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Tests, Impfungen, Kontaktnachverfolgung So wollen deutsche Modellregionen die Pandemie digital bekämpfen

Erste Modellregionen dürfen Öffnungsschritte vornehmen. Die Konzepte zeigen: Digitale Systeme sind dafür zentral, die Herangehensweisen aber höchst unterschiedlich.
21.04.2021 - 16:53 Uhr Kommentieren
Wir beim Vorbild Tübingen folgen nun weitere deutsche Städte mit Lockerungen im öffentlichen Leben – flankiert von digitalen Maßnahmen. Quelle: Imago
Modellregionen

Wir beim Vorbild Tübingen folgen nun weitere deutsche Städte mit Lockerungen im öffentlichen Leben – flankiert von digitalen Maßnahmen.

(Foto: Imago)

Düsseldorf Nun soll es die Basis richten. Seit Monaten doktert die Bundesregierung an digitalen Systemen für den Kampf gegen die Corona-Pandemie herum. Den Durchbruch für die Wiedereröffnung von Kulturstätten oder der Gastronomie brachten Corona-Warn-App und Co. jedoch bislang nicht. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten haben unter anderem deshalb in einem ihrer Beschlüsse die Kommunen für die digitale Pandemiebekämpfung hinzugezogen.

Im Beschlusspapier von Ende März heißt es, die Länder könnten Modellregionen einrichten, um „einzelne Bereiche des öffentlichen Lebens zu öffnen“. Voraussetzung dafür: Das Funktionieren von „IT-gestützten Prozessen zur Kontaktverfolgung und gegebenenfalls auch zum Testnachweis“.

Die Vielzahl der im Anschluss zur Modellregion ernannten Städte – allein in Nordrhein-Westfalen sind es 17 – führt zu unterschiedlichsten Ansätzen. Handelsblatt Inside hat sich die Konzepte einiger Städte genauer angesehen, mit Verantwortlichen gesprochen und ist der Frage nachgegangen, wie aus den Modellen eine Strategie für das ganze Land werden könnte.

Eckernförde

In Eckernförde können Urlauber ihren Strandkorb online buchen und sich damit vorab für eine leere Stelle entscheiden. Quelle: Imago
Online-Buchungsportal

In Eckernförde können Urlauber ihren Strandkorb online buchen und sich damit vorab für eine leere Stelle entscheiden.

(Foto: Imago)

Die Modellregionen im Norden wollen vor allem den Tourismus wieder ermöglichen. Eckernförde an der Ostsee ist dabei neben dem einige Kilometer entfernten Ort Schlei die erste Region, die ganz offiziell Lockerungsschritte durchführt. Die Stadt erlaubt seit dieser Woche unter anderem wieder Innen- und Außengastronomie. Sowohl in Ferienhäusern als auch in Hotels und auf Campingplätzen sind Übernachtungen möglich.

Für die digitale Kontaktnachverfolgung setzt die Stadtverwaltung auf Bewährtes, aber Umstrittenes: die Luca-App, bekannt geworden durch die Unterstützung von Musiker Smudo. IT-Experten hatten kürzlich gravierende Sicherheitsmängel in der App nachgewiesen. Der Chaos Computer Club fordert, dass keinerlei Steuermittel mehr in die App fließen.

In Eckernförde allerdings ist das Konzept schon auf die Anwendung abgestimmt. Eine digitale Schnittstelle zwischender Luca-App und dem Gesundheitsamt besteht seit einigen Wochen, schreibt Bürgermeister Jörg Sibbel in seinem Konzept.

Zwar hat der Ort nur rund 22.000 Einwohner, doch Bürgermeister Sibbel erwartet durch den Tourismus von Mitte April bis Ende Mai 90.000 Personen in seiner Stadt. Die Stadt will darauf digital reagieren.

Um den Tagestourismus zu begrenzen, wurden im Stadtgebiet fünf digitale Infotafeln aufgestellt. Die Terminals ergänzen dezentral die Angebote der Tourist-Informationen und sollen somit Warteschlangen verringern.

Über die Anzeigen können zudem pandemierelevante Hinweise, etwa zu den Testzentren, verbreitet werden. Außerdem zeigt ein Online-Strandkorbbuchungssystem die Auslastung digital an. Die Gäste können sich vorab informieren und sich bei dichter Belegung für einen anderen Strand entscheiden.

Köln

Die bundeseinheitliche Software für Gesundheitsämter ist in Köln nicht Teil der Strategie – man setzt lieber auf eine eigene Lösung. Quelle: dpa
Sormas

Die bundeseinheitliche Software für Gesundheitsämter ist in Köln nicht Teil der Strategie – man setzt lieber auf eine eigene Lösung.

(Foto: dpa)

Anders als an der Ostsee stehen Großstädte vor der Herausforderung, dass bereits viele Menschen in der Stadt leben. Man kann also nicht mit Tests bei der Einreise der Touristen eine Grundkontrolle gewinnen. Deshalb setze man „auf einen Gesamtprozess, der aus miteinander verzahnten digitalen Bausteinen besteht“, sagt Frank Bücher, IT-Verantwortlicher im Corona-Krisenstab der Stadt.

Für die Kontaktnachverfolgung ist dabei die „Master-App“ zentral, die eigens für die Stadt entwickelt wird. Diese ist kompatibel mit verschiedenen Apps zur Kontaktnachverfolgung, sodass der Anwender nur eine Registrierung benötigt. Ladenbesitzer oder Veranstalter müssen eine digitale Kontaktdatenerfassung ermöglichen, sind dabei allerdings nicht auf Luca oder eine andere App festgelegt.

Über die Master-App können die Bürger die verschiedenen Lösungen mit ein und derselben Anwendung nutzen. Auch der Nachweis eines negativen Corona-Tests oder einer vorliegenden Immunisierung durch Impfung sowie ein Kontakttagebuch sollen in einem zweiten Entwicklungsschritt in die Master-App integriert werden.

Im Gesundheitsamt setzt man ebenfalls noch auf eine eigene Lösung. Hier nutzt man die Software Dikoma – und nicht etwa das vom Bund empfohlene und damit deutschlandweit kompatible Programm Sormas. Köln hat zwar einen Vertrag für Sormas, doch Büscher erklärt: „Eine hohe Arbeitslast im Kontaktmanagement in Verbindung mit einer neuen Softwareeinführung würde im größten Gesundheitsamt in Deutschland zulasten der Beherrschbarkeit des Pandemiegeschehens gehen.“

Der Umsetzung des Modellprojekts in Köln steht bislang wie in den meisten geplanten Modellregionen aber noch die Pandemie selbst im Weg. An den meisten Orten dürfen die Projekte starten, wenn der Inzidenzwert unter 100 liegt. Köln liegt derzeit bei fast 200.

Mönchengladbach

Dank digitaler Rückverfolgung könnten in Mönchengladbach bald wieder Fans ins Stadion kommen. Quelle: Imago
Fußball

Dank digitaler Rückverfolgung könnten in Mönchengladbach bald wieder Fans ins Stadion kommen.

(Foto: Imago)

Am Niederrhein soll das wohl größte Öffnungsexperiment stattfinden: Der Fußball-Bundesligist Borussia Mönchengladbach will wieder Zuschauer in seinem Stadion zulassen. Durch das Online-Ticketsystem könnte der Sportverein die Rückverfolgbarkeit jedes Zuschauers sicherstellen und dafür einen virtuellen Sitzplan für das gesamte Stadion erstellen, heißt es im Konzeptpapier der Stadt.

Die Stadt Mönchengladbach, die zusammen mit der Nachbarstadt Krefeld Modellregion werden soll, setzt bei der Kontaktnachverfolgung ebenfalls nicht auf Luca, sondern auf die App: „e-guest“ des Mönchengladbacher Start-ups Logital.

„Für eine digitale Kontaktverfolgung an den Veranstaltungsstätten ist ein medienbruchfreier Workflow zwingend notwendig“, heißt es im Konzept. „e-guest“ könne einen vollumfänglichen digitalen Prozess von einer kompatiblen Testsoftware bis hin zu einer Schnittstelle zu Sormas im Gesundheitsamt realisieren.

Tübingen

Der Tübinger Bürgermeister trägt am Arm sein „Tagesticket“. Quelle: Imago
Boris Palmer

Der Tübinger Bürgermeister trägt am Arm sein „Tagesticket“.

(Foto: Imago)

Für die „Mutter aller Modellregionen“, die bereits vor mehreren Wochen auf eigene Faust mit Öffnungen startete, ist die Teststrategie zentral. Für den Nachweis eines tagesaktuellen negativen Corona-Tests hat Tübingen sich mit dem „Tagesticket“ deshalb ein eigenes System ausgedacht. Das Tübinger „Tagesticket“ gibt es an fast allen Teststationen digital: Man bekommt ein Armband mit einem QR-Code.

Die Betriebe und Einrichtungen, in denen die Testpflicht gilt, müssen sich das Tübinger Tagesticket vor dem Verkauf auf dem Smartphone zeigen lassen. Der städtische Vollzugsdienst kann überprüfen, ob das Tagesticket auf den Namen der Person ausgestellt wurde, die es mit sich führt.

Fazit: (K)eine Lehre für den Bund

Diese und die vielen weiteren Pläne der Modellregionen zeigen: Es wird nicht leicht, daraus landes- oder gar bundesweite Konzepte abzuleiten. Manche setzen auf bewährte digitale Instrumente, andere basteln selbst.

Die Schwierigkeiten, die mit den derzeitigen Insellösungen einhergehen, beschreibt man in der geplanten Modellregion im westfälischen Hamm so: „Grundsätzlich ist ein möglichst einheitliches System sinnvoll, um die Akzeptanz zu erhöhen – damit sich die Menschen in ganz Nordrhein-Westfalen oder sogar ganz Deutschland mit denselben Softwares registrieren und einloggen können und nicht am Ende des Tages fünf unterschiedliche System verwenden müssen, wenn sie woanders unterwegs sind.“

Mehr: Erste Details zu Nutzen der Corona-Warn-App


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