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Fair verteilt? Wie sich Vergütungsmodelle durch New Work verändern

Immer häufiger sollen Beschäftigte bei Gehaltsfragen mitreden. Doch Experimente zeigen: Die Bewertung von Kolleginnen und Kollegen fällt ihnen schwer – und birgt Konfliktpotential.
31.10.2021 - 09:00 Uhr Kommentieren
In der sich wandelnden Arbeitswelt verändert sich auch die Art und Weise der Gehaltsverhandlung. Quelle: action press
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In der sich wandelnden Arbeitswelt verändert sich auch die Art und Weise der Gehaltsverhandlung.

(Foto: action press)

Düsseldorf Wer es ernst mit New Work meint, merkt rasch, dass übliche Vergütungsmodelle mit ihren Führungszulagen und Einzelkämpfer-Boni auf Jahresbasis nicht mehr recht passen wollen. Denn wem genau ist der Erfolg zuzuschreiben, wenn zum Beispiel ein bereichsübergreifendes Team ein Geschäftsproblem löst oder eine Produktneuheit agil entwickelt? Und wer weiß schon, ob in einem dynamischen Marktumfeld die gesetzten Ziele nicht nach ein paar Wochen oder Monaten passé sind?

Dazu kommt noch, dass unter der Prämisse, dass „mündige Mitarbeiter stets aus eigener Überzeugung das tun, was notwendig ist, um den Unternehmenszweck zu erfüllen, die Rolle eines Einzelnen häufig wechselt“, sagt Jennifer Rolle. Eben noch Entwickler, später Produktdesigner, danach Teamcoach: „In so einem Setting die Gehälter jedes Mal anpassen – das ist nicht praktikabel“, sagt die Expertin von HR Pioneers, die Arbeitgeber zu agilen Organisationsfragen berät.

Und so überrascht es nicht, dass Vergütungsexperte Dirk Sliwka von der Uni Köln beobachtet, dass die Zahl der Unternehmen mit individuellen Bonuszahlungen abnimmt. Die Zahl der Unternehmen dagegen steigt, die mit neuen Gehaltsideen experimentieren.

Ob Einheitslohn oder jeder bestimmt sein Gehalt selbst – vor allem Start-ups und Mittelständler machen sich in Zeiten des Fachkräftemangels Gedanken, wie sie die Talente der neuen Arbeitswelt fair entlohnen. Aber auch Konzerne wie Metro oder die Deutsche Bahn diskutieren für einzelne Bereiche, die bereits agil organisiert sind, über „New Pay“-Modelle.

Stephan Fischer, Professor für Personalmanagement der Hochschule Pforzheim, sagt, dass sich diese Diskussionen vor allem um Gerechtigkeitsfragen drehen, wenn sich Arbeitsanteil und Leistung nicht mehr messen lassen, weil sich Projekte und Produkte im „permanenten Beta-Zustand“ befinden. Die Hauptfrage laute neuerdings: „Ist es fair, wie es zur Verteilung kommt?“ Und nicht mehr: „Ist es fair, wie viel ich verdiene?“ Fischer: „Mitarbeiter wollen mitreden und ihren Beitrag für Kunden und Unternehmensnutzen beziffern.“

Beispiel Bosch zeigt Konfliktpotential

Dazu ist Transparenz erforderlich. Das ergab eine Umfrage des Karrierenetzwerks Xing unter 170.000 Angestellten vor Ausbruch der Coronakrise: Danach fordern acht von zehn Beschäftigten in Deutschland, Österreich und der Schweiz mehr Gehaltstransparenz in ihren Unternehmen. Gut 70 Prozent könnten sich sogar vorstellen, die Höhe des eigenen Lohns selbst zu bestimmen. Und jeder zweite würde gern bei der Vergütung der direkten Kolleginnen und Kollegen sowie der Vorgesetzten mitreden.

Genau hier liegt aber eine der größten Schwierigkeiten, wie das Beispiel des Elektrokonzerns Bosch zeigt: Eine 18-köpfige Gruppe aus dem Personalwesen stieg auf Selbstverwaltung um. Ohne den sonst bei Bosch üblichen offiziellen Teamleiter sollte die Gruppe innovative Vergütungsextras für Mitarbeiter entwickeln – etwa das Leasing von Dienstfahrrädern. Doch die Selbstverwaltung führte zu Konflikten, beobachtete Uwe Schirmer, Bosch-Abteilungsleiter für Personalgrundsatzfragen.

Vor allem, als die Gruppe ihre eigenen Gehaltserhöhungen festlegen sollte, hakte es. Schirmer: „Wir gingen davon aus, dass die Teammitglieder untereinander am besten beurteilen können, wie es um die Leistung jedes Einzelnen von ihnen steht, und sich auf eine faire Verteilung einigen können.“

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Ein Trugschluss. Fazit nach zwei Jahren Test: „Kollegen tun sich mit der gegenseitigen Beurteilung in der Gruppe schwer“, so Schirmer. Und zwar unabhängig davon, ob es vormalige Führungskräfte sind, die nun wieder als reguläre Teammitglieder gelten, oder nicht. Damit kamen „viele Kollegen nicht gut klar“, beobachtete Schirmer.

Bosch denkt nun darüber nach, wie man es in Zukunft besser hinbekommt. So könnte beispielsweise ein einziges Teammitglied die Leistung aller anderen beurteilen.

Die Idee vom Fixgehalt für alle sieht Schirmer skeptisch. Zwar könnte das in homogenen Start-ups funktionieren, vermutet der Manager. „Aber ein Großkonzern benötigt eine differenziertere Gehaltsfindung, basierend auf der übertragenen Aufgabe und Leistung.“

Für Konzerne wären Einheitsgehälter zudem teuer – weil man sich im Zweifel am bisherigen oberen Ende der Gehaltsspanne für eine Rolle orientieren müsste. „Tut man das nicht und orientiert sich am Durchschnitt, müsste man Teammitgliedern Gehälter kürzen“, sagt Schirmer. Arbeitsrechtlich und personalpolitisch ist das ein Problem. Trotzdem ist der Bosch-Manager überzeugt: „An neuen Vergütungsideen führt kein Weg vorbei.“

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