Der moderne Mann Die Lehre des Leerguts

Herr K. schreibt auf Handelsblatt Online über den Alltag des modernen Manns. Anregungen bitte an: [email protected]
Zu den letzten Refugien männlicher Wirkungsmacht gehört der regelmäßige Besuch eines wohlsortierten Getränke-Fachhandels. Nicht weil die Auswahl familienfreundlicher Cherry-Bier-Mixgetränke oder isotonischer Energydrinks auf Wodka-Lemon-Kurkuma-Basis (schon toll, was es heute alles gibt) irgendwie Männersache wäre. Es ist nur einfach so, dass keine Frau so blöd wäre, sich samstags in die endlose Schlange der Leergut-Rückgabe einzureihen.
Dabei wäre es ein Trugschluss zu glauben, dass man dort nur stoische Geduld lernt. Für Herrn K. sind diese Besuche Anlass für weit mehr als nur Milieustudien. Man trifft im Getränkeladen ja nicht nur dosensammelnde Frührentner, die sicher auch ein Indiz für irgendeinen sozialen Zerfall im Land sind. Aber darüber hinaus wagt Herr K. die These, hier das gesamte Elend weltwirtschaftlicher Produktivitätsdefizite ablesen zu können.
Er kann sich noch an die Zeit erinnern, als an dem Counter im Getränkemarkt tatsächlich ein Mensch saß. In seinem Fall war es eine alleinerziehende Bulgarin mit drei Kindern (man kommt über die Jahre ja doch ein bisschen ins Gespräch). Bis sie irgendwann durch einen Automatenschrank ersetzt wurde, der die Flaschenrückgabe sicher in eine neue Dimension der Kosteneffizienz katapultieren sollte. Das Problem ist nur, dass das Ding nie funktioniert.
Es funktionierte früher nicht, als man noch dachte: na ja, Kinderkrankheiten. Und es funktioniert heute nicht. Es ist kleiner geworden und die Benutzeroberfläche benutzeroberflächlicher. Das ist aber der einzige Fortschritt: ein buntes Display. Mal erkennt die Maschine die Flaschen nicht. Mal ist das Band hinten im Lagerraum voll, aus dem es eh meist stinkt wie sieben Jahre Cholera. Und statt einer Bulgarin müssen jetzt zwei Minijobber den Automaten stetig instand halten.
Es hat etwas fast schon Tröstliches: Wir reden über autonomes Fahren, künstliche Intelligenz und Industrie 4.0. Aber wir scheitern an der Perfektionierung eines schnöden Flaschen-Rückgabe-Automaten. Und da wundert sich noch jemand über die lahmenden Produktivitätsfortschritte der Weltwirtschaft? Krugman, Stiglitz & Co. sollten alle mal einen Getränkemarkt besuchen.
Denken Sie bei Ihrem nächsten Aufenthalt dort also ruhig mal darüber nach, ob Sie sich noch an den Namen Ihrer eigenen Kassen-Bulgarin erinnern. Was der nervende Opa mit den fünf Ikea-Taschen voller Pfandflaschen vor Ihnen wohl für eine Grundrente hat. Und was das alles über den technischen Fortschritt erzählt. Sie werden wie Herr K. ja Zeit haben. Sehr viel Zeit.
Als Herr K. Abitur machte, waren Computer noch etwas für die komischen Typen aus der Informatik AG. Damals kriegten die kein Mädchen ab, heute kontrollieren sie Hidden Champions im Bereich Business Solutions mit Standorten auf drei Kontinenten. Es gab noch keine Smartphones, kein Internet, keine Generation Y, nur Kassettenrecorder, Wählscheibentelefone und sogar die DDR. Patchwork war allenfalls Omas Auslegeware. Herr K. ist - beruflich wie privat - bisweilen irritiert von dieser sich rasant verändernden Welt, will sich aber nichts anmerken lassen. Er ist jetzt in einem Alter, in dem es um letzte Fragen geht: Woher komme ich? Wohin gehe ich? Und wie viel Bonusmeilen gibt's auf dem Weg dorthin? Diese Kolumne will künftig die Antworten liefern. Anregungen für Herrn K. bitte an: [email protected] oder folgen Sie Herrn K. auf Twitter: @herrnK
Die besten Kolumnen vom modernen Mann erscheinen demnächst im Gabal Verlag (14,90 Euro) – samt neuen Texten und allen Hintergründen rund um Herrn K. Bestellen Sie das Buch zur Kolumne jetzt vor – unter: kaufhaus.handelsblatt.com/herrk.
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Ralph S.17.08.2016, 15:55 Uhr
Bin nur 2x im Jahr in der Domstadt. Im Frühjahr zur FIBO, da der Kolibri als Sportwissenschaftlerin nach dem Uniabschluss als meine persönliche Fitnesstrainerin und Ernährungscoach arbeiten wird, und wir uns dort weitergehende Expertise holen. Und im Sommer zu den Kölner Lichter wegen des geilen Feuerwerks am Rhein. Außerdem hatte ich mal dort eine City-Immobilie im Townhaus-Stil, die ich aber dieses Jahr verkauft habe.
HAHAHAHAHAHAHAHAHAHAHAHAHAHA
Starker Artikel, weiter so !