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Herodikos Orthopäden behandeln mit App-auf-Rezept-Alternative

Die App Herodikos bindet Ärzte in ihr Programm gegen Knie- und Rückenschmerzen ein. Betriebskrankenkassen in Baden-Württemberg erstatten nun die Kosten.
06.10.2021 - 19:30 Uhr Kommentieren
Quelle: Herodikos
Der Orthopäde führt mit der App einen Fitness-Check durch.

Quelle: Herodikos

Berlin Die Gesundheits-App Herodikos hat ein Konzept, das sich von „Apps auf Rezept“ unterscheidet: Sie bindet Orthopäden auch nach der Verordnung in ihr Programm gegen Knie- und Rückenschmerzen ein.

Der Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU) findet den Ansatz überzeugend. „Digitale Anwendungen bewirken nur mit der Einbindung des Arztes eine Verbesserung der Versorgung“, sagt Burkhard Lembeck, Vorsitzender des BVOU zu Handelsblatt Inside. Er sieht Apps auf Rezept, die ohne ärztliche Betreuung funktionieren, kritisch. „Wir haben uns deshalb zusammen mit den Betriebskrankenkassen ein Gegenmodell überlegt“, sagt Lembeck.

Der BVOU handelte mit einem Zusammenschluss der Betriebskrankenkassen – der BKK Vertragsarbeitsgemeinschaft (VAG) Baden-Württemberg – sowie der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg und der Herodikos GmbH einen Selektivvertrag aus.

Rund 820.000 Versicherte der teilnehmenden Betriebskrankenkassen können sich ab dem 1. Oktober die Bewegungstherapie OrthoHeroBKK, eine Kombination der App Herodikos und der Behandlung durch einen Orthopäden, erstatten lassen, sofern sie an Knie- oder Rückenschmerzen leiden.

Patienten trainieren dabei nicht nur anhand von Videos in der verordneten App. Der Arzt führt zu Beginn vor Ort oder telemedizinisch einen App-gestützten Check durch. Er erstellt zudem einen Trainingsplan und führt im Laufe von 90 Tagen Zwischenuntersuchungen sowie eine Abschlussuntersuchung durch.

Das Programm kann bei Bedarf um weitere 90 Tage verlängert werden. Der Arzt kann darüber hinaus jederzeit die App-Daten des Patienten einsehen – etwa ob tatsächlich trainiert wurde oder als wie hoch die aktuellen Schmerzen bewertet werden.

Die Betriebskrankenkassen wollen ihren Versicherten mehr digitale Therapieangebote machen, erklärt Stefan Weresch von der BKK VAG Baden-Württemberg. „Wir haben deshalb Kontakt zur Herodikos GmbH aufgenommen“, sagt Weresch.

Die Gründer hätten die App vorgeführt und ihn überzeugt. Sie hätten zudem erwähnt, dass bereits Kontakt zum Berufsverband der Orthopäden bestehe. „Das war für uns besonders interessant“, sagt Weresch, „nur bei einer Zusammenarbeit mit dem entsprechenden ärztlichen Fachgebiet kommen digitale Angebote tatsächlich an.“

Betriebskrankenkassen sehen DiGa-Preise kritisch

Die BKK VAG sieht herkömmliche Apps auf Rezept, auch digitale Gesundheitsanwendungen (DiGa) genannt, kritisch. Der Grund: Die Hersteller können die Preise nach der Zulassung durch das Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) im ersten Jahr ohne Verhandlung mit den Kassen selbst festlegen. So sieht es das Gesetz vor.

„Die Preise für die Apps auf Rezept sind im Vergleich zu den Preisen für eine ärztliche Behandlung hoch“, sagt Weresch. Das Programm OrthoHeroBKK koste für drei Monate ebenso viel wie eine App auf Rezept. „Die Versicherten der Betriebskrankenkassen bekommen für den gleichen Betrag aber nicht nur die App, sondern die ärztliche Leistung dazu“, sagt Weresch weiter.

Eva Schobert, eine der Gründerinnen von Herodikos, ist selbst Ärztin. „Wir sind überzeugt, dass eine App allein langfristig nicht funktioniert“, sagt sie. Das Ziel sei, dass die Patienten nicht zu chronischen Schmerzpatienten würden.

„Studien zeigen, dass für eine dauerhafte Anwendung von medizinischen Apps die Kombination mit persönlicher Betreuung ausschlaggebend ist“, sagt Schobert. Nach der aktuellen Gesetzeslage könne Herodikos keine DiGa werden. Modelle, die persönliche Betreuung ausschlaggebend integrieren, würden als DiGa nicht berücksichtigt werden.

Der Orthopäden-Berufsverband will seine Mitglieder in Baden-Württemberg nun über das Programm auf digitalen Kanälen und einem Kongress informieren. Bei den DiGa sei der Nachteil, sagt der BVOU-Vorsitzende Lembeck, dass Ärzte die Apps nicht genau kennen würden. „Ich verschreibe eine Wundertüte“, sagt Lembeck. Das mache es unbefriedigend. Über die Herodikos-App klärt nun der Berufsverband auf.

DiGa müssen vor ihrer Zulassung Studiendesigns zum Nutzennachweis vorlegen. Diese Anforderung musste Herodikos nicht erfüllen. Der BVOU wird im Rahmen des OrthoHeroBKK-Programms aber eine begleitende Evaluationsstudie durchführen.

Der Vertrag mit den Betriebskrankenkassen in Baden-Württemberg ist für Herodikos ein großes Projekt. Daneben wurden auch Selektivverträge mit der Techniker Krankenkasse und der Hanseatischen Krankenkasse in mehreren Bundesländern abgeschlossen. Verhandlungen mit weiteren Krankenkassen laufen.

Mehr: „App auf Rezept“-Hersteller gründen Marketingfirma DiGa Info

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