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Bundestagswahl 2021 So wollen die Parteien bezahlbaren Wohnraum schaffen

Alle Parteien sind sich darüber einig, dass es mehr bezahlbaren Wohnraum braucht. Bei der Frage, wie weit der Staat den Markt für Mietwohnungen regulieren soll, scheiden sich die Geister.
  • Katja Bühren
27.08.2021 - 06:15 Uhr Kommentieren
Alle Parteien wollen bezahlbaren Wohnraum schaffen. Bei der Frage nach dem „Wie“ scheiden sich allerdings die Geister. Quelle: dpa
Protest

Alle Parteien wollen bezahlbaren Wohnraum schaffen. Bei der Frage nach dem „Wie“ scheiden sich allerdings die Geister.

Quelle: dpa

Das Thema bezahlbares Wohnen bietet eine klassische Steilvorlage für hitzige Debatten im Bundestagswahlkampf. An der Einführung eines bundesweiten Mietendeckels zum Beispiel scheiden sich die Geister. Und auch grundsätzlich tun sich bei der Frage, wie vor allem Menschen mit mittlerem und geringem Einkommen mit ausreichend bezahlbaren Wohnungen versorgt werden können, zwei Lager auf: Während die einen davon überzeugt sind, dass die Regulierung des Marktes durch den Staat ausreicht oder gar schon zu weit gegangen ist, wollen die anderen die Schrauben weiter anziehen. Welche Ziele die einzelnen Parteien hier vertreten, haben die Bauexperten der Fraktionen im Gespräch mit Handelsblatt Inside Real Estate erklärt.

Jan-Marco Luczak von der CDU sagt, dass das deutsche Mietrecht bereits „einen außerordentlich hohen Schutz von Mietern bietet“. Es gebe „starke soziale Leitplanken“ in Deutschland. Und die Große Koalition habe mit der „verlängerten und verschärften“ Mietpreisbremse, den gedeckelten Modernisierungskosten und den gedämpften ortsüblichen Vergleichsmieten einiges geschafft. Deshalb sei mittlerweile ein Punkt erreicht, so Luczak, „wo wir aufpassen müssen“, nicht zu viel zu regulieren. „Wir dürfen die Schrauben nicht so stark anziehen, dass niemand mehr in den Neubau investiert.“

Ähnlich sehen es die Vertreter von FDP und AfD, die die Mietpreisbremse abschaffen und den Mietendeckel verhindern wollen. Eine weitere Regulierung des Mietwohnungsmarkts hält Udo Hemmelgarn von der AfD für „kontraproduktiv“. Trotz des „stark regulierten Markts ist das Problem nicht gelöst“, argumentiert Daniel Föst, Bauexperte bei den Freien Demokraten, in die gleiche Richtung. Vor allem deshalb, weil „wir immer nur an den Symptomen herumdoktern“. Während die großen Wohnungsunternehmen gut mit den bestehenden Regulierungen zurechtkämen, trügen diese und die damit verbundene zusätzliche Bürokratie dazu bei, Kleinvermieter aus dem Markt zu drängen, ist er überzeugt.

Die „wohl wichtigste Lehre“, die aus dem vom Bundesverfassungsgericht gekippten Mietendeckel zu ziehen sei, ist AfD-Politiker Hemmelgarn zufolge, „dass es keinen Sinn macht, mit staatlicher Regulierung in den Markt einzugreifen, um Knappheit zu bekämpfen“. Im Ergebnis führen solche Schritte „immer zu einer weiteren Verschärfung der Situation“. Während der Markt nach Überzeugung der AfD das Problem in erster Linie alleine löse, habe die Politik die Aufgabe, „hier die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen“.

Anstatt weiter den Markt für Mietwohnungen zu regulieren, sieht die CDU wie die FDP im „schnellen und kostengünstigen Bauen“ die Lösung, betont Luczak. Laut Wahlprogramm will die CDU ihre Wohnraumoffensive fortsetzen und – wie SPD, Grüne und Linke – den sozialen Wohnungsbau weiter fördern, wenn auch mit Unterschieden im Detail. Christdemokraten und FDP wollen zudem unter anderem Abschreibungsmöglichkeiten beim Mietwohnungsbau verlängern und verbessern. Die SPD setzt sich für längere Abschreibungszeiten bei Modernisierungen ein.

Die AfD schreibt in ihrem Wahlprogramm dagegen: „Der bisherige soziale Wohnungsbau ist gescheitert“, da er nur einen Bruchteil der Berechtigten erreiche. Deshalb wolle die Partei Mieter „vermehrt mit Wohngeld unterstützen“. Eine ähnliche Ansicht vertritt die FDP. Sie will „zahlungsschwachen Wohnungssuchenden den Zugang zum freien Wohnungsmarkt mithilfe des Wohngelds erleichtern“. Bleibe das ohne Erfolg, komme laut Wahlprogramm der Bezug einer Sozialwohnung ins Spiel.

Im Lager der Parteien, die eine zusätzliche Regulierung des Wohnungsmarkts befürworten, stehen traditionsgemäß SPD, Grüne und Linke. Wichtig sei es, dadurch „Zeit zu erkaufen“, sagt zum Beispiel Bernhard Daldrup von der SPD. Denn die Mietpreisentwicklung laufe der allgemeinen Preisentwicklung davon.

Die Mietpreisbremse wollen alle drei Parteien entfristen und Schlupflöcher schließen, den Mietspiegel bundesweit nach einheitlichen und rechtssicheren Kriterien ausgestalten. Bei der Aufstellung will die SPD laut Programm „mindestens die vertraglich vereinbarten Mieten der vergangenen acht Jahre“ heranziehen. Die Grünen gehen hier mit der Forderung, Mieten der vergangenen 20 Jahre zu berücksichtigen, noch weiter.

Nachdem das Bundesverfassungsgericht den Berliner Mietendeckel Anfang des Jahres gekippt hatte, weil es das Land Berlin nicht für zuständig hielt, ist für die drei Parteien die bundesweite Variante längst nicht vom Tisch. Allerdings fällt der Begriff Mietendeckel in ihren Programmen zum Teil nicht mehr explizit und sie wollen unterschiedliche Rahmenbedingungen festlegen.

So spricht die SPD in ihrem Wahlprogramm von einem Mietenmoratorium, das sie in angespannten Wohnlagen einführen will. Es soll ermöglichen, dass Mieten für eine bestimmte Zeit nur im Rahmen der Inflationsrate erhöht werden dürfen. Das könne „auslaufen, wenn sich die Lage entspannt“, sagt Daldrup. „Dass eine solche Entspannung kommt, davon bin ich überzeugt.“

Die Grünen sprechen lieber von Mietobergrenzen. Sie wollen „im Rahmen eines Gesamtkonzepts in einem Bundesgesetz gewährleisten, dass Mietobergrenzen im Bestand ermöglicht werden“, sagt Daniela Wagner, Baufachfrau bei den Grünen. Die sollen regional gelten: Dort, wo es an Wohnraum mangelt, sollen sie dafür sorgen, dass die Miete innerhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete nicht stärker als 2,5 Prozent im Jahr steigen kann, erklärt Wagner. Abgeschafft werden sollen dagegen „unnötige Ausnahmen wie beispielsweise beim möblierten Wohnen“.

Die Linke fordert nach den Worten von Bau- und Wohnungsmarktexpertin Caren Lay „einen bundesweiten Mietendeckel, der es Kommunen ermöglicht, lokale Mietobergrenzen festzulegen, auf die überhöhte Mieten auch abgesenkt werden können“. Bereits seit Langem fordere ihre Partei „ein Moratorium für Mieterhöhungen und unterstützt die Kampagne für einen sechsjährigen Mietenstopp“. Über diese Sofortmaßnahme hinaus müsse zudem das Mietrecht „grundlegend umgestaltet werden, um die anhaltende und sich verschärfende Mietenkrise zu lösen“. Abgesehen von einer verschärften Mietpreisbremse sollen zum Beispiel Lücken im Kündigungsschutz bei Eigenbedarf und bei Mietrückständen beseitigt werden.

Mehr oder weniger regulieren, Mietendeckel ja oder nein, Mietpreisbremse verschärfen oder abschaffen – allein diese Themen zeigen, wie weit die Parteien zum Teil mit ihren Ansichten auseinanderliegen. Je nachdem, welche Koalitionsmöglichkeiten sich nach der Bundestagswahl ergeben, dürften die Gespräche dazu spannend werden.

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