Die Rente als Wahlkampfthema Diese Pläne haben die Parteien für die Altersvorsorge – und das bedeuten sie für die Sparer

Nach der Wahl muss die neue Bundesregierung die staatlich geförderte Altersvorsorge überdenken.
Frankfurt, München Es ist eine der drängendsten Fragen nach der Bundestagswahl: Wie geht es mit der Altersvorsorge weiter? Dass die gesetzliche Rente künftig nicht mehr reichen wird, ist seit Jahren Konsens. Zugleich steht die Riester-Rente als staatlich geförderte, private Altersvorsorge vor dem Aus.
Verbraucher sind von den hohen Kosten und den inzwischen stark eingeschränkten Anlagemöglichkeiten enttäuscht; die Zahl der Verträge stagniert seit Jahren bei gut 16 Millionen.
Es braucht also ein tragfähiges Nachfolgekonzept. Vertreter aus Politik, Versicherungsindustrie und Verbraucherschutzorganisationen haben darüber beim Strategiemeeting des Handelsblatts diskutiert. In ihren Wahlprogrammen präsentieren die Parteien sehr unterschiedliche Vorschläge. Manches ist vage formuliert, vieles dürfte Wunschdenken bleiben.
„Für die Bürger gleicht die Bundestagswahl einer Wundertüte“, sagt Peter Schwank, Hauptgeschäftsführer des Branchenverbandes GDV. Jörg Kukies, Staatssekretär im Finanzministerium, geht jedoch davon aus, dass die nächste Legislaturperiode spürbare Veränderungen in der Altersvorsorge bringen dürfte. Für unentschlossene Wähler gibt es hier einen Überblick über die unterschiedlichen Positionen der Parteien:
Das schlagen CDU/CSU vor:
Gesetzliche Rente
Laut CDU/CSU wird die gesetzliche Rentenversicherung (GRV) für die meisten Menschen eine zentrale Säule bleiben. Es soll eine Vorsorgepflicht für Selbstständige geben, entweder in der GRV oder in anderen insolvenzsicheren und zugriffsgeschützten Vorsorgearten. Zugleich betont der Bundestagsabgeordnete Peter Weiß aber: „Verbraucher sind gut beraten, die Altersvorsorge mindestens auf zwei oder sogar auf drei Beine zu stellen.“ Das heißt: Auch die betriebliche und die private Altersvorsorge werden wichtig bleiben.
Betriebliche Altersvorsorge
Die Christdemokraten wollen auch dafür sorgen, dass mehr Menschen eine betriebliche Altersvorsorge haben. Verbessern will die Partei die Mitnahme der Ansprüche bei einem Jobwechsel, Geringverdiener sollen stärker unterstützt werden.
Private Altersvorsorge
Bei der privaten, aber staatlich geförderten Altersvorsorge verspricht die Union einen Neustart. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Peter Weiß sagt: „Wir müssen die Riester-Rente vereinfachen, entbürokratisieren, die Garantien senken und breite Anlagemöglichkeiten bieten.“ Die CDU will daher ein Standardprodukt ohne Abschlusskosten und mit möglichst niedrigen Verwaltungskosten entwickeln. Alle Arbeitnehmer sollen automatisch einbezogen werden, außer sie entscheiden sich aktiv dagegen (Opt-Out). Es soll eine Förderung durch den Staat geben sowie Produkte mit und ohne Leistungsgarantie.
Das sagen Branchenexperten
Das Programm der Union ist Experten zufolge mehr Evolution als Revolution. Ein günstiges Standardprodukt soll in Zukunft vermeiden, dass die Riester-Rente wie bisher starr, komplex, teuer und oft auch renditeschwach ist. Guido Bader, Chef der Stuttgarter Versicherung, sieht beim Vorschlag der CDU aber die Schwierigkeit, ein Standardprodukt ohne Abschlusskosten einzuführen: „Ich glaube nicht daran, dass ein solches Produkt so standardisiert sein wird, dass es komplett ohne Beratung auskommt.“
Das schlägt die SPD vor:
Gesetzliche Rente
Die SPD will sich für eine gute und verlässliche Rente einsetzen und kündigt ein dauerhaftes Rentenniveau von mindestens 48 Prozent an. Eine Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters lehnt sie ab.
Betriebliche Altersvorsorge
Deutlich mehr Beschäftigte sollen in einer betrieblichen Altersversorgung abgesichert sein.
Private Altersvorsorge
Der SPD schwebt ein standardisiertes Altersvorsorgeprodukt nach schwedischem Vorbild vor, das von einer öffentlichen Institution angeboten wird. Es soll kostengünstig, digital und grenzüberschreitend sein. Die Förderung neuer Verträge in Form von Zuschüssen soll sich auf untere und mittlere Einkommensgruppen beschränken.
Das sagen Branchenexperten
Nach dem schwedischen Modell müssen Beschäftigte zwar ebenfalls 16 Prozent ihres Bruttoeinkommens in die gesetzliche Rentenkasse zahlen. Hinzu kommen dort aber weitere 2,5 Prozent, die am Kapitalmarkt in Fonds investiert werden. Rund 500 davon stehen zur Auswahl, mehr als die Hälfte der Bürger investiert jedoch in den staatlichen Fonds AP7. Der warf in den vergangenen zehn Jahren jeweils eine zweistellige Rendite ab, hat in Krisenjahren aber auch schon hohe Verluste erzielt. Das Problem für die eher sicherheitsorientierten Deutschen an diesem Modell könnte sein, dass bis zum 55. Lebensjahr komplett in Aktien investiert wird und erst danach schrittweise in festverzinsliche Wertpapiere umgeschichtet wird.
Schwank vom GDV mahnt an, dass keine Zeit sei, komplett neue Konzepte aufzubauen: „Die Babyboomer gehen bald in Rente, wir brauchen daher zeitnahe Lösungen.“ Bader von der Stuttgarter Versicherung fragt sich hingegen, warum man glaube, dass ein staatlich organisiertes Produkt besser sei.
Das schlagen die Grünen vor:
Gesetzliche Rente
Die Grünen planen, die GRV zu einem Bürgerfonds weiterzuentwickeln, in den auch Selbstständige und Abgeordnete einbezogen werden. Später sollen auch Beamte hinzukommen.
Betriebliche Altersvorsorge
Die Grünen wollen es kleinen Unternehmen einfacher machen, eine Betriebsrente anzubieten.
Private Altersvorsorge
Die Riester-Rente bezeichnen die Grünen als Fehlschlag. Stattdessen wollen sie auch hier einen Bürgerfonds einführen, ebenfalls mit Opt-out-Lösung bei der Einzahlung. Der Bundestagsabgeordnete Wolfgang Strengmann-Kuhn von den Grünen räumt aber ein, dass noch viele Fragen offen sind – etwa wer für das Produkt zuständig sein soll und in welche Anlagen investiert werden darf.
Das sagen Branchenexperten
Der angedachte Bürgerfonds soll öffentlich verwaltet werden und für die Bürger kostengünstig sein. Eine Pflicht dazu besteht aber nicht. Die bisherige Riester-Rente soll dorthin überführt werden. Risiken sollen breit gestreut werden. Ziel ist eine nachhaltige und langfristige Investition. Kritik kommt vom Fondsverband BVI: Staatsfondslösungen führten zu Wettbewerbsverzerrung und seien ein Irrweg.
Das schlägt die FDP vor:
Gesetzliche Rente
Die Liberalen wollen mit der Aktienrente der gesetzlichen Rente eine Kapitalmarktkomponente hinzufügen. Ein kleinerer Beitrag von zum Beispiel zwei Prozent des Bruttoeinkommens soll in eine kapitalgedeckte Altersvorsorge fließen, die als Fonds unabhängig verwaltet wird. Die FDP ist für eine Vorsorgepflicht für Selbstständige, fordert aber eine Wahlfreiheit zwischen den Systemen.
Betriebliche Altersvorsorge
Die FDP will allen Unternehmen die Möglichkeit einer reinen Beitragszusage geben, wodurch ein höherer Aktienanteil möglich wäre. Die Belegschaft soll automatisch einbezogen werden - mit Opt-out-Regelung.
Private Altersvorsorge
FDP-Mann Frank Schäffler mahnt an, dass die Riester-Rente reformiert werden müsse. Die FDP setzt sich für eine breitere Förderung privater Vorsorge mit höherem Aktienanteil nach der Wahl ein.
Das sagen Branchenexperten
Die Liberalen fordern vor allem breitere Anlageformen und höhere Aktienquoten in der Altersvorsorge. Flexibilität, eine größere Eigenverantwortung, mehr Chancen, aber auch mehr Risiken wären die Folge. Die FDP gebe die stärksten Impulse in Richtung einer privatwirtschaftlichen Lösung, meint Bader von der Stuttgarter Lebensversicherung.
Das schlägt die Linke vor:
Gesetzliche Rente
Für die Linke steht die Stärkung der GRV im Mittelpunkt der Überlegungen. Sie setzt zudem auf eine Wiederanhebung des Rentenniveaus auf 53 Prozent sowie eine Mindestrente von 1.200 Euro netto pro Monat.
Betriebliche Altersvorsorge
Die betriebliche Altersvorsorge soll künftig vor allem von den Arbeitgebern finanziert werden. Die Linke ist dagegen, die Arbeitnehmer den Risiken des Kapitalmarkts auszusetzen.
Private Altersvorsorge
Die Linke sieht ein Aus für die Riester-Rente. Riester-Sparer sollen das bisher angesparte Kapital freiwillig in die gesetzliche Rentenversicherung übertragen können. Zudem soll die private Altersvorsorge nicht staatlich gefördert werden: „Wir wollen nicht, dass die private Altersvorsorge über Zulagen gefördert wird oder dass hier Steuermittel investiert werden“, betont der Abgeordnete Matthias Birkwald.
Das sagen Branchenexperten
Die Linke will ebenso wie SPD und Grüne die Fixierung oder eine Erhöhung des Rentenniveaus. Ebenso fordert die Partei die Abschaffung der Riester-Rente. Unterstützung kommt von Verbraucherschützern wie Axel Kleinlein vom Bund der Versicherten (BdV): „Wir müssen aufhören, viel Geld in schlechte Produkte zu stecken.“ Allerdings fordert er einen Bestandsschutz für Sparer, die bereits einen Riestervertrag haben.
Was sollten Verbraucher tun?
Die kontroversen Diskussionen machen klar, dass es noch einige Zeit dauern wird, bis es unter einer neuen Koalition eine Marschrichtung für die künftige Ausrichtung der Altersvorsorge geben wird. Bis dahin können viele Verbraucher aber nicht warten.
Denn bei der Altersvorsorge gilt: Je früher Anleger mit dem Sparen beginnen, desto mehr Geld haben sie im Rentenalter zur Verfügung. Unabhängig von politischen Veränderungen ist daher wichtig, überhaupt mit der privaten Altersvorsorge anzufangen – und sei es nur, 50 Euro pro Monat in einen ETF-Sparplan oder eine Fondspolice einzuzahlen.
Sind Verbraucher mit ihrem bestehenden Riestervertrag unzufrieden, raten Verbraucherschützer dazu, den Vertrag bis auf Weiteres lieber ruhen zu lassen und Einzahlungen zu stoppen, als ihn gleich zu kündigen. Denn bei einer Kündigung müssen die staatlichen Zulagen zurückgezahlt werden, am Ende könnte also - je nach Laufzeit - relativ wenig Geld übrig bleiben.
Mehr: Niedrigzins und Inflation: Herausforderungen für Lebensversicherer steigen.
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.
Schwank vom GDV mahnt an, dass keine Zeit sei, komplett neue Konzepte aufzubauen: „Die Babyboomer gehen bald in Rente, wir brauchen daher zeitnahe Lösungen.“
Genau wegen solchen Menschen ist Deutschland heute ein Sanierungsfall. Vollkommen realitätsferne Aussagen, bei denen man sofort merkt, die Person hat in keinster Weise seinen Kopf zum denken benutzt. Sorry für die harten Worte, aber selbst wenn die Babyboomer bald in Rente gehen, dann werden sie trotzdem 20-40 Jahre weiterleben und das System prägen (belasten). Die jährlichen Steuerzuschüsse um das System am Laufen zu halten werden somit jedes Jahr größer (bereits heutzutage sind es ca. 30% des BIPs). Das ist weder nachhaltig, noch fair gegenüber jüngeren Generationen!
Junge Generationen müssen nicht nur in der Corona-Pandemie die größte Last tragen (indem sie sich mehrfach pro Woche in der Schule testen, wobei die wenigsten Erwerbstätigen sich am Arbeitsplatz testen), sondern wir sollen auch noch die Rentenbeiträge für die "Alten" bezahlen, gleichzeitig private Altersvorsorge betreiben und mehr Steuern, Gebühren und Lebenshaltungskosten zahlen...
Die regierenden Politiker handeln als ob die Politik ein Selbstbedienungsladen wäre. Sie haben kurzfristige Ziele und verteilen Wahlgeschenke um an der Macht zu bleiben. Im Interesse des Volkes handeln sie schon lange nicht mehr. Und das wissen vor allem jüngere Menschen!
Ich will hier nicht den Teufel an die Wand malen, aber ich bin gespannt wie lange das noch gut geht.