Corona-Beschlüsse Schnelltests und Homeoffice: Was Firmen und Beschäftigte jetzt wissen müssen

Auch die Unternehmen müssen „als gesamtgesellschaftlichen Beitrag“, wie es in dem Beschluss heißt, ihren Präsenzbeschäftigten pro Woche „das Angebot von mindestens einem kostenlosen Schnelltest machen“.
Düsseldorf, Berlin Ursprünglich wollte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) schon früher für umfangreiche Coronatests in Büros und Werkhallen sorgen. Sein im Januar bekannt gewordener erster Entwurf für die Verschärfung der Corona-Arbeitsschutzverordnung sah noch vor, dass Beschäftigte in Betrieben mit mehr als 50 Mitarbeitern einmal wöchentlich einem Antigen-Schnelltest unterzogen werden sollen.
Auch auf Druck der Wirtschaft verschwand die Passage wieder aus der Ende Januar in Kraft getretenen Arbeitsschutzverordnung, die vor allem die Homeoffice-Pflicht regelt. Am Mittwoch haben die Regierungschefs von Bund und Ländern nun doch entschieden, die Wirtschaft in die Pflicht zu nehmen.
Die Unternehmen sollen „als gesamtgesellschaftlichen Beitrag“ ihren Beschäftigten, die weiter regelmäßig zur Arbeitsstätte kommen, pro Woche „das Angebot von mindestens einem kostenlosen Schnelltest machen“. So steht es in dem Beschlusspapier, das nach den Gesprächen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Ministerpräsidenten veröffentlicht wurde. Details wollen die Sozialpartner am Freitagnachmittag noch mit der Kanzlerin besprechen.

Was bedeutet der Beschluss für Unternehmen und Mitarbeiter? Können Beschäftigte zu einem Test verpflichtet werden? Und wer bezahlt die Tests? Das Handelsblatt gibt Antworten auf wichtige Fragen.
1. Testpflicht für Unternehmen – oder Aufforderung zum Testen?
Das ist aus dem Beschluss nicht ganz klar herauszulesen. Für den Viersener Arbeitsrechtler Sebastian Schröder „klingt die Formulierung ‚ein Angebot machen‘ wie eine Empfehlung an die Unternehmen“. Tatsächlich war im ersten Entwurf der Ministerpräsidentenkonferenz noch davon die Rede, dass Unternehmen zum Testen „verpflichtet werden“.
Zunächst war auch verbindlich vorgeschrieben, dass Betriebe eine Bescheinigung über das Testergebnis ausstellen. In der Schlussfassung findet sich nun nur noch die Formulierung „soweit möglich“. Das lässt sich als Zugeständnis an die Wirtschaft werten, um nicht zu viel Bürokratie aufzubauen.
Ob die neuen Regelungen für alle Unternehmen oder nur für Betriebe ab einer gewissen Beschäftigtenzahl gelten, ist unklar. Heils ursprünglicher Entwurf sah sie für Unternehmen vor, in denen regelmäßig mehr als 50 Beschäftigte anwesend sind – und auch nur dann, wenn etwa die Regeln zum Mindestabstand nicht eingehalten werden können oder Beschäftigte regelmäßig mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit kämen. Außerdem sollte die Regelung nur in Hotspots mit einer Inzidenz von 200 zum Tragen kommen.
Die „spontane Aufforderung“ an die Arbeitgeber, auch bei den Tests behilflich zu sein, „werden wir im Rahmen unserer Möglichkeiten aufgreifen“, sagt der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Rainer Dulger. Es müsse aber klar sein, „dass die Unternehmen diese Herausforderung nur ohne bürokratische Lasten erfüllen können“.
Nicht nur für den Präsidenten des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm, sind „entscheidende Fragen noch offen“. Wie andere Verbandsvertreter fordert er die Bundesregierung auf, diese zügig zu klären, „damit die Wirtschaft weiterhin den erforderlichen und jetzt auch politisch gewünschten Beitrag zur systematischen Pandemieeindämmung leisten kann“.
Der Hauptgeschäftsführer des Chemie-Arbeitgeberverbands BAVC, Klaus-Peter-Stiller, lehnte eine Testpflicht ab: „Unsere Branche hat in den vergangenen zwölf Monaten so viel und so gut in den Infektionsschutz investiert, wir halten alle Arbeitsschutzregeln ein, sodass eine Testpflicht in der Industrie keine Fortschritte bringt.“
Die Umsetzung der Maßnahme führe zu maximalem organisatorischem Aufwand bei minimalen Effekten für den Gesundheitsschutz. „Auf freiwilliger Basis sind mehr Tests mancherorts sinnvoll, eine Testpflicht für alle Unternehmen aber ist kontraproduktiv“, betonte Stiller.
2. Was droht Mitarbeitern, wenn sie einen Test verweigern?
„Arbeitgeber können von ihren Beschäftigten zumindest einen Test verlangen, wenn diese Symptome einer Corona-Infektion zeigen oder etwa aus einem Risikogebiet zurückgekehrt sind“, sagt Jurist Schröder, Inhaber der Kanzlei Emplaw. Wenn sich Beschäftigte in einem solchen Fall weigerten, den Test durchzuführen, könnten sie vom Betriebsgelände verwiesen werden und hätten auch keinen Anspruch auf ihre Lohnzahlung für diesen Arbeitstag.
Ohne konkreten Anlass wie eben Symptome könnten Betriebe ihre Mitarbeiter allerdings nicht ohne Weiteres dazu verpflichten, sich testen zu lassen, sagt Schröder. „Das wäre ein unzulässiger Eingriff in die körperliche Unversehrtheit und in das Persönlichkeitsrecht der Mitarbeiter.“ Eine Ausnahme gilt, wenn Schutzmaßnahmen wie Abstandhalten nicht eingehalten werden könnten. Dann könnten Arbeitgeber von ihren Beschäftigten verlangen, dass sie sich testen lassen.
Ob Mitarbeiter von geschultem Personal getestet werden müssen oder sich auch selbst testen können, ist dem Beschluss nicht zu entnehmen. Reinhold von Eben-Worlée, Präsident des Familienunternehmerverbands, geht aber davon aus, dass Selbsttests, etwa zu Beginn des Arbeitstages, ausreichend sind.
3. Müssen Unternehmen die Coronatests bezahlen?
Auch das steht nicht in dem Beschluss. Wirtschaftsvertreter von Eben-Worlée rechnet damit, dass Unternehmen selbst für die Kosten aufkommen müssen. Auch ersten Entwürfen war eine solche Formulierung zu entnehmen.
Nach der Arbeitsschutzverordnung können Betriebe durchaus dazu gezwungen werden, solche Kosten zu übernehmen. Unternehmen sind schon jetzt dazu verpflichtet, ihren Beschäftigten etwa Schutzmasken zur Verfügung zu stellen.
Informationen zu möglichen Kosten gibt der ursprüngliche Entwurf für die Verschärfung der Arbeitsschutzverordnung: Darin veranschlagte das Arbeitsministerium für die Planung und Vorbereitung der Schnelltests einmalig Lohnkosten von knapp 2700 Euro je Standort. Pro Test komme ein Personalaufwand in Höhe von 2,32 Euro hinzu – neben den anteiligen Lohnkosten des Beschäftigten, der etwa 20 Minuten warten muss, bis das Ergebnis vorliegt.
4. Was wurde zum Thema Homeoffice beschlossen?
Unternehmen in Deutschland sind weiterhin dazu verpflichtet, ihren Beschäftigten das Arbeiten im Homeoffice zu ermöglichen, sofern es die Tätigkeiten zulassen und keine dringenden betriebsbedingten Gründe dagegen sprechen. Die entsprechende Verordnung des Bundesarbeitsministeriums wird bis Ende April verlängert.
Weiterhin gilt: „Betriebe können den Wunsch der Beschäftigten nach Homeoffice kaum noch wirksam ablehnen“, sagt Schröder. So ist auch eine Einarbeitung kein Grund, Mitarbeiter in den Betrieb zu holen.
Wer aber unbedingt ins Büro kommen will, der wird durch die Verordnung nicht daran gehindert. Betriebe können ihre Beschäftigten nicht zur Arbeit vom heimischen Schreibtisch zwingen, sagen Juristen. Nach einer Untersuchung des Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA) für das Bundesarbeitsministerium arbeitete im Februar rund jeder zweite Arbeitnehmer zumindest zeitweise von zu Hause aus. Andere Forscher wie das Ifo-Institut kommen zu niedrigeren Werten.
Mehr: Dürfen Unternehmen Beschäftigte entlassen, die sich nicht impfen lassen?
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