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Umsetzung Widersprüche beim Stand der digitalen Krankschreibung

Praxen und Krankenkassen fehlt die Technik für die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Genaue Zahlen gibt es trotz des Starts nicht.
24.09.2021 - 19:07 Uhr Kommentieren
Die gelben Zettel sollen ab dem 1. Oktober offiziell digitalisiert sein. Quelle: IMAGO / photothek
Krankschreibung

Die gelben Zettel sollen ab dem 1. Oktober offiziell digitalisiert sein.

(Foto: IMAGO / photothek)

Berlin Die digitale Krankschreibung startet offiziell am Freitag. Aller Voraussicht nach werden aber nur sehr wenige Patienten in Deutschland am 1. Oktober eine elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) ausgestellt bekommen.

Den Praxen und auch den Krankenkassen fehlt nach Auskunft des Deutschen Hausärzteverbands und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) noch die technische Ausrüstung. Wie viele Praxen und Krankenkassen betroffen sind, ist aber unklar, obwohl der Start kurz bevorsteht.

Das Bundesgesundheitsministerium schreibt zwar auf Anfrage von Handelsblatt Inside, es gehe von einer großen Anzahl von Praxen aus, welche die Umsetzung fristgerecht abschließen werden. „Eine exakte Einschätzung, wie viele Arztpraxen am 1. Oktober 2021 in der Lage sein werden, eine eAU auszustellen, ist allerdings nicht möglich“, schreibt das Ministerium weiter.

Auch die Krankenkassen müssen für den Empfang der digitalen Krankmeldung technisch aufrüsten. Sie benötigen einen Anschluss an die Telematikinfrastruktur (TI), die Datenautobahn des Gesundheitswesens. Sie müssen zudem einen speziellen E-Mail-Dienst „Kommunikation im Medizinwesen“ (KIM) verwenden können.

KBV stellt eAU-Fähigkeit der Krankenkassen infrage

Die KBV zweifelt daran, dass die Krankenkassen auf den Start der eAU vorbereitet sind. „Aktuell sind nur sehr wenige Krankenkassen, nach unserer Information sieben von 103, in der Lage, eAU elektronisch in Empfang zu nehmen“, teilt die KBV auf Anfrage mit.

Auch der Bundesverband Gesundheits-IT (bvitg), der Praxissoftware-Hersteller vertritt, verweist darauf, dass die Krankenkassen technisch adäquat ausgestattet sein müssen. „Die Krankenkassen müssen die Meldungen auch elektronisch empfangen können, was nach aktuellem Stand noch nicht alle können“, sagt bvitg-Geschäftsführer Sebastian Zilch zu Handelsblatt Inside.

Die TI und der KIM-Dienst werden von der Gematik betrieben. Die Gesellschaft gibt auf Anfrage vorerst keine Zahlen zur eAU-Fähigkeit der Krankenkassen und Praxen bekannt. „Sehr zeitnah planen derzeit weitere Krankenkassen die Nutzung von KIM“, schreibt die Gematik vage.

Weitere Tests mit Praxen und Krankenkassen würden schrittweise in realer Umgebung starten. Die Gesellschaft rechne mit einer deutlichen Steigerung der übermittelten eAU und einer Nennung valider Zahlen in wenigen Wochen.

Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-SV) teilt Handelsblatt Inside hingegen mit, die Krankenkassen seien vorbereitet. „Wir gehen davon aus, dass im Laufe der nächsten Woche bei allen Kassen die technischen Voraussetzungen für den Einsatz der eAU vorliegen“, schreibt der GKV-SV. Die übergroße Mehrheit der Kassen sei bereits heute im Verzeichnis des KIM-Diensts eingetragen und freigeschaltet.

Hürden für Praxen sind hoch

Unklar ist auch, inwieweit die Praxen auf die eAU vorbereitet sind. Die technischen Hürden sind hoch. Praxen müssen an die TI angeschlossen sein und benötigen Zugang zu einem KIM-Dienst.

Die Praxissoftware und der für die TI notwendige Konnektor müssen zudem über Updates verfügen. Ärztinnen brauchen für die Signatur der eAU einen elektronischen Heilberufsausweis der zweiten Generation.

Die Ärzte, zu denen Patienten am häufigsten für eine Krankschreibung kommen dürften, sind Hausärzte. Der Deutsche Hausärzteverband traf vergangene Woche bei seiner Delegiertenversammlung einen Beschluss. Er fordert vom Gesetzgeber sowie der Gemeinsamen Selbstverwaltung, die Übergangsregelung für die eAU zu verlängern.

Noch bis Ende des Jahres dürfen Ärztinnen die Krankschreibung auf Papier ausstellen, wenn die technischen Mittel fehlen. „So ist in vielen Fällen die notwendige Infrastruktur, trotz Bemühungen vieler Hausärztinnen und Hausärzte, noch nicht vorhanden“, heißt es in dem Beschluss.

Die vollständige Digitalisierung der Krankmeldung wird auch laut Gesetz noch dauern. Zum 1. Oktober soll zunächst nur die Bescheinigung für die Krankenkasse – nicht aber das Exemplar für den Arbeitgeber – elektronisch übermittelt werden.

Mehr: Was sich bei der Krankschreibung ab Oktober ändern soll

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