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Energetische Sanierung Neues Fördersystem lässt Nachfrage explodieren

Seit der Neuaufstellung der Bundesförderung zur energetischen Sanierung schnellt die Nachfrage in die Höhe. Berater fürchten, dass bald Hürden eingebaut werden könnten.
10.08.2021 - 06:15 Uhr Kommentieren
Das Interesse der Bauherren an Förderprogrammen für die energetische Gebäudesanierung ist deutlich gestiegen.Quelle: dpa
Sanierung

Das Interesse der Bauherren an Förderprogrammen für die energetische Gebäudesanierung ist deutlich gestiegen.

Quelle: dpa

Von einem nie dagewesenen „Eldorado an Fördermöglichkeiten und -mitteln“ für die energetische Gebäudesanierung spricht der Vorstandsvorsitzende von REM Capital, Jan Bewarder. Die Hypoport-Tochter hat sich auf die Fördermittelberatung und -beschaffung spezialisiert. „Neben der Höhe ist die entscheidende Innovation, dass eine Förderung nicht mehr an Darlehen gebunden ist, sondern Maßnahmen direkt über Zuschüsse unterstützt werden.“

Zahlen vom zuständigen Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) untermauern diese Einschätzung: Demnach haben Bauherren im ersten Halbjahr 2021 mehr als 2,7 Milliarden Euro für die energetische Gebäudesanierung bewilligt bekommen. Etwa 610 Millionen Euro sind geflossen – mehr als im gesamten vergangenen Jahr. Die Zahl der eingereichten Anträge für die Bundesförderung für effiziente Gebäude habe die Marke von 180.000 überschritten, hieß es Anfang August.

Zur Erinnerung: Die Bundesregierung hat die bisherigen Förderprogramme mit der „Bundesförderung für energieeffiziente Gebäude“ (BEG) neu und einfacher strukturiert, um die Sanierungen im Gebäudebereich anzuschieben. Schließlich sollen die Emissionen hier von 118 Millionen Tonnen CO2 im Jahr 2020 auf 67 Millionen Tonnen CO2 bis 2030 sinken. Energetische Maßnahmen können bis zu 50 Prozent gefördert werden, wahlweise mit Zuschüssen oder mit Krediten. Die Programme gelten zum einen für die Sanierung und den Neubau von Wohngebäuden, zum anderen für Nichtwohngebäude. Das Volumen sei gigantisch, sagt Bewarder. REM Capital habe allein seit dem Start der BEG bei der KfW Anfang Juli an die 100 Millionen Euro an Zuschüssen für seine Kunden akquirieren können. Bei geschickter Kombination könne manches Projekt mehr als zur Hälfte bezuschusst werden.

Bei diesen Möglichkeiten treten andere Programme auf Landes- oder kommunaler Ebene in den Hintergrund. Zum einen sei es schwer, unter geschätzt mehreren Hundert Fördertöpfen den Überblick zu behalten, heißt es dazu von Leopold Anklam, Chef des technologiebasierten Beratungsunternehmens DeepGreen Funding. Zumal sich die Programme je nach Land auch im Antragsverfahren deutlich unterscheiden würden. „Teilweise läuft das sehr bürokratisch ab.“ Zum anderen seien die Länderprogramme weniger gut bestückt.

Bewarder und sein Team aus 80 Mitarbeitern arbeiten sich grundsätzlich von der Bundes- auf die Länderebene vor. Häufig seien die Ländertöpfe an Maßnahmen zur Strukturförderung gebunden, sagt Bewarder – also etwa, dass für eine bestimmte Zeit neue Arbeitsplätze geschaffen und gesichert werden. Gehe es um Immobilien, bewege man sich folglich eher im gewerblichen denn im Wohnbereich. Jedes Land setze zudem seine eigenen, regionalspezifischen Schwerpunkte, wie beispielsweise der Umgang mit dem Strukturwandel.

„Gut aufgestellt sind vor allem die Bundesländer im Westen und Süden, die eine Vielzahl an Fördermöglichkeiten bereitstellen“, sagt Anklam. In Nordrhein-Westfalen habe man zum Beispiel die Erfahrung gemacht, dass vielfältige Fördermöglichkeiten auf echtes Interesse in den Behörden stoßen, etwas auf die Beine zu stellen. Kommunale Programme wiederum bezögen sich oft auf lokal stark eingegrenzte Herausforderungen; so gebe es in München Mittel zum Lärmschutz am stark befahrenen Mittleren Ring.

Anklam empfiehlt ein strukturiertes Vorgehen rechtzeitig vor Beginn eines Vorhabens. „Manche Programme gehen in Vorleistung, andere zahlen erst nach Ende der Baumaßnahme aus.“ Mit einem Gesamtkonzept erhalte man immer mal zwischendurch eine Finanzspritze. DeepGreen Funding hat eine interne Software entwickelt, um den Überblick über Förderprogramme zu behalten, die perspektivisch auch Kunden zur Verfügung gestellt werden soll. „Wir haben täglich mit Bauherren zu tun, die sich verloren im Dschungel der Förderlandschaft fühlen und gleichzeitig fasziniert sind, wie groß der Umfang an Möglichkeiten zur Förderung ist.“

REM-Capital-Chef Bewarder bewertet die Situation differenzierter: Bei Neubauten sei das Vorgehen durchaus handhabbar, für den Bestand werde es komplex. Er empfiehlt, sich vor allem beim ersten Antrag Zeit zu nehmen: „Der Antrag muss so gut vorbereitet sein, dass er durchrutscht. Was einmal abgelehnt ist, hat es schwer.“

Sowohl er als auch Anklam sind gespannt, wie es mit der Bundesförderung nun weitergeht. Noch lobt sich die Bundesregierung für ihr Engagement. „Die hohe Nachfrage bestätigt, dass wir hier auf dem richtigen Weg sind“, ließ sich Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) unlängst zitieren. Er prognostizierte eine Summe von etwa fünf Milliarden Euro, die in diesem Jahr für die energetische Gebäudesanierung bewilligt werden würden. Und Torsten Safarik, Präsident des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, sieht in jedem erfolgreichen Antrag „einen Beitrag zur Energiewende und dem Klimaschutz“.

Bewarder fürchtet indes, dass angesichts der Nachfrage bald Hürden eingebaut werden könnten – etwa was die Größe des Projekts oder gewisse zu erzielende Standards betreffe. „Unsere Erfahrung aus zwölf Jahren Förderberatung zeigt: So ungehemmt wird das Geld nicht immer fließen.“

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