Mietrecht Vermietern drohen hohe Rückzahlungsforderungen
Frankfurt Stellen die in der Pandemie staatlich angeordneten Beschränkungen oder Schließungen von Betrieben eine Störung der Geschäftsgrundlage dar oder liegt gar ein Mangel des Objekts vor? Mit der Frage beschäftigen sich gerade viele Gerichte – und kommen mittlerweile zu unterschiedlichen Ansichten.
Die daraus entstandene Rechtsunsicherheit könnte für die Vermieter zum Problem werden. Viele Mieter hätten in den letzten Monaten ihre Miete unter Vorbehalt bezahlt. Bis es hierzu eine höchstrichterliche Rechtsprechung gibt, werde es noch einige Zeit dauern, sagt Katharina von Hermanni, Immobilienrechtsexpertin bei der Kanzlei Pinsent Masons.
„Sollte der BGH die Mangeleigenschaft bejahen, besteht das Risiko, dass unter Vorbehalt bereits geleistete Mieten zurückbezahlt werden müssen. Der damit verbundene Dominoeffekt kann nicht abgeschätzt werden.“ Schließlich müssten aus dem laufenden Cashflow unter anderem auch Zahlungsverpflichtungen gegenüber den finanzierenden Banken bestritten werden.
Besonders problematisch werde es, wenn auf Vermieterseite keine privaten Anleger stehen, sondern beispielsweise Immobilienfonds oder professionelle Investoren. Fondsgesellschaften hätten aufgrund ihrer Vermögensbetreuungspflicht teilweise gar kein oder nur einen sehr eingeschränkten Spielraum, auf Mietzinsansprüche zu verzichten. „Sie verwalten Geld eines Dritten und nicht selten mittelbar die Renten von uns allen“, betont von Hermanni.
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An der misslichen Lage würde auch die von Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) geplante Gesetzesänderung grundsätzlich nichts ändern, glaubt von Hermanni. Lambrecht kündigte eine Änderung des Mietrechts an, wonach eine aus Gründen des Infektionsschutzes staatlich angeordnete Schließung regelmäßig eine Störung der Geschäftsgrundlage darstelle.
„Die Störung der Geschäftsgrundlage setzt immer zwingend eine Beurteilung im Einzelfall voraus. Der Begriff ,regelmäßig‘ deutet darauf hin , dass hier möglicherweise eine eher vage Formulierung geplant ist, die Ausnahmen zulässt und erneut zur Rechtsunsicherheit führen wird“, erläutert Sibylle Schumacher, Prozessanwältin bei der Kanzlei Pinsent Masons. Sie empfiehlt Mietern und Vermietern daher, weiter auf den Dialog zu setzen, um verbindliche und rechtssichere Regelungen zu treffen.
In die gleiche Kerbe schlägt der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA). „Bilaterale Vertragsanpassungen können die Vertragsparteien besser selbst als durch rechtliche Anordnung aushandeln. Das haben die Beteiligten in den letzten Monaten bereits bewiesen“, sagt ZIA-Präsident Andreas Mattner.
Ganz anders sieht das Mieterbund-Präsident Lukas Siebenkotten. Er begrüße das Vorhaben der Justizministerin, gesetzlich klarzustellen, dass eine staatlich verordnete Schließung von Geschäftsräumen eine Mietanpassung zur Folge haben kann. „Denn nur so sind auch die Gewerbemieter effektiv geschützt, die nicht mit dem Entgegenkommen ihrer Vermieter rechnen können.“
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