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Sachbezüge 44-Euro-Guthabenkarten bleiben vorerst ein steuerfreies Gehaltsextra

Die bei Chefs und Mitarbeitern beliebten Prepaidkarten sollten rückwirkend stark eingeschränkt werden. Die Länderfinanzminister verschieben diese Regelung nun.
24.03.2021 - 10:46 Uhr Kommentieren
Chefs dürfen spezielle Prepaidkarten ihrer Mitarbeiter jeden Monat mit 44 Euro aufladen. Quelle: dpa
Geldkarte

Chefs dürfen spezielle Prepaidkarten ihrer Mitarbeiter jeden Monat mit 44 Euro aufladen.

(Foto: dpa)

Frankfurt Das Geschacher um die 44-Euro-Guthabenkarten geht weiter. Im vergangenen Sommer standen die als steuerfreies Gehaltsextra genutzten Prepaidkarten schon beinah vor dem Aus. Nun aber gibt es noch eine Schonfrist. Die geplante Nutzungseinschränkung, die rückwirkend in Kraft treten sollte, wird für 2020 und 2021 ausgesetzt.

Die Finanzverwaltung Sachsen-Anhalt veröffentlichte ein Schreiben, aus dem hervorgeht, dass für die wiederaufladbaren Karten für die Jahre 2020 und 2021 eine sogenannte Nichtbeanstandungsregelung beschlossen wurde. Tausende Arbeitgeber in Deutschland, die insgesamt sechs Millionen Karten ihrer Mitarbeiter jeden Monat mit 44 Euro aufladen, können damit aufatmen. Sie müssen für die Jahre 2020 und 2021 nicht mit einer Steuernachzahlung rechnen, die zuletzt gedroht hatte.

„Wir begrüßen ausdrücklich die Einigung zur Nicht-Beanstandungsregelung. Es wäre wünschenswert, dass die anderen Bundesländer dem Beispiel Sachsen-Anhalts folgen und die Regelung öffentlich bekannt machen“, kommentiert Christian Aubry, Geschäftsführender Vorstand des Prepaid Verband Deutschland.

Steuerfreie Extras sind ein beliebtes Mittel, das Gehalt aufzubessern. Das kann ein Zuschuss zum Essen oder zur Kinderbetreuung sein, eine Weiterbildung, ein Gesundheitskurs oder das Jobticket.
Ohne Zweckbindung dürfen Chefs ihren Angestellten darüber hinaus jeden Monat bis zu 44 Euro in Form eines Sachbezugs zukommen lassen. Ein Beispiel dafür sind Gutscheinkarten für ein Einkaufszentrum oder eine Stadt („closed loop“). Beliebter, weil noch flexibler, ist die sogenannte Open-Loop-Variante. Diese Karten von Anbietern wie Givve und Spendit können überall dort eingesetzt werden, wo auch Kreditkarten akzeptiert werden.

SPD sieht Karten kritisch, CDU will sie behalten

Während die SPD die Open-Loop-Variante kritisch sieht, will die CDU sie unbedingt behalten. Mit dem Jahressteuergesetz 2020 einigte sich die Große Koalition darauf, dass diese Karten dann steuerfrei sind, wenn man mit ihnen nur noch Waren und Dienstleistungen erwerben, aber kein Bargeld abheben kann. Außerdem müssen die Karten nur noch im Inland einsetzbar sein.

Der zweite Aspekt, die Inlandsnutzung, wurde in das Gesetz allerdings verklausuliert hineingeschrieben. Es heißt dort, die Karten müssten die Kriterien des Paragrafen 2 Abs. 1 Nr. 10 Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) erfüllen. Zu den Kriterien im ZAG gehört allerdings nicht nur der Einsatz im Inland, es ist auch die Rede von einem „begrenzten Netz“ von Anbietern oder „begrenztem Spektrum“ von Waren und Dienstleistungen.

Trotzdem hofften einige Marktteilnehmer, dass alle Karten, mit denen man kein Bargeld abheben kann und die nur im Inland nutzbar sind, als steuerfrei eingestuft werden.

Diese Hoffnung schien sich jedoch zu zerschlagen, als das SPD-geführte Bundesfinanzministerium im Juni 2020, ein halbes Jahr nach Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes, den Entwurf eines Anwendungsschreibens für die Handhabe der Open-Loop-Karten den Verbänden zur Konsultation vorlegte. Darin hieß es, dass der genannte ZAG-Paragraf streng befolgt werden müsse und die Guthabenkarten auch nur noch innerhalb eines begrenzten Netzwerks an Akzeptanzstellen einsetzbar sein sollen, um weiterhin steuerfrei zu bleiben.

Und weil das Gesetz schon seit 1.1.2020 in Kraft war, sollten die Unternehmen, deren Karten diese Anforderungen nicht erfüllen, rückwirkend alle geleisteten 44-Euro-Zahlungen als Arbeitslohn versteuern. Es drohten Nachzahlungen in Millionenhöhe mitten in der Coronakrise.

Möglicher Attraktivitätsverlust der Karten

Während Anbieter Edenred umgehend begann, Einzelverträge mit Händlern zu schließen, um das geforderte Netz an Akzeptanzstellen zu erfüllen, meuterten Givve und Spendit. Sie kritisierten, sie seien nun genötigt, Verträge mit großen Handelsketten zu schließen, lokale Händler vor Ort wären außen vor. Durch diese Einschränkung sinke die Attraktivität der Karten. Arbeitgeber könnten daher auf die Idee kommen, sie ganz abzuschaffen.

Das schade nicht nur den Geschäftsmodellen von Givve und Spendit, sondern auch den Arbeitnehmern. Frühere Umfragen hätten gezeigt, ohne die Karten würde die Mehrheit der Arbeitgeber das Gehaltsextra einfach streichen, anstatt es direkt an die Mitarbeiter zu überweisen.

Rückendeckung kam aus der CDU. Sebastian Brehm, Mitglied im Finanzausschuss, bezeichnete den Entwurf des BMF damals als „Frechheit“. Er erklärte, seine Partei wolle die Karten nicht verbieten. Die Auslegung des BMF würde den Einsatz unnötig einschränken, was bei der Verabschiedung des Jahressteuergesetzes gar nicht vorgesehen war.

Und so rumorte es hinter den Kulissen. Unternehmen, Anbieter, aber auch die Finanzämter wurden monatelang alleingelassen, wie sie mit den Open-Loop-Karten verfahren sollten. Erst im Dezember 2020, bei der Verabschiedung des Jahressteuergesetzes 2021, konnte sich die GroKo darauf einigen, den Open-Loop-Karten noch eine Schonfrist zu gewähren.

Dem mussten die Länderfinanzminister noch zustimmen, was dem Schreiben aus Sachsen-Anhalt zufolge inzwischen geschah. Es sei nicht zu beanstanden, „wenn Gutscheine und Geldkarten, die ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen, jedoch die Kriterien des Paragrafen 2 Abs. 1 Nr. 10 ZAG nicht erfüllen, noch bis zum 31.12.2021 als Sachbezug anerkannt werden“, heißt dort.

Anbieter feiern Zwischenerfolg

„Wir freuen uns, wenn jetzt endlich erkannt wurde, dass die Neuregelung beim Sachbezug unnötig kompliziert und unzeitgemäß ausgelegt wurde“, sagt Florian Gottschaller, Geschäftsführer von Spendit, über den Zwischenerfolg. „Eine über Deutschland hinausgehende Einschränkung halten wir für falsch, denn sie schwächt gerade die kleinen Händler, die von Corona besonders betroffen sind“, erklärt er weiter.

Sein Konkurrent springt ihm bei: „Umso freier die Karteninhaber sein dürfen, umso ,richtiger‘ und damit gleichzeitig lokaler nutzen sie den Sachbezug“, berichtet Patrick Löffler, Geschäftsführer von Givve. Im Zeitraum zwischen Februar 2020 und Januar 2021 stellte er auf Basis von über 3,5 Millionen Transaktionen im Volumen von 100 Millionen Euro fest: Bereits 78 Prozent der Einkäufe mit der Givve-Card werden im lokalen Umfeld der Arbeitgeber getätigt. Tendenz steigend.

Ob die Beschränkung der Akzeptanzstellen dauerhaft vom Tisch ist, bleibt abzuwarten. Das Bundesfinanzministerium arbeitet gegenwärtig an dem abschließenden Anwendungsschreiben, in dem geregelt wird, wie mit den Sachbezugskarten ab 2022 verfahren werden soll. Eine Änderung wird es definitiv geben: Ab dem kommenden Jahr dürfen Arbeitgeber pro Monat 50 Euro an ihre Mitarbeiter steuerfrei ausschütten.

Update (30.3.2021): Die Finanzverwaltung Sachsen-Anhalt hat das Schreiben inzwischen wieder aufgehoben. Es war als „verwaltungsinterne Information gedacht und nicht zur Veröffentlichung bestimmt“, erklärte das Ministerium. Zur Begründung hieß es, man wolle den ausführlichen Regelungen in dem geplanten BMF-Schreiben nicht vorgreifen.

Mehr: Es muss nicht immer eine Gehaltserhöhung sein. Auch Gutscheine, Rabatte und Sachleistungen können sich für Arbeitnehmer lohnen.

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