Asset-Manager Real I.S. Grünere Fonds durch Klimaneutralität

Real I.S. stellt den Allgemeinstrom auf klimafreundliche Energie um.
Quelle: dpa
Dass Nachhaltigkeit in der Immobilienbranche schon längst keine Kür mehr ist, wissen Marktteilnehmer zur Genüge. Denn der Druck von Anlegern und der Europäischen Union auf die Unternehmen wächst durch Marktmacht und Regulierungen. Vor nicht mal zehn Jahren sah das noch ganz anders aus, erklärt Jochen Schenk, Vorstandsvorsitzender des Fondsinitiators Real I.S., im Gespräch mit Handelsblatt Inside Real Estate: „Wir haben 2012 einen Green Office Fund aufgelegt, den der Markt aber nicht angenommen hat – wir waren damit zu früh dran.“
Nachhaltige Produkte habe man bei der BayernLB-Tochter daher eine gewisse Zeit ruhen lassen, „doch als die Offenlegungsverordnung und die Taxonomie durch die Europäische Union aufkamen, war das für uns ein Zeichen, jetzt wieder durchzustarten und möglichst schnell unser Portfolio auf Nachhaltigkeit umzustellen.“
Bis 2023 will Real I.S. das gesamte Portfolio im Allgemeinstrom klimaneutral stellen. Mithilfe des Betriebskostenoptimierers Westbridge Advisory soll die Energiebeschaffung optimiert, sollen alle rund 100 Objekte mit Smart Metern ausgestattet, die Lieferanten von Energie reduziert und soll die Zufuhr auf klimafreundliche Energien umgestellt werden.
Freilich reicht das nicht für eine komplette Nachhaltigkeit, denn die Umstellung des Allgemeinstroms bedeutet nicht gleich die Umstellung von Betriebs- oder Wohnungsstrom. „Dazu benötigen wir die Mitwirkung der Mieter. Da grüne Mietverträge aber auf zunehmende Akzeptanz stoßen, stehen die bei uns auch auf dem Programm“, so Schenk.
Für Klimaneutralität muss der CO2-Ausstoß beispielsweise durch Kompensation wie das Pflanzen von Bäumen oder den Erwerb von CO2-Zertifikaten ausgeglichen werden – ein Prozedere, das immer wieder mit dem Ablasshandel verglichen wird. „Wir könnten unser Portfolio auch ohne CO2-Zertifikate umstellen, dann allerdings erst ab dem Jahr 2040“, sagt Schenk. „Aber bis 2023 geht das nicht, weil dafür gar nicht ausreichend grüne Stromversorgung in Deutschland vorhanden ist. Da haben wir keine andere Wahl, als die Emissionen zu kompensieren, das ist ein wichtiger, erster Schritt.“
Die Handlungsmaßnahmen auf Bestandsebene sind bei Real I.S. also definiert, doch werden gerade beim Neubau große Mengen Energie verbraucht wie auch CO2 freigesetzt. Doch Schenk zufolge warnt manch ein Architekt selbst vor der eigentlich als zukunftsträchtig und energieschonend geltenden Kreislaufwirtschaft, bei der Baumaterialien wiederverwendet werden sollen. Grund seien die Verbundwerkstoffe, die energieintensiv wieder voneinander getrennt werden müssten.
„Das nachhaltigste Gebäude ist letztendlich das, was 100 Jahre lang genutzt wird“, sagt Schenk. Er ist zuversichtlich, dass es in Zukunft unterschiedliche Lösungen geben wird, wie ein Objekt möglichst lang bewirtschaftet werden kann.
Während derzeit vor allem Nachhaltigkeitszertifikate wie DGNB, LEED oder BREEAM eine große Rolle als Attribut für Nachhaltigkeit spielen, dürfte sich das in Zukunft verändern. Zertifizierungen wie diese reichen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) als Beleg für die Eignung eines Fonds als Artikel 8-Produkt, also ein als nachhaltig oder ökologisch beworbenes Finanzprodukt, nicht aus. Dementsprechend glaubt Schenk, dass die Zertifizierungen in Zukunft noch weitere Aspekte berücksichtigen werden müssen – und noch mehr Daten benötigen.
Doch wie so viele Branchenvertreter sieht auch er ein großes Problem bei der Datenbeschaffung. Aus diesem Grund ist Real I.S. dem ESG Circle of Real Estate (Ecore) beigetreten, einer Brancheninitiative, die einen europäischen Nachhaltigkeitsstandard schaffen und so Nachhaltigkeitsdaten besser vergleichbar machen will.
„Wir haben eine unfassbar große Wertschöpfungskette vom Mieter über den Facility-Manager, Property-Manager, Asset-Manager, Fondsmanager bis hin zum Eigentümer – und von all denen braucht man zunächst die Daten und muss diese IT-technisch abgleichen“, sagt er. Selbst wenn die Umsetzung problemlos funktionieren sollte, brauche man das gleiche Prinzip aber noch für etliche weitere Länder, schließlich seien viele Unternehmen auf der ganzen Welt investiert.
Schenk appelliert an die gesamte Immobilienwirtschaft: Wer sich noch nicht mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigt habe, solle das dringend tun. Mittlerweile gebe es viele Kunden, die nur noch in nachhaltige Fonds investieren wollten. „Der Bewusstseinswandel ist sehr schnell – ein Entwickler, der heute sein Objekt verkaufen will, wird mit Fragen konfrontiert, die in der Planungsphase vor Jahren noch keine Rolle gespielt haben.”
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