Büroimmobilien Mehr Mut zu neuen Arbeitsplatzkonzepten

Nicht alle Tätigkeiten im Finanzsektor können außerhalb des eigenen Büros erledigt werden.
Quelle: dpa
„Ich glaube, dass der Büroflächenbedarf der Finanzbranche im deutschsprachigen Raum mittelfristig bis 2035 um 30 Prozent reduziert wird“, sagte Alexandra Kovacs, Co-Head-Investor beim Immobiliendienstleister CBRE, auf einer Builtworld-Veranstaltung. Mit dieser wagemutigen These bezieht sich Kovacs zwar auf die Finanzbranche, doch angesichts diverser New-Work-, Flex-Office- oder Remote-Working-Prophezeiungen lässt sie sich durchaus auf andere Branchen übertragen. Auch wenn angesichts der Corona-Pandemie die Quadratmeterzahl pro Mitarbeiter derzeit erhöht werde, ergänzt sie, gebe es langfristig noch erhebliches Flächenoptimierungspotenzial.
Wohin die Reise mit den Büroflächen im Finanzsektor geht, sei derzeit immer noch ungewiss. Daher schauen Immobilieneigentümer nun vermehrt auf die Wünsche der Nutzer, wozu die Einbeziehung von New Work oder Flex Offices zählt.
Vor falschen Ansprüchen an neue Arbeitsplatzkonzepte warnt Stephan Sigrist, Gründer und Chef des Thinktanks The Wire: „Es muss einen langfristigen Mehrwert für den Kunden geben. Das Ziel darf nicht sein, eine neue Technologie als Erster zu haben, stattdessen muss man sich an eine Lösung herantasten, die besser funktioniert.“ Das Ziel sei demnach nicht Geschwindigkeit, sondern Qualität.
Sigrist erklärt, dass zur Lösung vieler Fragestellungen physische Treffen von verschiedenen Mitarbeitern und Teams effizienter seien. Generell würde die Begegnung von Mitarbeitern sowohl für die Unternehmenskultur als auch für die Produktivität zuträglich sein. Gleichzeitig müsse Sorge getragen werden, ebenfalls Mitarbeiter mithilfe virtueller und technologischer Lösungen außerhalb des Büros problemlos anzubinden.
Wie Sigrist verweist aber auch Daniel Leone, Head Corporate Real Estate & Services beim Rückversicherer Swiss Re, auf die notwendige Geheimhaltung von Informationen im Finanzsektor, weshalb Coworking-Spaces oder Flex Offices als Arbeitsplätze nur bedingt geeignet seien: „Die Banken werden ihre Sicherheitsaspekte nicht lockern, davor haben sie mit gutem Recht großen Respekt.“ Dennoch gebe es mitunter Arbeiten, die unter geringeren Geheimhaltungsstufen möglich wären und auch bereits in Coworking-Spaces umgesetzt würden.
Leone glaubt nicht nur deshalb, dass die Unternehmenszentrale weiterhin eine wichtige Rolle spielen wird. In prominenter Lage könne man die Sichtbarkeit des Unternehmens steigern und die Erreichbarkeit für Mitarbeiter gewährleisten. Kovacs von CBRE zufolge werden zudem neue Arbeitsplatzkonzepte wie Well Being und New Work zuallererst in der Zentrale umgesetzt.
Sie appelliert an Eigentümer, sich angesichts der derzeitigen Umbrüche auf der Nachfrageseite umzuhören, mutiger zu werden und in neue Arbeitsplatzformen zu investieren. „Ich bin mir sicher, dass sich Markt und Nutzer diese Produkte wünschen, man sich ihrer annehmen muss und sich so abheben kann.“
The-Wire-Chef Sigrist verweist auf tätigkeitsbezogene Räume statt auf fest zugewiesene Arbeitsplätze als neues Arbeitsplatzkonzept. Auch Coworking- und Flex-Office-Anbieter haben sich dieses Konzept jüngst auf die Fahnen geschrieben. Bei Design Offices zum Beispiel nennt sich das „Task beats Location“. Die jeweiligen, vom Mitarbeiter nutzbaren Räumlichkeiten sollen also unterschiedlichen Ansprüchen genügen.
Zusammenarbeit soll demnach in der Zentrale oder im Flex Space stattfinden, „und wer einen stärkeren Fokus braucht und sich zurückziehen möchte, der kann im Homeoffice bleiben“, sagt Nikolaus Nenov, Key Account Manager von Design Offices.
Beim Konkurrenten WeWork macht man sich auch schon Gedanken über die Zeiteinteilung: Zwei Tage in der Zentrale, zwei im Flex Office und einen Tag von zu Hause aus kann sich Zentral- und Nordeuropachef Nikolay Kolev vorstellen.
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