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Versicherungen Warum das Internet den Berater nicht ersetzen kann

Oliver Lang, Chef des Digitalversicherers One, erklärt, warum im Zeitalter von Insurtechs Makler auch künftig ihre Daseinsberechtigung behalten.
03.08.2020 - 17:45 Uhr Kommentieren
Die persönliche Beratung bleibt bei Versicherungen wichtig. Quelle: dpa
Versicherungen

Die persönliche Beratung bleibt bei Versicherungen wichtig.

(Foto: dpa)

Frankfurt Vom heimischen Sofa aus die schicken Sneaker kaufen, das Menü fürs Abendessen bestellen und schnell eine Hausratversicherung für die neue Wohnung abschließen: Der Trend, immer mehr Dinge des täglichen Lebens über Smartphone und Laptop zu erledigen, hat sich durch die Coronakrise beschleunigt.

Gleichwohl sieht Oliver Lang, Chef des im Jahr 2018 gestarteten Digitalversicherers One, bei den drei Beispielen deutliche Unterschiede: „Während Onlineshopping im Einzelhandel gut funktioniert, setzt sich dies bei Versicherungen nicht so einfach durch – die persönliche Beratung bleibt wichtig.“

Laut Zahlen des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hat der Direktvertrieb je nach Sparte einen Anteil zwischen gut zwei und 15 Prozent am Neugeschäft.
Entgegen vielen Prognosen sei der Anteil der Versicherungen, die über das Internet verkauft werden, in den vergangenen Jahren nicht wesentlich gestiegen: „Meiner Einschätzung nach wird daran auch die Corona-Pandemie nicht viel ändern“, sagte Lang im Gespräch mit dem Handelsblatt.

Im Vertrieb dominieren Vermittler, die an eine Gesellschaft gebunden sind, gefolgt von unabhängigen Maklern. Bei Lebensversicherungen sind zudem Kreditinstitute ein bedeutender Vertriebszweig. Nur im Schaden- und Unfallsegment spielt das Direktgeschäft eine größere Rolle.

Oft ist das Internet zwar eine gute Informationsquelle, aber kein unabhängiger Berater. Leichtfertige Online-Abschlüsse können im Schadensfall zu einem bösen Erwachen führen. Lang ist überzeugt, dass Makler auf absehbare Zeit ein zentraler Ansprechpartner für die Versicherten bleiben: „Ein Grund ist, dass sich viele Kunden im Versicherungsbereich für uninformiert halten. Es besteht daher eine gewisse Angst vor Fehlentscheidungen.“

Experten vermitteln ein Gefühl der Sicherheit

Viele Verbraucher würden sich zwar auch bei einem Makler nicht zu 100 Prozent wohlfühlen. Häufig nähmen die Experten aber ein Stück der Unsicherheit. Lang zufolge wickeln vor allem die 35- bis 55-Jährigen Versicherungen über das Internet ab. Im Gegensatz zur jüngeren Generation haben sie schon Erfahrung mit Versicherungen gesammelt und trauen sich zu, weitere Policen online abzuschließen. Versicherte über 55 Jahren seien in der Regel wieder weniger digitalaffin.

Das könnte sich ändern: So kam der „World Insurance Report“ der Beratungsfirma Capgemini und der Non-Profit-Organisation Efma in diesem Frühjahr zu dem Ergebnis, dass sich Verbraucher über alle Altersgruppen hinweg immer mehr auf ihre eigene Informationssuche, unter anderem im Internet, verlassen und Versicherungen selbst abschließen.

Nicht zuletzt deshalb setzen viele etablierte Versicherer auch auf den Direktvertrieb. Zu den großen Direktversicherern in Deutschland zählen die Generali-Tochter Cosmos Direkt, der zur Huk-Coburg gehörende Versicherer Huk24 und DA Direkt, ein Unternehmen der Zurich-Gruppe. Auch die Allianz will sich über ihre Onlinetochter Allianz Direct noch stärker in dem Segment positionieren.

Seit einiger Zeit drängen digitale Versicherungs-Start-ups, kurz Insurtechs genannt, in den Markt. Sie versprechen, den kompletten Versicherungsprozess vom Erstkontakt über den Vertragsabschluss bis hin zur Schadenregulierung zu automatisieren und zu digitalisieren. Die meist jungen Kunden sollen ihre Versicherungsangelegenheiten in nur wenigen Minuten erledigen können, zum Teil auch über eine Smartphone-App.

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„Lange Zeit galt ein Insurtech nur dann als hip, wenn es beides vereint – also Digital- und Direktversicherer ist“, sagt Lang. So aufgestellt sind die neuen Unternehmen Coya, Friday und Lemonade.

One fährt eine andere Strategie: „Wir konzentrieren uns darauf, ein Digitalversicherer zu sein“, erklärt Lang. Die Stärke des Unternehmens sei die Dunkelverarbeitungsquote. Sie gibt den Anteil der Tätigkeiten an, die vollständig automatisiert ablaufen. „Sie liegt bei den etablierten Versicherern im Schnitt bei zehn bis 15 Prozent, wir kommen auf 89 Prozent“, so Lang.

Im Vertrieb arbeitet One aus den oben genannten Gründen mit Maklern zusammen. In der Vergangenheit war One auch auf Vergleichsportalen gelistet und hat den Direktvertrieb ausprobiert, beides aber eingestellt.

Konkurrent Coya, der seine Produkte bisher nur im Direktvertrieb angeboten hat, geht den umgekehrten Weg. Anfang Juli wurde bekannt, dass sich das Insurtech auch für Vergleichsportale öffnet.

Lang sagt jedoch: „Im Vergleich mit Kunden, die eine One-Versicherung über ein Vergleichsportal oder im Direktvertrieb abgeschlossen haben, bleiben Versicherte über den Maklerkanal länger bei uns, weisen geringere Schadenquoten auf und sind weniger preissensibel.“

Er nennt auch Vorteile aus Kundensicht: „Makler stellen sicher, dass der Kunde den passenden Versicherungsschutz, die richtige Deckung und ein möglichst günstiges Angebot bekommt.“ Um bei allen drei Punkten eine gute Entscheidung treffen zu können, gebe es bisher noch keine rein maschinelle Lösung, die wirklich funktioniert. „Insurtechs wie Clark, Getsafe und Wefox arbeiten zwar daran und sind auch auf einem guten Weg – bislang ist der Makler aber nicht ersetzbar.“

Dass viele Kunden Maklern vertrauen, zeigt eine Umfrage des Digitalverbands Bitkom: Demnach halten 41 Prozent der Befragten Versicherungsmakler für vertrauenswürdig oder sehr vertrauenswürdig, Online-Versicherungsmanager hingegen nur 23 Prozent.

Konsolidierung bei Vermittlern und Maklern

Doch Makler haben in der Coronakrise einen schweren Stand. Das merkt auch One. Während Insurtechs wie Getsafe jüngere Neukunden als Zielgruppe haben, ist One vor allem auf Wechsler angewiesen. Die Wechseltätigkeit hat während der Pandemie aber abgenommen.

Einer Studie der Beratungsfirma EY Innovalue zufolge müssen Versicherer und Vermittler durch Covid-19 mit einem spürbaren Einbruch des Neugeschäfts sowie einem Bestandsabrieb rechnen. Zugleich dürfte die Pandemie die Konsolidierung beschleunigen. Bis zum Jahr 2025 könnten bis zu 23 Prozent der Makler und 34 Prozent der Vermittler aus dem Markt ausscheiden.

Betroffen seien unter anderem die Vermittler, die die digitalen Möglichkeiten der Kundeninteraktion nicht nutzen. Das heißt: Auch wenn die Versicherten eine persönliche Beratung wollen, sollte diese auch per Videotelefonie oder Internetchat möglich sein.

Lang ist trotz Pandemie mit der Geschäftsentwicklung zufrieden. One bietet Haftpflicht-, Hausrat- und Kfz-Versicherungen. Eine Unfall- und eine Wohngebäudeversicherung sind in der Entwicklung.

Im vierten Quartal soll der Markteintritt in der Schweiz gelingen, Vertriebspartner wird die Schwesterfirma Wefox sein. Dazu stehe man aktuell in Verhandlungen mit dem Liechtensteiner Regulator FMA. Das Bruttoprämienvolumen lag 2019 bei 6,6 Millionen Euro und „soll in diesem Jahr auf 30 bis 35 Millionen Euro steigen“. Unter dem Strich ist das Unternehmen bisher aber nicht profitabel.

One hat derzeit etwa 300.000 Kunden mit 500.000 Policen. Im Vergleich zu großen Versicherungskonzernen ist One damit noch ein kleiner Spieler. GDV-Zahlen zufolge hatten die deutschen Schaden- und Unfallversicherer 2019 insgesamt 316 Millionen Verträge im Bestand, darunter 121 Millionen Kraftfahrtversicherungen und 47 Millionen Haftpflichtversicherungen.

Mehr: Allianz Direct plant nach Startschwierigkeiten die Expansion

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