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Schuldneratlas Deutschland 2021 Zahl der überschuldeten Bundesbürger sinkt trotz Corona auf Rekordtief

Die Zahl der überschuldeten Verbraucher hat sich auf 6,16 Millionen verringert. Eine gegenläufige Entwicklung gibt es bei den Privatinsolvenzen. Das liegt an einem Gesetz.
10.11.2021 - 11:00 Uhr Kommentieren
Die Überschuldungsquote ging um mehr als einen Prozentpunkt auf 8,86 Prozent zurück. Quelle: dpa
Schuldneratlas vorgestellt

Die Überschuldungsquote ging um mehr als einen Prozentpunkt auf 8,86 Prozent zurück.

(Foto: dpa)

Berlin Das Ergebnis des „Schuldneratlas Deutschland 2021“ der Wirtschaftsauskunftei Creditreform ist überraschend: Die Zahl der überschuldeten Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland hat sich im laufenden Jahr zum Stichtag 1. Oktober im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um rund 700.000 oder gut zehn Prozent auf 6,16 Millionen verringert.

Damit sank die Zahl überschuldeter Bürger trotz der Coronakrise das dritte Jahr in Folge. Die Überschuldungsquote, also der Anteil überschuldeter Personen im Verhältnis zu allen Erwachsenen in Deutschland, ging um mehr als einen Prozentpunkt auf 8,86 Prozent zurück.

Erstmals seit Beginn der Auswertungen im Jahr 2004 wurde damit die Neun-Prozent-Marke unterschritten. Überschuldung liegt dann vor, wenn der Verbraucher mit hoher Wahrscheinlichkeit über einen längeren Zeitraum seinen Verbindlichkeiten nicht nachkommen kann.

Allerdings rechnet Creditreform nicht mit einer Fortsetzung der guten Entwicklung. Die wirtschaftliche Lage werde sich für viele Verbraucher wohl im nächsten und übernächsten Jahr verschlechtern. Das Problem der Altersarmut sei jetzt bereits deutlich zu erkennen.

Die Gruppe der 60- bis 69-Jährigen verzeichnet einen Anstieg der Überschuldungsfälle von sechs Prozent auf 769.000. Viele Personen der älteren Altersgruppen würden einer Erwerbstätigkeit im Rentenalter nachgehen, um fehlende Mittel zur Sicherung des Lebensunterhalts zu beschaffen. Der Doppeltrend zu Altersarmut und Altersüberschuldung „bleibt virulent“, warnt Creditreform.

Keine allgemeine Entspannung

Die relativ guten Zahlen bei der allgemeinen Verschuldungssituation signalisieren daher keine allgemeine Entspannung. Derzeit sind immer noch 32 Prozent oder rund 13,5 Millionen Haushalte von Einbußen beim Haushaltsnettoeinkommen betroffen, so Stephan Villa, Geschäftsführer von Creditreform Boniversum und Microm.

Der sogenannte finanzielle Stress der Verbraucher habe zugenommen und sei auf dem höchsten Wert seit Mai 2020. So hatten 13 Prozent der Verbraucher in den vergangenen zwölf Monaten schon einmal das Gefühl, dass ihnen die finanziellen Verbindlichkeiten „über den Kopf wachsen könnten“. Zugleich räumte jeder achte Verbraucher ein, die Stundungsmöglichkeiten bei Konsum-, Immobilien- oder KfW-Krediten in Anspruch genommen zu haben. Das ist ein Anstieg von drei Prozentpunkten im Vergleich zu Oktober 2020.

„Die erstaunlich positiven Zahlen sind in Anbetracht der langanhaltenden Coronalage ein Überschuldungsparadoxon“, kommentierte Patrick-Ludwig Hantzsch, Leiter der Wirtschaftsforschung bei Creditreform, die Zahlen. Staatliche Hilfsmaßnahmen wie das Kurzarbeitergeld und Überbrückungshilfen für die Unternehmen stützten die Unternehmen massiv und damit auch die Arbeitsplätze.

Bereits das Vermögensbarometer des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV) vermittelte den Eindruck, dass die Pandemie sich weitaus weniger dramatisch als erwartet auf die finanzielle Lage der Verbraucher auswirkte. Danach beurteilten 43 Prozent der Menschen ihre finanzielle Situation als gut oder sehr gut. Das entsprach dem Stand von 2019 – also von vor Corona. Der Anteil derjenigen, die die eigene Lage als schlecht oder eher schlecht einstuften, stieg lediglich um einen Prozentpunkt.

Allerdings sorgten die Bundesbürger auch vor. Lag die Sparquote, also der Anteil des verfügbaren Einkommens, der gespart wurde, in den vergangenen Jahren zwischen neun und elf Prozent, stieg sie laut DSGV 2020 auf 16 Prozent an und lag zwischenzeitlich sogar bei 19 Prozent. Große Teile dieser Summe sind in die Tilgung bestehender Schulden geflossen, vermutet Creditreform.

Privatinsolvenzen nehmen zu

Auf den ersten Blick will die Entwicklung der Privatinsolvenzen zur Verschuldungssituation der Bundesbürger nicht ganz passen. Die Privatinsolvenzen in Deutschland haben im ersten Halbjahr 2021 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um rund 50 Prozent auf knapp 58.000 zugelegt, berichtete die Wirtschaftsauskunftei Crifbürgel. Und der Trend setzte sich im Juli 2021 verstärkt fort.

„Derzeit gehen unsere Prognosen von bis zu 120.000 Privatinsolvenzen im Jahr 2021 aus“, sagte Crifbürgel-Geschäftsführer Frank Schlein. Das wäre mehr als eine Verdoppelung im Vergleich zum Vorjahr. Zuvor war die Zahl der Privatinsolvenzen seit zehn Jahren rückläufig.

Dieser dramatische Anstieg ist aber im Wesentlichen auf die am 1. Oktober 2020 in Kraft getretene Reform der Verbraucherinsolvenz zurückzuführen. Damit wurde das Restschuldbefreiungsverfahren für Schuldnerinnen und Schuldner auf drei Jahre halbiert. Viele Betroffene zögerten ihren Antrag auf Privatinsolvenz hinaus, um in den Genuss der neuen Regelung zu kommen, die ihnen einen schnelleren Start in ein schuldenfreies Leben ermöglicht.

Mehr: Verbraucherinsolvenzen werden 2021 sprunghaft ansteigen.

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