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Expertenbefragung Deutsche Standorte und Marktakteure punkten in der Krise

Die aktuelle Krise treibt Investoren in vermeintlich sichere Märkte und Anlagen. Beides verorten sie laut einer Studie von PwC und ULI in Deutschland.
27.11.2020 - 10:54 Uhr Kommentieren
Berlin liegt in der Gunst europäischer Immobilieninvestoren ganz weit vorn.
Berlin

Berlin liegt in der Gunst europäischer Immobilieninvestoren ganz weit vorn.

• Immobilienunternehmen rechnen mit schlechterer Performance im kommenden Jahr
• Bei Büroimmobilien stehen die Zeichen auf Sturm
Deutschland bildet bei ESG-Themen die europäische Speerspitze


Die Corona-Pandemie hinterlässt deutliche Spuren bei europäischen Immobilienunternehmen. Fast jedes zweite von PwC und dem Urban Land Institute (ULI) befragte Unternehmen (44 Prozent) rechnet 2021 mit einer geringeren Profitabilität als in diesem Jahr. Von einer Verbesserung geht nur jedes Fünfte aus. Der Rest erwartet hinsichtlich der Profitabilität keine Veränderungen.

An der Befragung, die PwC und ULI jährlich vornehmen und in ihre Studie „Emerging Trends in Real Estate Europe“ einfließen lassen, haben in diesem Jahr von Juni bis September 995 Immobilienexperten teilgenommen, davon 148 aus Deutschland.

Insbesondere bei institutionellen Investoren beziehungsweise Eigenkapitalinvestoren überwiegen demnach die negativen Ertragsaussichten. Bei Bauträgern und Banken hingegen gleichen sich die positiven und negativen Erwartungen diesbezüglich aus. Ein Viertel der Marktteilnehmer gab an, im kommenden Jahr das Personal reduzieren zu wollen, auf der anderen Seite planen aber mit 22 Prozent fast genauso viele Aufstockungen.

Nach Ansicht der Studienautoren befindet sich der europäische Immobilienmarkt an einem Wendepunkt. „Die Immobilienbranche steht vor einer herausfordernden Periode mit einer möglicherweise unmittelbar bevorstehenden Rezession kombiniert mit einer Reihe struktureller Herausforderungen auf mittelfristige Sicht“, sagt Angus Johnston, Real Estate Leader bei PwC UK. Beides werde wahrscheinlich zu Änderungen bei der Nutzung und der Bewertung des Immobilienbestands führen.

Investoren gingen infolge der Unsicherheiten über künftige Mieterträge dazu über, die Assetklassen-Gewichtung anzupassen. Davon betroffen seien im besonderen Maße Einzelhandelsimmobilien und Büroimmobilien. Speziell bei Büroimmobilien herrsche eine abwartende Haltung. Auf der Suche nach stabilen und nachhaltigen Cashflows rückten dagegen Rechenzentren, Logistikimmobilien, Labore und Forschungsgebäude (Life Science), Energie-/Infrastruktureinrichtungen sowie Gesundheitsimmobilien und der Wohnimmobiliensektor ins Rampenlicht.

Sinkende Nachfrage nach Büros

Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt der Branchenverband RICS in seinem quartalsweise erhobenen Global Commercial Property Monitor. Die Covid-19-Pandemie habe eine Phase tief greifender Veränderungen im Bürosegment eingeläutet. Nach den Worten von Susanne Eickermann-Riepe, Vorstandsvorsitzende von RICS Deutschland, stehen „die Zeichen auf dem europäischen Büroimmobilienmarkt auf Sturm“.

Die Mehrzahl der Büromieter ginge mittlerweile von einem Nachfragerückgang aus. Den Einschätzungen zum Büroimmobilienmarkt zufolge könne man ihn derzeit „nur als im Sinkflug bezeichnen“, sagt Eickermann-Riepe. Logistik- und Industrieimmobilien sowie Rechenzentren seien die einzigen Immobiliensektoren in Europa mit positiven Ertragsaussichten.

Vom ausgeprägten Sicherheitsgedanken unter Investoren profitiert nach Ansicht von Thomas Veith, Leiter Real Estate von PwC Germany, insbesondere der deutsche Immobilienmarkt. „Deutschland sticht im Vergleich zu anderen europäischen Nachbarländern heraus.“ Das betreffe sowohl die gesamtwirtschaftliche Situation als auch den „extrem guten Umgang mit der Pandemie“. Der hiesige Immobilienmarkt werde von den Investoren weiterhin als stabiler Anker wahrgenommen und ziehe sie deshalb an.

Das zeigt sich eindrucksvoll am Ranking der attraktivsten europäischen Städte. Ganz oben auf der 31 Einträge umfassenden Liste steht Berlin, gefolgt von London und Paris. Mit Frankfurt (Platz vier), Hamburg (Platz sechs) und München (Platz sieben) haben es drei weitere deutsche Städte in die Top Ten geschafft. „Im europäischen Vergleich sind die Mieten in Deutschland, insbesondere in Berlin, immer noch sehr niedrig“, nennt Veith ein Beispiel für die Attraktivität deutscher Metropolen.

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Ganz weit vorn befindet sich Deutschland auch beim „Top-Trendthema“ ESG, also bei den Nachhaltigkeitskriterien Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung.

Veith nimmt hier insbesondere deutsche Immobilienfonds und Asset-Manager wahr, die bei ihren Prozessen und Investitionsentscheidungen den ESG-Kriterien eine höhere Priorität zuschreiben. „Das ist zwar auch in allen anderen europäischen Ländern ein Thema, aber von den Ambitionen und der Umsetzung her ist Deutschland hier gefühlt die Speerspitze.“

Nach Beobachtung von Christiane Conrads, Head of German Real Estate Desk London von PwC Legal, werden in Deutschland vor allem die sozialen Aspekte, also der Buchstabe „S“, stärker gewichtet. „Die Studie zeigt, dass sich die Immobilienwirtschaft der Verantwortung gegenüber künftigen Generationen bewusst wird. Das führt dazu, dass Investitionen in soziale Infrastruktur und bezahlbaren Wohnraum an Bedeutung gewinnen.“

Einige Marktteilnehmer würden bereits konkrete Anforderungen in Transaktionen berücksichtigen: sowohl bei Käufen als auch bei Mietverträgen. „Das betrifft alle drei Buchstaben von ESG.“

Insgesamt zeigt sich Veith über den „hohen Veränderungsdruck“ in der Branche überrascht. Die Immobilienwirtschaft neige normalerweise dazu, Dinge auszusitzen. Infolge der Corona-Pandemie spürten die Unternehmen jedoch die Notwendigkeit, sich über ihre Nutzungskonzepte „massiv Gedanken machen zu müssen“.

Kapital sei ausreichend vorhanden, die Frage, mit der sich viele beschäftigen, sei aber, wo der nachhaltige Cashflow herkomme. „Diesen Veränderungsdruck, auch im Kontext mit ESG, hätte ich in dieser Wucht nicht erwartet.“

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