Digitale Gesundheitsforschung Künstliche Intelligenz soll RKI-Daten sortieren

Das Robert Koch-Institut (RKI) ist eine Datenkrake. Es bekommt Informationen von Krankenhäusern und von Gesundheitsämtern. Auch Bürgerdaten werden ausgewertet, zum Beispiel aus der Corona-Warn-App. RKI-Mitarbeiter interpretieren ausgewählte Datensets und veröffentlichen ihre Analysen. Aber wie ihre Auswahl zustande kommt, weiß die Öffentlichkeit nicht.
Linus Grabenhenrich leitet das Fachgebiet für Informations- und Forschungsdatenmanagement beim RKI. „Wir teilen gerade viele Coronadaten, zu Infektionen, Intensivbetten und Impfungen. Wir forschen aber an sehr vielen Krankheitsfeldern, haben eine riesige Fülle an Rohdaten zur Verfügung“, sagt er. Viele Daten sind für die Öffentlichkeit nicht einsehbar. Durch die Kooperation mit Data4Life werden Auswertungen nun bekannt.
Einen Rahmenvertrag mit Data4Life hat RKI-Präsident Lothar Wieler im November unterschrieben, wie Handelsblatt Inside erfuhr. Die Entwicklung der digitalen Bibliothek für die RKI-Daten ist das erste gemeinsame Projekt im Rahmen der Kooperation. „Das Ziel ist, über sämtliche Forschungsprozesse zu informieren“, sagt Grabenhenrich.
Data4Life, eine gemeinnützige Potsdamer Firma mit 100 Angestellten, ist für die Entwicklung der notwendigen Software zuständig. Sie wird, gegründet im Jahr 2017, von der Hasso Plattner Foundation finanziert und entwickelt Technologien, um Gesundheitsdaten auszuwerten. Der Internist und Epidemiologe Cornelius Remschmidt leitet bei Data4Life die RKI-Projektgruppe und hebt die hohen Sicherheitsstandards bei Data4Life hervor: „Das RKI arbeitet mit uns auch deshalb zusammen, weil es uns aufgrund unserer Expertise in Datenschutz und Datensicherheit vertraut“, sagt Remschmidt.
„Als gemeinnütziges Unternehmen haben wir keinerlei Interesse daran, sensible Gesundheitsdaten weiterzugeben oder sogar zu verkaufen." Das Ziel von Data4Life sei es, mit medizinischen Daten die Gesundheit der Gesellschaft zu verbessern. Um die vollständige Kontrolle über die Daten zu haben, betreibe Data4Life eigene Server in Deutschland. „Im europäischen Vergleich erfüllen wir die höchsten Sicherheitsstandards“, sagt Remschmidt.
Künstliche Intelligenz (KI) soll RKI-Daten auslesen
Langfristig ist geplant, dass Algorithmen automatisch die Plattform-Daten auslesen. Vor der Kooperation hätten viele KI-Forscher die jetzige Datenaufbereitung beim RKI analysiert, berichtet Grabenhenrich: „Wissenschaftler werten derzeit Daten mit klassischer Statistik aus und stellen sie mit Kreuztabellen dar.“ Aber ein größeres Potenzial könne geschöpft werden, wenn die RKI-Daten für alle einsehbar sind. So können zukünftig alle Menschen und Systeme die Daten nutzen.
Noch ist es nicht so weit. Es ginge darum, eine Plattform zu entwickeln, die KI-fähig ist, erklärt Remschmidt. „Man muss extrem viele Voraussetzungen erfüllen, damit die Algorithmen auf die Inhalte zugreifen können und das Ergebnis valide ist“, sagt er.
Der Kooperation zugrunde liegt die Bekanntschaft zwischen SAP-Mitbegründer Hasso Plattner und RKI-Chef Lothar Wieler, erzählt Data4Life-Geschäftsführer Christian Weiss. Plattner investiert über seine Hasso Plattner Foundation jedes Jahr einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag in die Firma Data4Life, eine Drei-Jahres-Planung sei im Oktober abgesegnet worden. „Professor Plattner hat Professor Wieler zu Beginn der Pandemie in einer Mail vorgeschlagen, ob man bei der Auswertung von Gesundheitsdaten kooperieren kann“, berichtet Weiss. Als Wieler sich interessiert zeigte, sei es darum gegangen, konkrete Projektideen zu entwickeln.
Die RKI-Datenplattform soll nur das erste von vielen gemeinsamen Projekten werden. Der Rahmenvertrag wurde unbefristet geschlossen, eine Budgetvereinbarung gibt es nicht. Dennoch sei die Kooperation neben der bereits bestehenden Partnerschaft mit der „Icahn School of Medicine at Mount Sinai in New York“ die zweite große Partnerschaft in ihrer jungen Firmengeschichte, berichtet Weiss.
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.