Kassenärztliche Bundesvereinigung Keine Sanktionen für einzelne TI-Verweigerer

(Foto: IMAGO / Udo Kröner)
Ärzte, die ihre Praxis nicht an die Telematikinfrastruktur (TI) anschließen, müssen unter Umständen keine Sanktionen zahlen. Dies geht aus einer Stellungnahme der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) hervor, die Handelsblatt Inside vorliegt. Darin heißt es: „Ist dem Vertragsarzt objektiv nicht möglich, sich an die TI anzuschließen oder die TI zu nutzen, hat die Kassenärztliche Vereinigung daher von Sanktionen abzusehen.“ Die TI ist das Datennetz im deutschen Gesundheitswesen.
Eine Sanktionierung sei nur dann empfehlenswert, wenn sie den TI-Anschluss bewirke, heißt es in der KBV-Stellungnahme. „Soweit zum Beispiel der Vertragsarzt aufgrund der technischen Verfügbarkeit des Internets überhaupt keine Möglichkeit hat, die TI-Anwendung zu nutzen, kann der Vertragsarzt mit der Sanktionierung auch nicht zur Einhaltung der Nutzung angehalten werden“, ist dort zu lesen.
Bei älteren Vertragsärzten könnte eine Sanktionierung dazu führen, dass sie sich vorzeitig in den Ruhestand begeben, heißt es weiter. Auch sei darauf zu achten, dass die Sanktionierung in ländlichen Regionen nicht die vertragsärztliche Versorgung gefährdet. Die 17 zuständigen Kassenärztlichen Vereinigungen zahlen den Ärzten und Psychotherapeuten quartalsweise ihre Honorare aus und setzen die Sanktionierung durch. Ärzte müssen Kürzungen von 2,5 Prozent ihres Honorars hinnehmen, wenn sie ihre Praxis nicht an die TI anschließen.
Kassenärztliche Vereinigungen befürworten Stellungnahme
Die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) sieht die KBV-Stellungnahme positiv, allerdings rechnet sie auch mit einem höheren Arbeitsaufkommen. Täglich würden Anrufe von Ärzten und Psychotherapeuten eingehen, die sich über die TI beschweren, teilte Jakob Scholz, Abteilungsleiter E-Health bei der KVWL, Handelsblatt Inside kürzlich mit. Die KVWL rechnet nun damit, dass die Bitten um Einzelfallprüfungen zunehmen.
Auch die KV Hessen begrüßt das KBV-Papier. Es sei aber in jedem Fall nicht das, „was der ein oder andere darin aktuell zu sehen scheint, nämlich einen Freibrief für Digitalisierungsverweigerer“, schreibt die KV Hessen. Trotzdem sei die Stellungnahme wichtig, sie ermögliche, im Einzelfall von Sanktionen abzusehen. Einige Anträge auf Einzelfallprüfung seien bereits eingegangen.
Aus der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNO) heißt es: „Wenn die Technik nicht oder nur unzureichend zur Verfügung steht, können Arztpraxen nicht sanktioniert werden.“ Daher teilt man auch bei der KVNO die KBV-Einschätzung.
Die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) ist für die KVNO ein Beispiel für eine solche unzureichende technische Umsetzung. Die dafür notwendigen Strukturen seien weder bei den meisten Kassen noch bei den Praxen und den Softwareherstellern eingerichtet. Praxen sollten nicht zu „digitalen Versuchslaboren“ werden, deshalb unterstützt die KVNO eine einjährige Testphase für alle TI-Anwendungen. Die KV Bayern bereitet eine entsprechende Petition für den Bundestag vor.
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