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Serie: Ratgeber Vorsorge Betreuungsverfügung: Das Dokument, das Ihr Wohl in gute Hände legt

Wer sich selber nicht mehr helfen kann, braucht Betreuung. Dafür gibt es auch Profis, aber meistens sind Familienangehörige eine gute Lösung.
15.08.2019 - 10:11 Uhr Kommentieren
Der Betreuer ordnet das Leben seiner Klienten, hat aber mitnichten einen erzieherischen Auftrag. Quelle: gms
Person des Vertrauens

Der Betreuer ordnet das Leben seiner Klienten, hat aber mitnichten einen erzieherischen Auftrag.

(Foto: gms)

Frankfurt Eine Vorsorgevollmacht ist extrem hilfreich. Wenn sie nicht vorhanden ist oder nicht ausreicht, kann eine amtliche Betreuung notwendig werden. Sie ähnelt dem, was man früher unter Vormundschaft verstand, aber basiert auf einem anderen Grundverständnis. Der Betreute wird nicht entmündigt, im Zweifel gilt immer noch sein Wille.

„Ein Betreuer ist kein Vormund“, betont Ingrid Fischer vom Wolfsburger Betreuungsverein. Allerdings kann der Betreuer auch gegen den Willen seines Klienten entscheiden, wenn es dessen Wohl entspricht. Wichtig: Betreuer haben keine erzieherische Funktion. Ihre Aufgabe ist zum Beispiel nicht dafür zu sorgen, dass jemand sich „vernünftig anzieht“, wenn der Betreffende keine Lust dazu hat.

Manchmal verfügt das Gericht aber ausdrücklich, dass ein Betreuter bestimmte Entscheidungen nicht mehr ohne Einwilligung des Betreuers treffen darf. Dieser sogenannte „Einwilligungsvorbehalt“ ist bei finanziellen Entscheidungen wichtig. „Demente Personen schließen häufig eine Vielzahl von Handy-Verträgen ab, weil sie den Überblick verloren haben“, sagt Fischer. Genau das soll der Betreuer verhindern.

Das Gericht passt auf

Die typischen Aufgabengebiete eines Betreuers umfassen die Wahl der Wohnung und den Aufenthalt des Betreuten, medizinische Entscheidungen, das Öffnen der Post und „freiheitsentziehende Maßnahmen“, außerdem können auch Vermögensangelegenheiten dazugehören.

In einigen Fällen, etwa bei einer Unterbringung in einer geschlossenen Abteilung oder einer schweren Operation, muss das Gericht eingeschaltet werden. Das gilt zum Beispiel auch, wenn jemand gegen seinen Willen für längere Zeit fixiert wird, also wenn er etwa so an sein Bett gefesselt wird, dass er selber die Fessel nicht lösen kann.

Oder wenn die Person ins Zimmer eingesperrt wird, ohne jederzeit die Öffnung der Tür verlangen zu können, oder wenn sie mit Medikamenten behandelt wird, die gezielt der Ruhigstellung dienen. Auch die Kündigung von Mietverhältnissen sind zustimmungspflichtig. Das Gericht entscheidet zudem und überprüft regelmäßig, ob alle oder nur einzelne Aufgabengebiete übernommen werden sollen.

Nur ein Arzt und ein Richter gemeinsam können entscheiden, ob ein Betreuter nicht mehr als fähig gilt, seinen freien Willen zu äußern. Dazu wird der Richter die betreffende Person in der Regel in Augenschein nehmen. Ohne diese Feststellung ist es zum Beispiel nicht möglich, jemanden gegen seinen erklärten Willen in ein Heim zu verfrachten. Fischer betont: „Das ist natürlich das Allerletzte, was man macht.“ Ohne diese richterliche Feststellung ist es auch nicht möglich, jemandem eine Betreuung aufzuzwingen: „Gegen den freien Willen des Volljährigen darf ein Betreuer nicht bestellt werden“ (§1896 BGB). Eine Betreuung kann grundsätzlich jeder beantragen, aber der Betreute kann auch jederzeit beantragen, sie rückgängig zu machen. Außerdem: Ist die Betreuung nur wegen einer körperlichen Behinderung erforderlich, dann darf sie nur auf eigenen Antrag des Betroffenen bestellt werden. Außerdem hat jeder das Recht, sich seinen Betreuer selbst auszusuchen, wenn er dazu in der Lage ist.

Vorrang für die Familie

Es kann verschiedene Anlässe geben, eine Betreuung zu beantragen. Ärzte etwa müssen das Betreuungsgericht, eine Abteilung des Amtsgerichts, informieren, wenn ein Patient keine Entscheidungen mehr treffen kann und kein Bevollmächtigter (s. vorigen Artikel) zur Verfügung steht. Auch andere können eine Betreuung beantragen, zum Beispiel die Kinder, wenn sie beobachten, dass ihr Vater an fortschreitender Demenz leidet und zu rechtlichen Entscheidungen nicht mehr alleine fähig ist. Ebenso könnte das Gericht einen Hinweis vom Wohnungsvermieter bekommen, wenn dieser auf die Miete wartet. Im Umgang mit Banken, die am liebsten nur eigene Vollmacht-Vordrucke akzeptieren, hat der Betreuer eine stärkere Position als ein Bevollmächtigter.

Ein Betreuer steht von vornherein unter Kontrolle. Er muss dem Gericht einmal pro Jahr über seine Arbeit berichten und über seine Ausgaben Buch führen, sofern er nicht von der Rechnungslegungspflicht befreit ist. Er hat auch regelmäßig Auskunft über Veränderungen im Vermögen des Betreuten zu geben, wenn sich die Betreuung auf diesen Bereich bezieht.

Bei der Auswahl des Betreuers muss das Gericht prüfen, ob es Ehegatten oder Familienmitglieder gibt, die für die Aufgabe in Frage kommen. In manchen Fällen kann es naheliegen, einen bisher Bevollmächtigten als Betreuer einzusetzen. Außerdem gibt es Berufsbetreuer, meist Sozialarbeiter oder Anwälte, die sich auf diese Aufgabe spezialisiert haben. Sie haben im Zweifel größere Erfahrung als ein Angehöriger. Aber häufig betreuen sie eine große Anzahl von Klienten – erst ab zehn Fällen gilt jemand als Berufsbetreuer und muss entsprechend bezahlt werden. Eine persönliche Beziehung zu diesen aufzubauen, könnte daher schwierig werden. Möglicherweise empfiehlt sich aber der Einsatz eines Profibetreuers, wenn ein Angehöriger sich zwar um den Kranken kümmert, sich aber mit der formalen Aufgabe der Betreuung überfordert fühlt. Laut Caritas kostet die Betreung durch Profis zwischen 88 und 242 Euro monatlich bei Heimbewohneren und von 154 bis 374 Euro bei Klienten, die zu Hause wohnen. Die Kosten hängen auch von der Qualifikation des Betreuers ab.

Im Voraus planen

Wer den Auftrag bekommt, ist verpflichtet, ihn auch anzunehmen, sofern er ihm oder ihr zugemutet werden kann. Aber ein Gericht wird natürlich niemanden zwingen wollen, sich um einen anderen Menschen zu kümmern.

Ist ein Betreuer erst einmal bestellt, können Angehörige daran kurzfristig nichts ändern, sondern müssen bei Gericht erst einen Antrag stellen. Bei begründeten Zweifeln an der Eignung eines Betreuers kann auf Antrag auch ein zweiter Kontrollbetreuer bestellt werden.

Um die Wahl des Betreuers schon vorab zu beeinflussen, braucht es eine Betreuungsverfügung. Damit lässt sich ein Betreuer im Voraus bestimmen, es können aber auch bestimmte Personen ausdrücklich ausgeschlossen werden. Wer das vorab klären möchte, sollte eine Betreuungsverfügung hinterlegen. Diese Verfügung kann auch wirksam von Personen verfasst werden, die nicht mehr voll geschäftsfähig sind.

Die Benennung eines Betreuers schließt den Einsatz des Bevollmächtigten aber nicht komplett aus – so, wenn das Gericht die Betreuung nur für bestimmte Lebensbereiche anordnet. Kompliziert werden solche Konstellationen nur, wenn sich Betreuer und Bevollmächtigter nicht einig sind. So betrifft etwa die Wahl eines Pflegeheims sowohl den gesundheitlichen als auch den finanziellen Bereich. Bei Uneinigkeit muss das Betreuungsgericht entscheiden.

 Es ist sinnvoll, in beiden Dokumenten – Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung – dieselbe Person zu benennen, und gegebenenfalls noch Alternativen aufzuführen. Ausschließlich eine Betreuungs- und eine Patientenverfügung, aber keine Vorsorgevollmacht zu verfassen, kann allenfalls für jene Menschen sinnvoll sein, die keine Vertrauensperson haben und unerwünschte Betreuer verhindern möchten.

Weitere Teile unserer Serie „Ratgeber Vorsorge“

Dossier: Haben Sie für den Ernstfall rechtssicher vorgesorgt? Was Sie über Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht und andere wichtige Notfall-Dokumente wissen sollten, erfahren Sie in unserem 18-seitigen Dossier.

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