Toralf Kirsten Informatik-Professor bereitet Patientendaten für Forschung auf

Der Informatiker wurde auf eine Professur für Medizinische Datenwissenschaft berufen.
Berlin Toralf Kirsten arbeitet auf einem noch jungen Gebiet: Er befasst sich mit der Aufbereitung und Auswertung von Daten, die bei der Versorgung von Patienten anfallen.
Der Datenwissenschaftler trat dafür zu Beginn des Monats die neu geschaffene Professur für Medizinische Datenwissenschaft an, die von der Universität Leipzig und dem Universitätsklinikum Leipzig gemeinsam etabliert wurde. Der Informatiker leitet in der Funktion auch die dazugehörige Abteilung.
„Medizinische Forschung wurde bisher größtenteils mit klinischen Studien und gezielten Forschungsprojekten betrieben“, sagt Kirsten. „Daten, die bei regulären Arztbesuchen und Klinikaufenthalten entstehen, werden aber kaum für die Wissenschaft verwendet.“
Gerade durch die Covid-19-Pandemie werde aber gesehen, dass die Versorgungsdaten ebenso für die Forschung relevant seien – nicht nur die Daten, die durch Studienteilnehmer anfielen. „Wir wollen Versorgungsdaten nutzen, um gerade neue Erkrankungen besser zu verstehen und zu behandeln“, sagt Kirsten.
Die von Kirsten besetzte Professur ist Teil der bundesweiten Medizininformatik-Initiative. Sie soll die Zusammenarbeit von Forschern und praktizierenden Ärzten intensivieren. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert die Initiative bis 2022 mit rund 180 Millionen Euro.
Wissenschaftler müssen Versorgungsdaten aber zunächst aufbereiten, bevor sie sie auswerten können. „Der Arzt schreibt im Rahmen der Anamnese in der Regel einen Text“, sagt Kirsten. Diese Informationen sind für die Forschung zunächst nicht verwendbar. „Daher müssen aus den Versorgungsdaten in Textform strukturierte Daten abgeleitet werden“, sagt Kirsten.
Unikliniken sollen Daten austauschen können
Unikliniken in Deutschland sollen ihre Daten miteinander teilen können, sodass zum Beispiel die Daten der Kliniken hinsichtlich einer bestimmten Krankheit zusammenfließen. Diese sogenannte Interoperabilität sei aufwendig herzustellen, sagt Kirsten. „Aber sie ist notwendig, um hinterher die Daten auswerten zu können.“
An Universitätsklinken werden dafür im Rahmen der Medizininformatik-Initiative Datenintegrationszentren geschaffen. In den Zentren sollen die Versorgungsdaten aus den einzelnen Klinikbereichen aufbereitet werden. Wissenschaftler wenden sich mit ihren Forschungsfragen dann an die Zentren, um die entsprechenden Daten zu erhalten.
An der Arbeit mit medizinischen Daten reizt den Informatiker Kirsten der Austausch mit Kollegen anderer Fachgebiete, etwa mit Klinikärzten. Auch länderübergreifend arbeitet der Datenwissenschaftler. Mit Wissenschaftlern aus Montreal erforscht er Leukodystrophie, eine seltene neurologische Erkrankung.
„Gerade im Bereich der seltenen Krankheiten ist ein Austausch natürlich sehr wichtig“, sagt Kirsten. So lasse sich die Anzahl der Patientenfälle erhöhen und eine bessere Datenauswertung vornehmen.
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