Benachrichtigung aktivieren Dürfen wir Sie in Ihrem Browser über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts informieren? Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Fast geschafft Erlauben Sie handelsblatt.com Ihnen Benachrichtigungen zu schicken. Dies können Sie in der Meldung Ihres Browsers bestätigen.
Benachrichtigungen erfolgreich aktiviert Wir halten Sie ab sofort über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts auf dem Laufenden. Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Jetzt Aktivieren
Nein, danke

Außenansicht Digitale Anwendungen sind ein besseres Mittel als Lockdowns

Statt eines Dauer-Lockdowns muss Deutschland bei der Pandemiebekämpfung viel mutiger auf digitale Lösungen setzen, fordert der CDU-Gesundheitspolitiker Tino Sorge.
26.03.2021 - 16:33 Uhr Kommentieren
Der 46-Jährige ist seit 2013 direkt gewählter Bundestagsabgeordneter für Magdeburg und Mitglied im Gesundheitsausschuss. Der Rechtsanwalt ist Mitglied im Vorstand der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und zuständiger Berichterstatter für die Bereiche Digitalisierung und Gesundheitswirtschaft. Quelle: TS
Tino Sorge

Der 46-Jährige ist seit 2013 direkt gewählter Bundestagsabgeordneter für Magdeburg und Mitglied im Gesundheitsausschuss. Der Rechtsanwalt ist Mitglied im Vorstand der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und zuständiger Berichterstatter für die Bereiche Digitalisierung und Gesundheitswirtschaft.

(Foto: TS)

Im jüngsten Bund-Länder-Beschlussentwurf fand sich eine ganze Seite Text allein zu den Chancen der digitalen Kontaktverfolgung. Die Rede war von einer erweiterten Corona-Warn-App und dem Ziel eines „bundesweit einheitlichen Systems“. Der Anspruch: die Eindämmung neuer Ausbrüche digital zu unterstützen und Spielräume für Öffnungen zu schaffen. Nur: Am Ende der 12-stündigen Verhandlungen war die Passage plötzlich gestrichen – ersatzlos.

Leider ist das symptomatisch. Seit Monaten schaffen es die 16 Bundesländer nicht, sich auf den flächendeckenden Einsatz von Apps zu einigen, mit denen Schritte aus dem Lockdown flankiert werden könnten. Längst ist bekannt, was mit digitalen Lösungen möglich wäre: Restaurants und Geschäfte könnten wieder öffnen – mit Gästen und Kunden, die per App vor Ort einchecken und ihre Kontaktdaten hinterlassen. In Sekundenschnelle, sicher, per QR-Code und ohne Zettelwirtschaft.

Sportveranstaltungen und Konzerte könnten wieder stattfinden, und zwar mit Zuschauern, die neben dem Ticket auch ihr digitales Testergebnis oder den Impfpass auf dem Smartphone zücken. All das natürlich mit reduzierten Besucherzahlen, aber mit der Sicherheit, dass im Ernstfall Neuinfektionen sofort eingedämmt würden.

Schulen könnten in einen geregelten Lehrbetrieb zurückkehren und das Risiko unklarer Ausbruchsgeschehen senken, wenn sie auf digitale Plattformen zur Registrierung und Testdokumentation setzen würden.

Auch im privaten Bereich würden Treffen deutlich sicherer, wenn wir Apps zur Kontaktverfolgung konsequent nutzen könnten. Und auch die Gesundheitsämter bekämen durch Vernetzung und Datenaustausch substanzielle Unterstützung. Selbst bei einem Anstieg des Infektionsgeschehens wären sie somit nicht sofort wieder überlastet.

Klar ist also: Digitale Helfer können uns in Kombination mit konsequentem Impfen und Testen den Weg aus dem Lockdown bereiten. Sie sind ein Schlüssel, um den monatelangen Grundrechtseingriffen ein schnelleres Ende zu bereiten – und im Übrigen auch das bei Weitem mildere Mittel.

Föderalismus am Limit

Statt diese Instrumente aber zu nutzen, verlieren sich Bund, Länder und Kommunen im bürokratischen Wirrwarr, irgendwo zwischen Zuständigkeitsfragen, Skepsis und Datenschutzbedenken. Es ist schon bezeichnend, dass erst der Musiker Smudo von den Fantastischen Vier mit seiner Luca-App für die Kontaktnachverfolgung die Politik davon überzeugen muss, dass Digitalisierung durchaus etwas Gutes sein kann.

Einzelne Länder und Kommunen gehen mittlerweile voran, entscheiden sich für Apps wie Luca oder PassGo. Wieder andere zögern. Von abgestimmtem Vorgehen keine Spur. Der Bund schaut ratlos zu, ihm fehlt schlicht die rechtliche Handhabe. Der Föderalismus ist in der Corona-Pandemie schon öfter an seine Grenzen gestoßen. So auch hier.

Seit über einem Jahr lassen wir uns von täglichen Inzidenz-Eilmeldungen immer wieder aufs Neue in Panik versetzen. Von einem Corona-Gipfel zum nächsten dominiert die Frage: Wo können wir noch weiter herunterfahren? Sind neue Kontaktbeschränkungen gefragt, kennt der Erfindergeist keine Grenzen.

Geht es aber um intelligente Öffnungskonzepte, flankiert durch digitale Innovationen, verschließen wir uns jeder Kreativität. Das ist ein Denkfehler, der inzwischen ein handfester Strategiefehler zu werden droht. Greifen wir jetzt nicht ein, wird es sich für unsere Wirtschaft, unsere Kultur und Bildungslandschaft bitter rächen.

Zurück zur Normalität

Wir erleben die heftigsten Grundrechtseingriffe in der Geschichte der Bundesrepublik. Beschränkungen des öffentlichen Lebens, der Bewegungsfreiheit, der Wirtschaft. Wir haben diese Maßnahmen trotz schwerer Kollateralschäden lange mitgetragen und ihre Notwendigkeit anerkannt. Umso entschlossener müssen wir jetzt aber auch darüber diskutieren, wie der Weg zurück in die Normalität aussehen kann.

Ich bin überzeugt: Digitale Anwendungen müssen dabei eine zentrale Rolle spielen, wenn wir nicht bis zum Sommer von Lockdown zu Lockdown taumeln wollen. Darum müssen wir jetzt pragmatischer werden und schneller handeln. Wir müssen uns von der deutschen Angst, möglicherweise etwas falsch zu machen, verabschieden.

Uns allen, bis hin zur Bundeskanzlerin, können Fehler passieren. Das gehört zu einer Krise. Die Angst davor darf uns aber nicht davon abhalten, neue digitale Möglichkeiten zu nutzen, um zu alter Normalität zurückzukehren.

Mehr: Schweizer Corona-Impfnachweis hat erhebliche Sicherheitslücken

0 Kommentare zu "Außenansicht: Digitale Anwendungen sind ein besseres Mittel als Lockdowns"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.