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Pensionskassen Hubertus Heil plant Sicherheitsnetz für Betriebsrenten

Der Arbeitsminister will Beschäftigte und Rentner, die über eine Pensionskasse Ansprüche erworben haben, bei einer Pleite des Arbeitgebers besser absichern.
06.12.2019 - 12:41 Uhr Kommentieren
Der Bundesarbeitsminister will die Ansprüche von Betriebsrentnern besser schützen. Quelle: dpa
Hubertus Heil

Der Bundesarbeitsminister will die Ansprüche von Betriebsrentnern besser schützen.

(Foto: dpa)

Berlin Nicht nur Lebensversicherer leiden unter den Dauerniedrigzinsen, die in den Policen ihrer Kunden deutliche Spuren hinterlassen. Auch Pensionskassen haben Probleme, einst zugesagte Zinsen zu erwirtschaften. Wie dramatisch die Lage der Branche ist, zeigen Schieflagen der Kölner Pensionskasse, der Caritas-Pensionskasse und der Deutschen-Steuerberater-Versicherung-Pensionskasse. Die Finanzaufsicht Bafin hat die Branche deswegen seit einiger Zeit auf dem Radar.

Aber die niedrigen Zinsen sind nicht das einzige Problem. Pensionäre können auch hart getroffen werden, wenn ihr ehemaliger Arbeitgeber pleitegeht. Normalerweise müsste die Firma einspringen, wenn die Kasse die zugesagten Leistungen nicht erwirtschaftet. Wenn das Unternehmen selber zahlungsunfähig ist, springt bisher niemand ein.

Diese Lücke will das Bundesarbeitsministerium schließen. Wird ein Arbeitgeber insolvent und kann die Pensionskasse die vom Arbeitgeber zugesagte Leistung nicht erbringen, soll künftig der Pensions-Sicherungs-Verein (PSV) einspringen. In dem Gesetzesentwurf geht es ausdrücklich nicht um finanzielle Schwierigkeiten auf Ebene der Pensionskasse, sondern um den Ausgleich, der im Fall einer Unternehmensinsolvenz zu leisten ist. „Der PSV sichert nicht die Pensionskasse ab, sondern die Betriebsrente“, bringt es ein Sprecher des Bundesarbeitsministeriums auf den Punkt.

Drei Millionen Betroffene

Pensionskassen sind ein wesentlicher Versorgungsträger der betrieblichen Altersvorsorge. Auf sie entfallen in Deutschland 4,8 Millionen Anwartschaften (Stand 2015) und 27,6 Prozent der Deckungsmittel in der betrieblichen Altersvorsorge, die sich über alle Säulen hinweg auf 613 Milliarden Euro (Stand 2017) summieren.

Von der geplanten Gesetzesänderung sind Pensionen betroffen, „die über Kassen durchgeführt werden, die nicht dem Sicherungsfonds nach dem Versicherungsaufsichtsgesetz angeschlossen sind“, sagt Michael Karst, Altersvorsorge-Experte bei der Unternehmensberatung Willis Towers Watson. Es handele sich dabei um den überwiegenden Teil der deutschen Pensionskassen, bei denen Leistungskürzungen satzungsgemäß möglich seien. Nach Schätzung des Bundesarbeitsministeriums dürften von dem neuen PSV-Schutz 20.000 Arbeitgeber, 100 Pensionskassen und rund drei Millionen Versicherte betroffen sein.

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Bei der Union rennt Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) mit seiner Initiative offene Türen ein. „Es lässt sich nicht mehr vertreten, dass es bei den Pensionskassen im Gegensatz zu allen anderen Formen der betrieblichen Altersvorsorge kein Sicherungssystem gibt“, sagt Peter Weiß, Vorsitzender der Arbeitsgruppe Arbeit und Soziales der Unionsfraktion.

Bislang galt diese zusätzliche Sicherungslinie für Betriebsrenten als überflüssig. Denn man ging davon aus, dass Pensionskassen durch die Finanzaufsicht und die gesetzlichen Anlagevorschriften ausreichend gesichert sind. Diese Annahme sieht der Gesetzgeber durch ökonomische Entwicklungen wie das langanhaltende Niedrigzinsumfeld als überholt an.

„Pensionskassen können auf nicht absehbare Zeit nur noch geringe Renditen erwirtschaften, während sie gleichzeitig Betriebsrentenansprüche mit zugesagten hohen Rechnungszinsen bedienen müssen“, heißt es in der Gesetzesbegründung.

Die Beschäftigten und Betriebsrentner müssen aber darauf vertrauen können, dass ihnen garantierte Betriebsrentenleistungen, die einen wesentlichen Bestandteil ihrer Alterssicherung darstellen, auch tatsächlich erbracht werden, so der Gesetzgeber. Zumal die gesetzliche Rentenversicherung immer weniger dazu in der Lage ist, den Lebensstandard der Versicherten abzusichern.

Verfahren vor dem EuGH

Für zusätzlichen Druck sorgt ein beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) anhängiges Verfahren. Dabei geht es um folgenden Fall: Wenn eine Pensionskasse ihre Leistungen kürzt, muss der Arbeitgeber im Rahmen der Einstandspflicht für den Differenzbetrag aufkommen. Doch wie ist dieser Teil der Pensionszusage gegen eine Insolvenz des Arbeitgebers zu sichern? Zwar steht ein Urteil aus, doch der Generalanwalt des EuGH hat schon eine Tendenz angedeutet.

Demnach sieht er den Gesetzgeber in der Pflicht, eine Regelung zu schaffen, die Versorgungsberechtigte im Fall einer Insolvenz zu schützt. Eine direkte Verbindung zu dem Rechtsstreit sieht das Bundesarbeitsministerium nicht: „Der Gesetzesentwurf reagiert in erster Linie auf die schwierige Lage bei den Pensionskassen“, so ein Sprecher.

Rentenexperte Karst von Willis Towers Watson geht davon aus, dass die neuen Regelungen ab 2021 gelten. Aber sie werden dann „rückwirkend“ für bestehende Anwartschaften und Betriebsrenten in Kraft treten.

Zwar begrüßt Karst, dass die Lücke geschlossen wird. Aber Verbesserungspotenzial bestehe durchaus. So fehlt ihm eine angemessene Mitwirkungsklausel für die Pensionskassen für den Fall, dass die Aufsichtsbehörde deren Vermögen und Verpflichtungen auf den PSV überleiten will. Kritisch sieht er auch die Kosten, die Arbeitgeber müssen ja die PSV-Beiträge stemmen. Karst findet die Bemessungsgrundlage für die Beiträge „vergleichsweise pauschal“ angesetzt.

Indes warnt die Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung (aba) vor einem Schnellschuss. Es sei zwar richtig, das Vertrauen in die betriebliche Altersversorgung zu stärken, so der aba-Vorsitzende Georg Thurmes. Aber das geplante Gesetz greife intensiv in die derzeitige Rechtslage ein, „ohne dass die damit verbundenen fachlichen und wirtschaftlichen Fragestellungen ausreichend geprüft werden konnten“.

Noch ist das Gesetzesvorhaben in einem frühen Stadium. Veränderungen und Nachbesserungen sind möglich.

Mehr: Im Schatten der Grundrente hat die Regierung auch eine Entlastung der Betriebsrentner beschlossen. Kanzlerin Merkel hatte das zuvor noch abgelehnt.

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