Altersvorsorge Riester-Alternative entfacht Kampf um Vorsorgemilliarden

Die Riester-Rente wirft nicht mehr viel ab und soll daher aufgefrischt werden.
Berlin, Frankfurt Die Bundesregierung hat bereits im Koalitionsvertrag vor einem Jahr angekündigt, die private Altersvorsorge zu stärken. Doch passiert ist bisher nicht wirklich etwas. Da aber die private Förderrente Riester-Rente als starr, teuer und oft renditeschwach kritisiert wird und die Zahl der Verträge bei gut 16 Millionen abbröckelt, machen die Verbraucherschützer Druck: Sie haben ein Modell eines billigen, staatlich organisierten Standardprodukts für die Vorsorge entwickelt und verweisen auf den Erfolg solcher Konzepte im Ausland.
Die Finanzbranche sieht sich herausgefordert und hält gegen. Schließlich geht es um mehr als hundert Milliarden Euro, die sie bereits in Riester-Verträgen managen. „Wenn Verbraucher automatisch über den Arbeitgeber in eine private Altersvorsorge einbezogen werden, trägt dies erheblich zur Kostenersparnis und damit zu einer höheren Rente im Alter bei“, erklärt Dorothea Mohn, Teamleiterin Finanzen bei der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), den Erfolg von Modellen im Ausland.
Hohe Kosten killen Riester-Rendite
Sie verweist auf staatlich organisierte Altersvorsorge-Standardprodukte, wie sie Schweden, Großbritannien und Kalifornien anbieten. Dabei beruft sich Mohn auf ein Gutachten, das an der Universität Marburg in Auftrag gegeben wurde.
Professor Markus Roth weist nach, dass die Kosten für die Standardprodukte in den Beispielländern zwischen 0,2 und 0,5 Prozent des verwalteten Vermögens liegen, bei bestehenden Riester-Verträgen haben dagegen die Verbraucherschützer eine Quote von 1,5 Prozent ermittelt. Hohe Kosten gelten als ein Hauptgrund für eine relativ geringe Rendite vieler Riester-Verträge.
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Außerdem wollen die Verbraucherschützer über ein Opt-out-Modell mehr Menschen für private Vorsorge gewinnen. Bisher werden vor allem Niedrigverdiener und Familien zu wenig erreicht. Etwa in Großbritannien und Kalifornien kämen solche Modelle an, betont der vzbv. Alle Arbeitnehmer ab einem bestimmten Mindesteinkommen werden dort automatisch erfasst, können dann aber das Modell abwählen.
Nur zehn Prozent der Berechtigten in Großbritannien würden das aber tun, heißt es. Zudem soll es anders als bei den jetzigen Riester-Produkten für die Anleger keine Kapitalgarantien geben, die ebenfalls als teuer gelten und der Erfahrung nach bei lang anhaltenden Verträgen nicht unbedingt nötig sind.
Mit ihrem Modell wollen die Verbraucherschützer die Politik an ihr Versprechen erinnern, die private Vorsorge zu verbessern. Im Koalitionsvertrag hatten Union und SPD vereinbart, im Dialog mit der Versicherungswirtschaft die „zügige Entwicklung eines attraktiven standardisierten Riester-Produkts“ anzugehen. Bislang liegt das Vorhaben aber brach.
Zwar hat Finanzstaatssekretär Jörg Kukies erklärt, die Große Koalition denke über ein Standardprodukt nach, um die „anfängliche Euphoriewelle“ bei der Riester-Rente wieder zu entfachen. „Unser Ziel ist es, da wieder Wachstum und Dynamik reinzubringen“, sagte Kukies.
Doch das zuständige Bundesfinanzministerium bleibt unkonkret: „Die Bundesregierung wird der Vereinbarung im Koalitionsvertrag nachkommen.“ Man prüfe Papiere von der Versicherungs-, der Fondsbranche und Verbraucherschützern. Die Finanzvertreter sind mit ihren Verbesserungsvorschlägen längst in Berlin unterwegs.
So sind die Versicherungen „zu dem Dialogprozess jederzeit bereit“, sagt Wolfgang Weiler, Präsident des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft. Die Versicherer hätten Vorschläge für Standardprodukte und Kosteneinsparungen in der Riester-Rente entwickelt und dem Finanzministerium zukommen lassen.
Die Versicherungen managen mit gut elf Millionen Riester-Renten und Beiträgen von knapp 80 Milliarden Euro den Großteil der Förderverträge vor der Fondsbranche, die gut drei Millionen Verträge und rund 30 Milliarden Euro Kapital verwaltet. Auch die Fondsindustrie setzt sich dafür ein, mehr Menschen zu fördern, die Förderung zu vereinfachen und die teure Kapitalgarantie flexibler zu gestalten.
Mit der Debatte um das Konzept der Verbraucherschützer werde „natürlich auch Druck gemacht“, sagt Weiler. Doch Modelle mit einem Staatsfonds wie in Schweden seien auf Deutschland nicht einfach übertragbar, meint er. Ein Staatsfonds würde den Wettbewerb verzerren, ergänzt Thomas Richter, Hauptgeschäftsführer des Fondsverbands BVI. Denn ein solcher Fonds hätte kaum Marketing- und Vertriebskosten, ein privater Anbieter aber schon.
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