlins Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD). An diesem Tag verkündete der kanadische Pensionsfonds Omers den Kauf des Sony Centers in Berlin für 1,1 Milliarden Euro. Eigentlich müsste Omers dafür 66 Millionen Euro Grunderwerbsteuer an das Land überweisen. Eigentlich. Tatsächlich dürfte Matthias Kollatz-Ahnen sofort geahnt haben, dass die Hauptstadt leer ausgehen wird. Denn die Kanadier nutzen – wie viele Investoren quer durch Deutschland vor ihnen – ganz legal ein Steuerschlupfloch.

Seit Jahren gibt es Diskussionen zwischen Politik und Immobilienwirtschaft über die Abschaffung oder zumindest Einschränkung dieses Steuerschlupfloches. Seit einem Jahr debattiert eine Bund-Länder-Kommission intensiver über eine mögliche Lösung. Am Donnerstagabend trafen sich Vertreter des ZIA Zentraler Immobilienausschuss als Verteidiger der aktuellen Regelung mit Gegnern aus dem hessischen Finanzministerium – wie zu erwarten ohne Einigung.

Der juristisch erlaubte Steuervermeidungs-Trick funktioniert so: Verkauft wird nicht die Immobilie, sondern Anteile an der Firma, die Eigentümerin der Immobilie ist, Objektgesellschaft genannt. Wenn der Käufer sich mit etwas weniger als 95 Prozent der Anteile begnügt, spart er die Grunderwerbsteuer. Für versierte Anwälte sind solche Kaufverträge Routine-Fälle. Sie werden so gestaltet, dass der Alteigentümer die restlichen fünf Prozent plus x behält oder für diesen Restanteil ein weiterer Käufer gefunden wird. In der Branche werden solche Eigentümerwechsel Share Deals genannt.

Privatpersonen, die ein Häuschen oder eine Eigentumswohnung kaufen, haben diese Chance das Finanzamt auszutricksen nicht. Ihnen bleibt nur der sogenannte Asset Deal, bei dem die Immobilie und nicht Anteile an einer Immobiliengesellschaft den Eigentümer wechseln.

Als jüngst in den „Paradise Papers“ auch noch der Name Phoenix Spree auftauchte, kochte die Volksseele in Berlin besonders hoch. Denn die von der britischen Kanalinsel Jersey, einem Steuerparadies, aus gesteuerte Gesellschaft hat in Berlin ebenfalls über Share Deals investiert. Der Wohnungsinvestor steht im Ruf, besonders hart gegen Mieter vorzugehen, seit er den Mietvertrag für eine beliebte Kindertagesstädte nicht verlängert hat und diese so vor die Tür setzte.

Kollatz-Ahnen ging daraufhin in die Offensive. Berlin entgingen jährlich dreistellige Millionenbeträge Grunderwerbsteuer, schimpfte er. Die Vorgänge in Berlin bringen zusätzliches Feuer in die Diskussion um die Share Deals. Die spielen auch bei den Sondierungsgesprächen der möglichen Jamaika-Koalitionäre CDU/CSU, FDP und Grünen eine Rolle. Kollatz-Ahnen weiß andere auf seiner Seite. So etwa Robert Habeck, grüner Vertreter der Jamaika-Regierungskoalition Schleswig-Holsteins. „Es kann nicht sein, dass der Normalbürger für seinen Haus- oder Wohnungskauf brav die Grunderwerbsteuer zahlt, während sich Kapitalgesellschaften beim Immobilienerwerb im großen Stil aus dem Staub machen. Steuergerechtigkeit wird hier verletzt und sieht anders aus“, schimpfte Habeck in einer Bundesratssitzung.

Das Land hat eine Bundesratsinitiative gegen die Share Deals initiiert. Habeck beruft sich auf Experten, wonach den Ländern jährlich eine Milliarde Euro Steuereinnahmen durch die 95-Prozent-Regelung verloren gehen. Das heißt, dass die Grunderwerbsteuereinahmen in den Jahren 2014 bis 2016 um acht bis zehn Prozent höher gewesen wären, wenn es die Gesetzeslücke nicht geben würde.

Share Deals sollen weniger attraktiv werden
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