Car-Sharing statt Dienstwagen Teile und fahre

Banker fahren nach wie vor die teuersten Dienstwagen.
Düsseldorf Praktischer Kombi oder edle Limousine, robuste Stoff- oder feine Lederausstattung, portables Navigationsgerät oder fest installierter Bordcomputer? Es sind diese Nuancen eines Dienstwagens, die schon von weitem signalisierten: „Achtung, hier fährt ein Entscheider vor.“ Ob Audi, Mercedes, BMW oder Porsche – lange galt im Business die Faustregel: Je teurer das Fahrzeugmodell, umso höher der Rang des Besitzers in der Unternehmenshierarchie.
Doch was, wenn der Manager neuerdings lieber mit dem Rad zur Arbeit kommt oder mit der S-Bahn? Gestiegenes Gesundheits- und Umweltbewusstsein, überfüllte Straßen, längere Pendelstrecken zwischen Wohn- und Arbeitsort — in Zukunft dürfte es Kollegen, Kunden und Geschäftspartnern immer schwerer fallen, den Status eines Beschäftigten oder Besuchers anhand seines Gefährts einschätzen zu können. Zumal gerade junge Berufstätige immer öfter auf das Angebot ihres Arbeitgebers verzichten, einen Dienstwagen gestellt zu bekommen.
„Im Bewerbungsgespräch kommt immer häufiger die Frage auf: ‚Muss ich überhaupt einen Dienstwagen haben?‘“, weiß Gunter Glück vom Flottenmanager LeasePlan aus Gesprächen mit seinen Kunden. Er verwaltet Dienstwagen-Fuhrparks für Unternehmen, vom Mittelständler bis zum Großkonzern. Bundesweit insgesamt rund 100.000 Fahrzeuge. Und auch in der eigenen Firma sei der Wandel bereits angekommen, berichtet Glück: „Wir sind ein sehr autoaffines Unternehmen. Doch inzwischen gibt es auch bei uns den ersten Angestellten, der sich gegen einen Dienstwagen entschieden hat. Das war vor zehn Jahren noch undenkbar.“
Im Zentralen Fahrzeug-Register des Kraftfahrt-Bundesamtes sind aktuell rund 4,6 Millionen Autos als Firmenwagen eingetragen – rund 10 Prozent des Gesamtbestandes aller Autos in Deutschland. Doch der generelle Trend bei Dienstwagen ist laut „Firmenwagenmonitor 2016“ des Beratungsunternehmens Compensation Partner leicht rückläufig. Der Anteil der Dienstwagenfahrer sinkt. Dafür zeigen sich Arbeitgeber für das einzelne Auto großzügiger: Der durchschnittliche Listenpreis ist im Vergleich zum Vorjahr leicht gestiegen, auf aktuell 38.266 Euro. Die beliebteste Marke ist VW, mit einigem Abstand folgen Audi, BMW und Mercedes.
Die teuersten Firmenautos werden nach wie vor von Bankern gefahren. Der durchschnittliche Listenpreis liegt in der Finanzbranche bei 45.919 Euro. Dafür sind ein 5er BMW oder ein Audi A6 drin. Zum Vergleich: Im Baugewerbe, dem Industriezweig mit der höchsten Verbreitung von Dienstwagen, liegt der durchschnittliche Listenpreis bei 33.303 Euro. Das reicht gerade mal für die mobile Mittelklasse à la Opel Insignia-Kombi.
Die meisten Dienstwagen-Besitzer sind männlich. Laut Compensation Partner fährt knapp die Hälfte aller männlichen Führungskräfte ein vom Arbeitgeber spendiertes Auto. Von ihren Kolleginnen nutzt gerade mal gut ein Viertel einen Firmenwagen. Die Nachfrage nach Alternativen zum eigenen Auto steigt seit Jahren. Besonders beliebt ist es offenbar, einen Pkw zu teilen. Laut Bundesverband Car-Sharing waren zum ersten Januar 2016 mehr als 1,2 Millionen Kunden bei den deutschlandweit rund 150 Mitgliedsunternehmen des Verbandes registriert.
Vor vier Jahren waren es erst 262 000 Kunden – damit haben sich die Nutzerzahlen innerhalb weniger Jahre mehr als verdreißigfacht. Carsharing-Anbieter wie Drive Now von BMW und Car2Go von Daimler haben speziell das Potenzial von Firmenkunden längst erkannt. Bei Drive Now machen Firmenkunden bereits ein Viertel aller Fahrten aus. „Viele ersetzen damit ihren Fuhrpark teilweise oder ganz“, erklärt eine Unternehmenssprecherin. Auch der Konkurrent Car2Go habe rund 10.000 Unternehmenskunden, bereits jede zehnte Fahrt werde über einen Firmen-Account abgewickelt, sagt eine Sprecherin. Hat der Dienstwagen also ausgedient? Ersetzt das Teil-Auto tatsächlich bald das einstige Statussymbol?
Mobilitätsmix gefragt
Ganz so weit ist es noch nicht, sagt Thomas Fritz, Personalchef der Unternehmensberatung McKinsey. „Wir erleben einen bunten Mix: Der Dienstwagen ist nach wie vor beliebt, daneben greifen die Kollegen zunehmend zur Bahncard, dem Dienstfahrrad und zu Carsharing-Budgets.“ Heißt konkret: Die McKinsey-Berater können seit einigen Monaten wählen, ob sie einen Dienstwagen zur privaten Nutzung möchten, oder ein Carsharing-Budget über 2.000 Euro jährlich, eine Bahncard 100 oder auch ein Firmenfahrrad im Wert von bis zu 4.000 Euro. Fritz beobachtet eine interessante Entwicklung: „Viele jüngere Kollegen beginnen mit den alternativen Modellen, wechseln dann aber zum Auto, sobald Familienzuwachs da ist.“
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.