Arbeitsrecht Muss ich bei der Arbeit meinen Impfstatus preisgeben?

Einige Arbeitgeber dürfen ihre Beschäftigten künftig fragen, ob sie geimpft sind.
Düsseldorf In der Diskussion um die Abfrage nach dem Impfstatus gibt es rechtliche Neuerungen. Die Regierung hat sich darauf geeinigt, dass Arbeitgeber in Schulen, Kitas und Senioreneinrichtungen Beschäftigte fragen können, ob sie geimpft sind. Das sieht ein Entwurf des künftigen Infektionsschutzgesetzes vor.
Die Möglichkeit soll nur während der festgestellten epidemischen Lage von nationaler Tragweite gelten, die der Bundestag vergangene Woche für weitere drei Monate verlängert hatte. Bisher können Beschäftigte nur in Krankenhäusern gefragt werden, ob sie geimpft sind.
Der Bundestag will sich wohl nächsten Dienstag mit einer Änderung des Infektionsschutzgesetzes befassen. Die Folgen für Beschäftigte wären weitreichend: In Schulen, Kitas und Senioreneinrichtungen kann der Impfstatus künftig etwa ausschlaggebend für eine Neueinstellung sein.
Und: Wer sich zum Beispiel als Intensivmediziner nicht impfen lassen möchte, muss dann eine Versetzung in einen Bereich akzeptieren, in dem er weniger Patientenkontakt hat, sagen Juristen.
Die Regierung begründet das Vorhaben damit, dass in den betroffenen Einrichtungen „besonders vulnerable Personengruppen betreut werden oder untergebracht sind“. Sören Langner, Arbeitsrechtler bei der Wirtschaftskanzlei CMS, sagt zur neuen „Impfabfrage light“: „Der Anwendungsbereich ist eng.“ Die Abfrage sei nur erlaubt, wenn sie der „Abwendung von Infektionsrisiken“ diene.
Für Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) ist das ein „erster wichtiger Schritt“. Dennoch seien „weitere Schritte notwendig und erforderlich.“ Eine generelle Möglichkeit zur Impfstatusabfrage, etwa um das Arbeiten im Großraumbüro zu ermöglichen, wird es vorerst allerdings nicht geben.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte sich am Montag in der ARD dafür ausgesprochen, in allen Branchen zumindest eine befristete Abfrage des Impfstatus ihrer Beschäftigten zu ermöglichen. Das löste bundesweit eine Debatte aus.
Beschäftigte können zurück ins Büro beordert werden
Streit hatte auch ein Grafiker mit seinem Arbeitgeber. Dieser arbeitete monatelang im Homeoffice – bis ihn sein Chef wieder zurück an Arbeitsplatz beorderte. Der Arbeitnehmer klagte dagegen und wollte erreichen, dass seine Heimarbeit nur in Ausnahmefällen unterbrochen werden darf.
Das Landesarbeitsgericht München wies die Klage diese Woche zurück. Begründung: Die Gefahr, sich auf dem Weg zur Arbeit mit Covid-19 anzustecken und das allgemeine Infektionsrisiko am Arbeitsort erlaube nicht, präventiv zu Hause zu bleiben.
Dieses Rechtsverständnis hat auch der Düsseldorfer Arbeitsrechtler Tobias Brors von der Kanzlei Pusch Wahlig Workplace Law: „Durch das Weisungsrecht kann der Arbeitgeber einseitig anordnen, an welchem Ort der Beschäftigte seine Arbeit erbringen muss – sofern die pandemische Lage es zulässt.“

Beschäftigte könnten nicht einfach so von daheim arbeiten.
Ausnahmen von diesem Grundsatz gebe es nur, wenn Beschäftigte in ihrem Arbeitsvertrag individuelle Vereinbarungen getroffen haben oder die Betriebsvereinbarung mobile Arbeit ermöglicht. Wer sich dennoch weigert, zur Arbeit zu kommen, dem drohen eine Abmahnung oder gar die Kündigung, weil es hierzulande bisher kein Recht auf Homeoffice gibt.
Der klagende Grafiker hatte keine spezielle Homeoffice-Vereinbarung in seinem Arbeitsvertrag. Zudem hatte sein Arbeitgeber eine gute Begründung, den Beschäftigten zurück in die Firma zu holen. So sei die technische Ausstattung im Homeoffice nicht so gut wie die am Bürostandort gewesen. Außerdem arbeitet die Ehefrau des Klägers für ein Konkurrenzunternehmen; der Kläger konnte nach Ansicht der Richter nicht deutlich machen, ob er vertrauliche Firmendaten vor ihr schützen könne.
Arbeitgeber müssen Schutzmaßnahmen treffen – und Tests anbieten
Unternehmen müssen allerdings dafür sorgen, dass Mitarbeiter einem möglichst geringen Infektionsrisiko ausgesetzt sind. Am Mittwoch hat das Bundeskabinett eine Neufassung der Corona-Arbeitsschutzverordnung beschlossen. Demnach müssen Arbeitgeber ihren Beschäftigten auch weiterhin zweimal wöchentlich einen kostenlosen Corona-Test anbieten, auch wenn die kostenlosen Bürgertests ab dem 11. Oktober eingestellt werden.
Falls Betriebe nicht in der Lage sind, gesetzlich vorgeschriebene Hygieneregeln umzusetzen, müssen Beschäftigte rein rechtlich gesehen nicht ins Büro kommen, sagt Jurist Brors. Er rät in der Praxis aber zu einem klärenden Gespräch mit dem Chef, um die Arbeitsatmosphäre nicht zu vergiften.
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