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Vantis Frisches Kapital für App für Herz-Patienten

Mit der App Vantis sollen Patienten ihr Herz-Kreislauf-System besser kontrollieren und steuern. Das gleichnamige Start-up dahinter bereitet sich bereits darauf vor, eine App auf Rezept zu werden.
31.03.2021 - 16:03 Uhr Kommentieren
Ulrich Klank (v.l.), Kevin Wiesner, Maximilian Rödel und Till Jansen Quelle: Unternehmen
Das Vantis-Gründerteam

Ulrich Klank (v.l.), Kevin Wiesner, Maximilian Rödel und Till Jansen

(Foto: Unternehmen)

Sport, eine ausgewogene Ernährung und die richtigen Medikamente sind die wichtigsten Bausteine einer Herzschwäche-Therapie. Oft fehlen dem Arzt und dem Patienten aber der Überblick über Erfolge oder Rückschläge, denn es werden nicht kontinuierlich Daten erhoben. Till Jansen sagt, dass die punktuelle Betrachtung des Gesundheitszustandes eines Patienten nicht ausreicht. Deshalb hat er die App Vantis entwickelt, die durchgängig Rückmeldung geben soll.

Das Unternehmen sammelt jetzt 3,8 Millionen Euro ein, um mit dem Produkt im Sommer am Markt zu starten und im Rahmen des Digitale-Versorgung-Gesetzes (DVG) in die Erstattung der gesetzlichen Krankenkasse zu kommen. Die App erfasst über Messgeräte die Herzfrequenz und andere Parameter, Patienten bekommen nach einer Analyse Trainings- sowie Ernährungsempfehlungen zurückgespielt. Doch auch die Konkurrenz schläft nicht: Der Bundesverband der niedergelassenen Kardiologen (BNK) entwickelt im Jahr 2017 eine eigene App, die im Mai aktualisiert werden soll.

Erstmalig in Vantis investiert ist Firstminute Capital aus London. Erneut investiert haben außerdem Btov Partners sowie Business Angels wie Vivy-Gründer Christian Rebernik und Teleclinic-Gründer Reinhard Meier. „Btov Partners investiert primär in sehr junge Start-ups, weshalb wir uns die Teams genauer anschauen“, berichtet Jan-Hendrik Bürk von Btov.

Die Gründer hätten in ihrem vorherigen Berufsleben Erfahrungen im Management dynamischer und wachstumsstarker Teams gesammelt. „Tills Bruder ist neben seiner Rolle als Chief Medical Officer bei Vantis zudem Oberarzt an der Kardiologie in Bonn.“ Die kaufmännische und medizinische Expertise habe den Risikokapitalgeber letztlich überzeugt.

Gegründet wurde Vantis 2019 und beschäftigt heute 14 Mitarbeiter. Laden Patienten sich die App herunter, müssen sie zunächst 15 Fragen beantworten: Wie viel wiegen Sie? Wie regelmäßig treiben Sie Sport? Wie hoch stufen Sie Ihre Belastung durch Stress ein? Zudem wird die Uhr des US-Unternehmens Garmin mitgeliefert, die Schritte und Herzfrequenz messen kann. Auch Blutdruckgeräte können mit der App vernetzt werden, um Vitaldaten zu speichern. Auf der Basis aller gesammelten Daten werden Nutzern Ernährungspläne und Videos mit Sportübungen zurückgespielt.

Dahinter steckt ein Algorithmus, der wie ein Entscheidungsbaum funktioniert und nach den medizinischen Leitlinien programmiert wurde. Welche Empfehlung Patienten also bekommen, hängt zum Beispiel von ihrem Gewicht ab, für das in den Leitlinien bestimmte Therapieschritte vorgesehen sind. Auch an die Medikamenteneinnahme werden Nutzer über die App erinnert.

Für Ärzte sind die Daten mit Einverständnis der Patienten über eine Webseite einsehbar. „Wir planen auch, dass Patienten über Videochats von Ärzten beraten werden“, sagt Gründer Jansen. Preise möchte das Start-up vor dem Marktstart noch nicht bekannt geben.

Neben der Erstattung durch das DVG möchte Vantis zusätzliche Selektivverträge mit Krankenkassen abschließen. Außerdem sollen Kliniken als Kooperationspartner gewonnen werden, in die App-Stores soll die App ebenfalls kommen. „Ein anderer Weg wird sein, in sogenannte Disease-Management-Programme der Krankenkassen als digitaler Baustein aufgenommen zu werden“, sagt Jansen.

Dabei handelt es sich um evidenzbasierte Programme für chronische Krankheiten, etwa Tagebücher, in die der Krankheitsverlauf eingetragen wird. Diese Programme werden von den Krankenkassen erstattet und betroffenen Patienten zum Beispiel halbjährlich angeboten. So kann Aufmerksamkeit für die eigene Anwendung geschaffen werden.

BNK richtet halbstündigen Zugangscode für Ärzte ein

Linda Behrens ist Geschäftsführerin des Risikokapitalgebers Flying Health und sieht großes Potenzial in Apps für Herz-Kreislauf-Patienten: „Lösungen, die einen echten Mehrwert für die Patienten bieten, und über das Smartphone als ‚Medizin in der Hosentasche‘ in die Versorgung integriert sind, stehen einem bisher noch wenig erschlossenen Markt gegenüber.”

Die im Jahr 2017 vom Bundesverband Niedergelassener Kardiologen (BNK) entwickelte App „BNK CardioCoach“ für Herz-Kreislauf-Patienten ist bislang nur eine Datensammlung. „Ab Mai können Patienten die App aber auch mit Apple- und Google-Uhren vernetzen, um zusätzliche Vitaldaten automatisiert in der App zu speichern“, sagt Simon Glück, der beim Dienstleistungsunternehmen des BNK beschäftigt ist. Bislang nutzen 3000 Patienten und 150 Kliniken die kostenlose Anwendung, deren Programmierung und Pflege vom Verband finanziert wird.

In der App finden Patienten einen Zahlencode, den sie ihrem Arzt mitteilen können, wenn dieser Einblick in die Daten haben soll. Alle 30 Minuten verändert sich der Zahlencode, und der Arzt hat dann auch keinen Zugriff mehr.

Doch auch der Nutzen der BNK-Lösungen wird erst noch in einer klinischen Studie ab Mai getestet. Digitale Therapien sollten laut Glück nicht unterschätzt werden. Insbesondere Doppeluntersuchungen, weil ein Patient Labordaten vergisst, könnten durch eine App vermieden werden. Die Kosten verursacht durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen zählen seit 2017 zu den höchsten Ausgaben im deutschen Gesundheitswesen.

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