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Zweiklassenmedizin Der privaten Krankenversicherung droht das Aus

Im deutschen Gesundheitswesen arbeiten Politiker aller Parteien an der klassenlosen Gesellschaft. Das Nebeneinander von Krankenkassen und privaten Versicherern soll der Vergangenheit angehören.
22.02.2012 - 09:17 Uhr 21 Kommentare
Patienten im Wartezimmer eines Arztes. Quelle: dapd

Patienten im Wartezimmer eines Arztes.

(Foto: dapd)

Ein Mann rennt. Wahrscheinlich schwitzt er auch, man weiß es nicht, weil auf dem Fernsehschirm minutenlang nur Beine zu sehen sind. Der Werbespot endet mit einer berühmten Zeile: "Am 31. ist Wüstenrot-Tag!" Klar, warum der Mann so rennt: Bis zum Stichtag muss er etwas Dringendes bei seiner Bank erledigen.

Der kleine Film wurde dreißig Jahre lang in verschiedenen Versionen im Fernsehen gezeigt. Ein Klassiker, der neuerdings sozialdemokratische Politiker inspiriert. "Wüstenrot-Tag" nennen sie bei der SPD einen Stichtag, an dem eine neue Ära für den deutschen Sozialstaat anbrechen soll. Der "Wüstenrot-Tag" soll das Ende der Zweiklassenmedizin einläuten: den Abschied von einem Gesundheitswesen, in dessen Wartezimmern, Reha-Kliniken und Operationssälen zwischen Kassenpatienten und Privatversicherten unterschieden wird.

Entschieden wird zwar frühestens nach der nächsten Bundestagswahl im Herbst 2013, aber in diesen Wochen und Monaten kippt die Stimmung – in der Politik, in den Medien, bei den Versicherten und sogar in Teilen der Versicherungsbranche. Die private Krankenversicherung (PKV), so wie sie im Augenblick besteht, gilt nicht mehr als zukunftstaugliches Modell. Eine klassenlose Gesellschaft zeichnet sich ab, wenn auch nur im Gesundheitssystem.

Der CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn wirbt gerade in seiner Partei dafür, eine neue Versicherung für alle zu konzipieren, ohne Zweiklassenmedizin. "Das derzeitige Nebeneinander von zwei Systemen ist nur noch historisch zu begründen und hat kaum noch Akzeptanz", sagt er. "Die private Krankenversicherung wird sich verändern müssen."

In der SPD sind die Reformpläne schon weit gediehen, sie sind allerdings weniger radikal als noch vor einigen Jahren. Auf ihrem Parteitag im Dezember 2011 beschlossen die Genossen ein Konzept, das, wie Gesundheitsexperte Karl Lauterbach meint, "auch ein attraktives Angebot für wechselwillige Privatversicherte sein soll". Das Modell ist einfacher, Härten für Gutverdiener wurden trotz des Protestes des linken Parteiflügels gestrichen.

Es geht dabei nicht um eine Abschaffung der privaten Krankenversicherung per Dekret, sondern darum, dass für alle Versicherungen dieselben Regeln gelten – für die Erhebung der Beiträge oder die Bezahlung von Arzthonoraren. Wenn die Reform in Kraft tritt, soll es nach den SPD-Plänen in Deutschland möglich sein, zwischen privaten und gesetzlichen Versicherungen hin und her zu wechseln, bis zum "Wüstenrot-Tag" eben. Das gab es bisher noch nicht. Denn so entstünde ein Wettbewerbsdruck, bei dem nur noch die Kassen überleben, die ein wirklich überzeugendes Angebot vorlegen.

Als Vorbild gelten die Niederlande, wo die Regierung 2006 etwas Ähnliches entschied: Jeder Fünfte der sechzehn Millionen niederländischen Versicherten wechselte damals innerhalb weniger Wochen seinen Anbieter. Bei vielen Kassen standen zwei Monate lang die Telefone nicht still. Einige Versicherungen verloren auf einen Schlag mehrere Hunderttausend Kunden, bei anderen mussten die Mitarbeiter auch nachts arbeiten, um mit der Beratung neuer Mitglieder hinterherzukommen.

In Deutschland gehören heute ungefähr 85 Prozent einer gesetzlichen Krankenkasse an mit ihren einheitlichen Leistungen für alle, der kostenlosen Absicherung für Familienangehörige und Beiträgen, die vom Einkommen abhängen. Der Rest, etwa 8,9 Millionen Menschen, hat einen Vertrag mit einer privaten Krankenversicherung wie der Debeka oder der DKV. Diese Versicherten bekommen Rechnungen vom Zahnarzt oder Krankenhaus, die sie einreichen müssen. Ihre Beiträge werden Prämien genannt, die Höhe hängt vor allem vom Krankheitsrisiko und vom Leistungsumfang ab. Meistens verdienen Ärzte und Kliniken besonders gut an Privatversicherten, die deswegen oft schneller Termine bekommen als Kassenpatienten.

Private Krankenversicherung hat immer weniger Anhänger
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21 Kommentare zu "Zweiklassenmedizin: Der privaten Krankenversicherung droht das Aus"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • @ Bernd
    Hier wirklich einfach einmal im Hause Central prüfen lassen, ob der aktuelle Tarif noch der Richtige ist.
    Allerdings sei auch zu bemerken, dass es für einen Kaufmann recht naiv ist, zu glauben, dass man vernünftig krankenversichert sein kann, für unter 400€. Die Steigerung der Beiträge mag nicht schön sein, jedoch die derzeitige Beitragshöhe finde ich jetzt gerade mal ausreichend und ansatzweise realistisch für eine Krankenversicherung. Vielleicht einfach mal auf statistischen Werte schauen, was ein Mensch im Laufe seines Lebens so an Kosten im Gesundheitswesen verursacht. Dies kann man dann mal mit seinen Beiträgen vergleichen. Der Fehler der Gesellschaften ist, in den jungen Jahren deutlich zu geringe Beiträge zu verlangen um sich gegenseitig zu unterbieten. Der Verkauf von Billig und Einsteigertarifen muss aufhören. Der Fehler der Versicherten ist es, nicht den Kopf ( Kaufleute !!! ) zu benutzen und die Beitragsersparnisse einfach zu verkonsumieren anstatt aus diesen Rücklagen zu bilden. So hätte später auch niemand ein Beitragsproblem. Sie sind mit Ihrem Beitrag noch deutlich vom Höchstbeitrag der GKV entfernt und werden diesen womöglich auch gar nicht einholen, denn der bleibt ja auch nicht auf heutigem Niveau stehen. Als halbwegs erfolgreicher Unternehmer würde man ja annährend den Höchstbeitrag zahlen. Selbst wenn Sie den GKV Höchstbeitrag irgendwann einholen, sind Sie in der Regel besser versichert und hätten in der GKV ja sicher auch einen Zusatzversicherungstarif, der ja auch irgendetwas um die 70-100€ kostet. Wenn Sie jetzt noch einen großen Teil der gesparten Beiträge als Rücklage hätten, gäbe es wirklich keinen Grund zum Klagen.

  • Die PKV ist am Ende!

    Jährlich Beitragserhöhung von 10 bis 30 %, höhere Selbstbeteiligung, Rechnungen werden nicht mehr erstattet. Zermürbender Horror mit Sachbearbeitern.
    Nach wenigen Jahren i.d. PKV zigfach mehr Kosten als dies bei der GKV der Fall war. Nicht weil ich jetzt kränker wäre oder bessere Behandlungen bekäme. Sondern weil ich Arztkosten trage, die ich in der GKV nicht hätte, und die ich nicht mehr erstattet bekomme.

    Hat die PKV das Geld Ihrer Kunden verzockt?
    Oder warum scheint es so, als hätten die Mitarbeiter und Juristen das alleinige Ziel, pfiffige Möglichkeiten zu erdenken, wie sie noch erfolgreicher die Erstattungen verweigern können?

    Wenn ein Geschäftsmodell nicht mehr tragfähig ist; wäre es nicht besser, wenn das Geschäft Insolvenz anmeldet und Platz für ein neues System macht, anstatt so lange weiterzumachen, bis alle Zwangskunden auch noch bankrott sind?

    Am Ende ist das System auf alle Fälle. Sonst hätte es nicht so bitter nötig, seine Claqueure massenhaft in die Internetforen zu entsenden, um Werbung für die PKV zu machen.

  • @ Bernd

    An den Zahlen und dem Selbstbehalt von 500 EUR läßt sich leicht erkennen, dass Sie im Tarif: CVP500 versichert sind! Dieser Tarif erstattet - sofern keine Rechnungen eingereicht werden - bis zu 6 Monatsbeiträge pro Jahr!!! Die war wohl das Argument beim Einstieg in die Central! Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, den Beitrag innerhalb der Central zu senken!!! Einfach mal auf die Central zugehen und sich die Tarife: central.vario rechnen lassen! Wenn die Einsparung groß sein soll, muss man wohl auf die Komfortleistungen (2-Bett-Zimmer inkl. Chefarzt), die der CVP500 beinhaltet, verzichten!

  • Die Ausgaben sind das Eine und die Einnahme das Andere.

    In einer Solidargemeinschaft darf es nicht zu unterschiedlichen Grundbehandlung von Krankheiten kommen. Zusatzleistungen sollten additiv verrechnet (privat) werden.

    Aber: Ein Arzt als Dienstleister sollte wie jeder andere Dienstleister auch behandelt werden. Mit Rechten und Pflichten. Wobei hier auch das zugesicherte Grundgehalt (nur GKV) >100.000 Euro (im Durchschnitt >150.000 Euro gesamt)hinterfragt werden muss. Warum muss ein Arzt im Durchschnitt dreimal/fünfmal mehr als der Rest der Bevölkerung verdienen?
    Wo ist hier der Wettbewerb der ein vernünftiges Preisgefüge gewährt? Gebietsschutz und künstliche Minderversorgung (fehlende Anzahl an Ärzten) sind hier kontraproduktiv. Dies könnte politisch geändert werden - wenn man wollte; aber die Ärztelobby ist halt zu gross.

    Medikamente und sonstige Dienstleistungen sind auch zu teuer. Hier fehlen grosse Kostenvorteile bei Sammelbestellungen. Bei hunderten von verschiedenen Krankenkassen mit jeweils kostspieligen Vorständen etc. ist hier genug Potential Kosten zu sparen.

    Nach einer richtigen Neuordnung der Gesundheitsversorgung könnten die Kosten halbiert werden, bei gleicher Verdopplung der Leistung.
    - mehr Ärzte, bei geänderter Ausbildung
    - angestellte Ärzte die sich um das Wohl des Kunden kümmern und nicht verwalten müssen
    - mehr Verantwortung für das eigene Wohl. Patienten die sich selber grob fahrlässig schädigen, müssen mehr zur Eigenleistung gezwungen werden
    - mehr Vorsorge, dadurch weniger Nachsorge(kosten)

    Aber die sind Aufgaben für einen Gesundheitsminister, der etwas für die Bevölkerung tun möchte und nicht der von einer Lobby hofiert werden will!

  • Das eigentliche Problem - getrennte Abrechnung von 'Chefarztleistungen' - wird leider mal wieder nicht angegangen. Das ist nicht nur wirtschaftlich unsinning (ausser für die Chefärzte), sondern im Sinne aller Versicherten kontraproduktiv.

  • Die Deutschen sind so dumm. Richtig, richtig, richtig dumm!

    1. "arbeiten Politiker aller Parteien an der klassenlosen Gesellschaft"
    ==> Das ist Kommunismus. Been there, done that. Didn't work.

    2. Das wahre Problem ist die Versicherungspflicht. Für 90% der Menschen ist eine Versicherung per se ein Verlustgeschäft.

    3. In gewissen osteuropäischen EU-Länder sind 500€ so ziemlich ein Bruttomonatsgehalt für einen Arzt. Dazu die 40€ für Ryanair und man kann prima ohne das deutsche Abzockesystem auskommen. Ich sollte ein Krankreisebüro aufmachen.

  • Ich bin seit 20 Jahren als Versicherungsmakler tätig. Habe noch nie einen Jungen Menschen getroffen, der sich vorstellen kann alt zu werden!
    Tausendmal hörte ich: ich werde doch es (Rentenalter) nie erleben! Darum von jungen Menschen erwarten, dass die auch mall an später denken, ist utopisch!!! (Bezüglich sich zu entscheiden)
    (Altersrückstellung)
    Ich verstand es noch nie, wie so die Altersrückstellungen (ein zusätzlichen Sparbeitrag von 10%) bei der Gesellschaft bleiben sollen, denn es ist ja mein extra angespartes Geld!
    (Grundabsicherung bzw. Kopfprämie)
    Meiner Überzeugung nach, soll die Gesellschaft immer eine solidarische Grundabsicherung, ob für kranksein, Rente oder Arbeitslosigkeit, anbieten und wenn einem es zu wenig ist, soll er sich privat zusätzlich versichern.
    Bei festen Summen (keine prozentuale Abzüge) für die unverzichtbaren (Kranken, Pflege, Renten, Arbeitslosigkeits-Versicherungen) wären auch die Nettoeinkommen höher bzw. Arbeitgeberkosten kalkulierbar. Aber es werden gleich die Stimmen kommen wie: es kann doch nicht sein, dass die Jenninger, die viel verdienen, wieder weniger zahlen müssen...
    Aber, kann mir einer erklären wieso soll einer der zu Hause (krank oder arbeitslos) hockt, trotz dem unterschiedlich viel Geld bekommen soll? Denn die Beide tun ja nichts.

  • Sich lebenslang auf ein System festlegen zu müssen, obwohl sich der eigene Lebensentwurf vielleicht im Laufe von vielen Jahren geändert hat, empfinde ich als grundsätzlich unzumutbar. Das gilt auch für die Krankenversicherung. Insofern ist es wahrscheinlich das Beste die beiden Systeme zusammenzuführen. Argumente wie"den Wechsel zur PKV hätte man sich dann eben besser überlegen müssen" sind dämlich, weil sich ein Leben nicht Jahrzehnte im voraus planen läßt und man immer die Chance haben muss, eine (Fehl-)entscheidung revidieren zu können.

  • Jeder bekommt das, was er bezahlt!
    Die PKV ist der GKV deutlich überlegen. Eine Ungerechtigkeit ist, dass PKV Versicherte über ihre Steuern die GKV subventionieren!
    GKV steht für Sozialismus und Verschwendung. Allein die Familienversicherung ist eine Farce. Eine ganz Familie für etwa 650€p.M. versichert- wie soll das bezahltwerden?
    Pro PKV und ich meine keine Billigtarife. Wer glaubt für 150€p.M. versichert sein zu könne ist weltfremd!

  • Sozialisten und Kommunisten sollten ich mal für das Argument entscheiden: Einmal wird der niedrige Beitrag für Privatversicherte und deren Austritt aus der GKV beklagt. Dann werden wieder die Tränchen verdrückt, daß die PKV im Alter sooo teuer sei.

    Mal zum Nachdenken: Die Entscheidung GKV vs. PKV ist eine individuelle Lebenssituationsentscheidung bei gegebener Risikoneigung. Wenn ich bereit bin, durch einkommensunabhängige PKV-Beiträge mehr Risiko einzugehen, um andererseits temporäre Vorteile (niedrigere Beiträge in jüngeren Jahren) bzw. dauerhafte Vorteile (bessere Leistungen) zu erhalten, sollte das unbedingt in einer freien Gesellschaft möglich sein. Darüber hinaus gewährt die PKV individuellere Vertragsgestaltungsmöglichkeiten und bessere Anreizstrukturen Kosten zu sparen. Die Entscheidung den weniger riskanten Weg einkommensabhängiger Beiträge (GKV) zu gehen, sollte ebenfalls möglich sein. Das deutsche System halte ich im Grundsatz für das beste der Welt. Eine Einheits-Volkskasse schafft noch mehr Ineffizienz und Bürokratie und einen gigantischen Schwarzmarkt für Medizinleistungen. Eine wichtige Alternative übersehen Sozis und Kommunisten nämlich: AOK + Cash! Anschauungsobjekte: England und Rußland.

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