Luca-App Verkauf von Lizenzen geht trotz Kritik voran

In 13 Bundesländern nutzen Gesundheitsämter derzeit das Luca-System.
Zu den Kritikern der Luca-App gehört jetzt auch der ZDF-Moderator Jan Böhmermann. Vergangene Woche forderte er seine Fans über den Kurznachrichtendienst Twitter auf, sich per QR-Code im Zoo Osnabrück einzuchecken. Er wollte mit seiner Störaktion beweisen, wie manipulationsanfällig die Luca-App ist, weil die Anwendung nicht überprüft, ob die Nutzer beim Einchecken tatsächlich vor Ort sind.
Für den Prozess ist lediglich der QR-Code notwendig, nicht aber die Information, wo sich eine Person gerade tatsächlich aufhält. Mit dem Datenschutz sei dies nicht vereinbar, argumentiert der Hersteller.
Kritik gibt es auch, weil einige Check-in-Orte mehrere Hektar groß sind, etwa Parks oder Einkaufszentren. Solche Check-in-Daten seien für die Gesundheitsämter „wertlos“, kommentierte die Linken-Politikerin Anke Domscheit-Berg auf Twitter.
Auch Datenschützer hatten Nachbesserungen an der Luca-App gefordert. In einer Stellungnahme der Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder (DSK) hieß es etwa, derzeit würden die von Luca gesammelten Daten an einer zentralen Stelle gespeichert. Man wolle mit dem Betreiber der App erörtern, inwieweit eine dezentrale Speicherung möglich sei.
Im Mittelpunkt der Vorwürfe, die vor allem von Netzaktivisten erhoben werden, steht der Rapper Smudo. Seine Gruppe, die Fantastischen Vier, hat sich finanziell an der Entwicklung der Luca-App beteiligt. „Mich nimmt persönlich mit, dass die Kritik oft unter die Gürtellinie zielt“, sagt er dem Handelsblatt.
Lizenzverkauf von Luca-App ist ein Erfolg
Smudo ist bekannt mit dem Chef des Berliner Musikclub Weekend, Marcus Trojan. Der wiederum kennt Patrick Hennig, Gründer der IT-Sicherheitsfirma Nexenio. Zusammen entwickelten sie im Spätsommer das Konzept der App.
Unstrittig ist: Mit der Lizenzierung an mehrere Bundesländer dürfte die gemeinsame Firma gutes Geld verdienen. „Wir sind finanziell ins Risiko gegangen, indem wir die Technik auf eigene Kosten entwickelt haben. Daher wäre es schön, wenn das Geld wieder reinkommt“, sagt Smudo. Allein der SMS-Versand würde ein Drittel der Einnahmen kosten.
10,5 Millionen Euro sollen zugesagt sein, es könnte noch einmal so viel werden. Zum Vergleich: Für den Aufbau der staatlichen Corona-Warn-App und der dahinterstehenden Infrastruktur wie Callcenter zahlte die Bundesregierung knapp 15 Millionen Euro an SAP und Telekom, dazu kommen laufende Kosten von monatlich knapp 2,5 Millionen Euro.
Hauptunterschied zwischen den beiden Apps: Luca gibt Namen und Kontaktdaten der Nutzer an Gesundheitsämter weiter. Die Warn-App hingegen funktioniert komplett anonym und erhielt daher großes Lob von Datenschützern und Netzaktivisten.
„Ich führe die Schärfe der Angriffe gegen uns auch auf eine Kränkung der Szene zurück, die aus der mangelnden Pflege der Corona-Warn-App resultiert“, sagt Smudo. Die hohen Hoffnungen in diese datensparsame App hätten sich nicht erfüllt. Luca sei eine Art Sündenbock: „Es ist absurd, was für eine Fantasie aufgebracht wird, was wir alles im Schilde führen könnten.“
3,1 Millionen Nutzer
Dank öffentlichkeitswirksamer TV-Auftritte in Talkshows von „Maischberger“ bis „Anne Will“ hat Smudo die Luca-App bekannt gemacht. Trotz der Kritik haben über 3,1 Millionen Menschen die Anwendung inzwischen auf ihr Smartphone heruntergeladen. Rund 50 Start-ups bieten ähnliche Lösungen wie Luca an, müssen aber ohne ein populäres Aushängeschild wie Smudo auskommen.
Zwölf Länderchefs haben nach Angaben des Luca-App-Betreibers Culture4life inzwischen Lizenzen für die Luca-App gekauft. Darunter Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg, Bremen, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, das Saarland, Rheinland-Pfalz, Hessen, Brandenburg, Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein und zuletzt auch Bayern.
Eine bundesweite Einigung auf eine Check-in-App steht allerdings noch aus. Etliche Regierungschefs wollen nun auch nicht mehr auf den großen Konsens warten. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) brachte es vor Ostern auf den Punkt: „Mecklenburg-Vorpommern macht’s, ich will es dann jetzt auch machen“, sagte er. Die Hauptstadt veranschlagt 1,2 Millionen Euro dafür.
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