Digitale Reifegradmessung Wenige Kliniken senden Fragebogen ein

(Foto: Imago/Everett Collection)
Das Bundesgesundheitsministerium hat das Konsortium Digital Radar damit beauftragt, zu messen, wie digital Deutschlands Kliniken sind. Eine Teilnahme ist verpflichtend. Wenn Kliniken Geld aus dem mehr als vier Milliarden Euro großen Förderprogramm im Rahmen des Krankenhauszukunftsgesetzes (KHZG) erhalten wollen, müssen sie die Fragen zur Digitalisierung ihres Hauses beantworten. Seit Anfang Oktober wird die erste Messung durchgeführt, die zweite findet im Jahr 2023 statt.
Anne Wiesmann von der Unternehmensberatung Lohfert und Lohfert, die Teil des Digital-Radar-Konsortiums ist, kennt den aktuellen Stand „Wir haben 95 beantwortete Fragebögen und sind bei 54 komplett geprüften.“ Insgesamt hätten sich 1.566 Kliniken für die Umfrage registriert. Bislang haben also recht wenige Kliniken geantwortet. Woran liegt es?
Benutzeroberfläche speichert unzuverlässig
Der Einsendeschluss für die Antworten ist am 17. Dezember. Das Digital-Radar-Team hat auf einer Informationsveranstaltung im September aber darum gebeten, die Antworten bereits am 3. Dezember einzusenden. Denn der Antwortbogen jedes Klinikums wird auf Vollständigkeit geprüft – und das nimmt Zeit in Anspruch. „Bei den ersten Prüfungen haben wir mehrere Stunden pro Bogen gebraucht. Das wird jetzt deutlich weniger“, berichtet Wiesmann. Bei Unklarheiten würden sie das Klinikum anrufen oder per Mail nachfragen.
Die geringe Antwortrate hat aber auch technische Ursachen. Klinikverantwortliche füllen die Online-Antwortmaske zwar aus. Die Angaben würden aber nicht zuverlässig gespeichert werden, berichtet Edith Niehaus, die bei den privaten Paracelsus-Kliniken für die Fragebögen von 12 Kliniken zuständig ist. „Die Online-Eingabemaske ist mehrere Male abgestürzt. Wir sind dazu übergegangen, unsere Antworten in eine Excel-Datei zu übertragen.“
Niehaus schildert keinen Einzelfall. Csilla Imre füllt die Fragebögen für zehn psychiatrischen Kliniken des Landschaftsverbands Rheinland (LVR) aus: „Das Speichern hat nicht geklappt, deshalb haben wir parallel eine Excel-Datei angelegt.“ Der Digital-Radar-Support würde schnell reagieren: „Wir haben per Mail und telefonisch Kontakt aufgenommen, unsere Fragen wurden sofort beantwortet.“ Insgesamt bewertet Imre die Befragung als positiv.
Auf seine Tauglichkeit wurde der Fragebogen im August und September getestet: Kliniken haben im Durchschnitt 13,5 Stunden gebraucht, um alle Fragen zu beantworten. Dieser Zeitaufwand wird bei den Paracelsus-Kliniken und bei den LVR-Kliniken unterschritten. Imre und Niehaus rechnen mit einem Bearbeitungsaufwand von drei bis vier Stunden pro Fragebogen. Beide Verantwortliche wollen ihre Fragebögen bis zum 3. Dezember abschicken.
Auch im kleinen Agaplesion Bethanien Krankenhaus Heidelberg mit 105 Betten ist man noch mit der Beantwortung der Fragen beschäftigt. Der Aufwand ist auch hier überschaubar. „Wir haben uns bislang zweieinhalb Stunden mit dem Fragebogen beschäftigt und etwa 80 Prozent der Fragen beantwortet“, sagt der Klinik-Geschäftsführer Florian Kesberger. Technische Schwierigkeiten gab es bei der Beantwortung nicht. Auch bei Helmut Gregor, CIO der Uniklinik Würzburg, gab es keine Probleme.
Das Digital-Radar-Team teilt auf Anfrage von Handelsblatt Inside mit, dass es sich bei der fehlerhaften Speicherung um ein temporär aufgetretenes Problem gehandelt habe, das inzwischen gelöst sei. „Allerdings können Speicherprobleme bei Netzwerkschwankungen der Nutzer weiterhin auftreten“, so das Konsortium.
Planung der zweiten Messung bereits gestartet
Während die Befragung läuft, wird bereits die zweite geplant, die im Jahr 2023 stattfinden soll. Die Ärztin und Ingenieurin Sylvia Thun ist die Projektleiterin des Digital-Radar-Konsortiums. Auch der deutsche Ableger der US-amerikanischen NGO Healthcare Information and Management Systems Society (HIMSS) ist Teil von Digital Radar. HIMSS ist für seine Reifegradmodelle namens Emram bekannt. Fragen von Emram sind in die jetzige Befragung eingeflossen.
Die Kanadierin Anne Snowdon kümmert sich bei HIMSS um die Entwicklung global gültiger Reifegradmodelle und ist auch an der Entwicklung der Fragen für 2023 beteiligt. Snowdon gibt erste Einblicke: „Wir werden im Jahr 2023 einige Fragen stellen, die in der jetzigen Befragung nicht vorkommen. Sie erlauben den weltweiten Vergleich mit anderen Kliniken, weil sie mit dem Modell Emram 2022 abgefragt werden.“ Das neue Emram-Modell 2022 soll im nächsten Jahr auf den Markt kommen.
Aber nicht nur das Emram-Modell beeinflusst den zukünftigen Fragebogen, sondern auch die Erkenntnisse der anderen Konsortium-Partner. Gespräche mit Mitgliedern eines Expertenbeirats würden darüber hinaus geführt, berichtet Thun: „Die Antworten der Kliniken sind für die Vorbereitung der zweiten Messung am wichtigsten“, sagt sie.
Mehr: Test-Messung dauert 20 Stunden bei den Asklepios-Kliniken
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.