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Der moderne Mann Gucci-Glucke versus Kita-Schnepfe

Nichts ahnend war Herr K. plötzlich mittendrin, als sich zwei Frauen in die Haare bekamen. Im letzten Moment konnte er noch das Schlimmste verhindern. Doch das traumatische Erlebnis hat Spuren hinterlassen.
03.06.2016 - 18:30 Uhr
Streitende Frauen Quelle: Imago
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Streitende Frauen

(Foto: Imago)

Der Krieg der Geschlechter ist in vollem Gang. Und er präsentiert sich bisweilen an Fronten, die Herr K. nicht für möglich gehalten hätte. Zum Beispiel auf dem Gehsteig, den er gerade rückwärts anfährt, weil in dem „Szeneviertel“ seiner Stadt natürlich nirgendwo ein legaler Parkplatz zu finden ist.

„Szeneviertel“ erkennt man noch an weiteren Merkmalen: großflächige Graffitis an blätterndem Altbauputz sowie hohe Dichte an Craft-Beer-Kneipen, Smoothie-Shops und Fahrradläden, die mindestens „Speichen-Lecker“ heißen. Herr K. hat die Handbremse noch nicht angezogen, als hinter seinem SUV wildes Fahrradgeklingel losbricht.

Dort steht eine „Szeneviertel“-Familie mit Pferdeschwanz-Mutter, deren Hollandrad einen Anhänger mit Kleinkind und Tigerenten-Wimpel zieht. Die Frau ruft: „Hier kommt man aber jetzt nicht mehr durch.“ In Wahrheit denkt sie: Hakt’s bei euch, dass ihr hier mit eurer Bonzenschleuder alles blockiert?

Herr K. schreibt auf Handelsblatt Online über den Alltag des modernen Manns. Anregungen bitte an:  herr.k@handelsblatt.com
Herr K. – der moderne Mann

Herr K. schreibt auf Handelsblatt Online über den Alltag des modernen Manns. Anregungen bitte an: [email protected]

Herr K. will gerade „Sorry“ murmeln und den Gehsteig verlassen, als seine Frau das Seitenfenster elektrisch nach unten surren lässt und flötet: „Oh, ich hab gar kein Schild gesehen.“ In solchen Momenten werden in Comics die Sprechblasen mit Blüten umkränzt. Und auf einmal weiß Herr K. genau, was sie eigentlich denkt: Fahr doch drum ‘rum, du dumme Öko-Schnepfe, ihr Heli-Mütter seid doch sonst so patent.

Die anschließende Stille, das ahnt Herr K., ist nur so etwas wie ein Luftholen. Plötzlich steht die Szeneviertel-Mutter direkt am offenen Fenster, blickt Herrn K. an, dann seine Frau, dann ihren sechsjährigen Sohn im Fond und antwortet: „Das kann ja schon mal vorkommen.“ Herrn K. wird unheimlich, denn auch die Gedanken der anderen Frau kann er förmlich spüren: Du musst es ja wissen, du Gucci-Glucke. Aber Gift-Diesel fahren und auf Männes Kosten zweimal pro Woche zum Coiffeur!

Dann wieder seine Frau: Ah, da haben wir aber ein besonders charmantes Exemplar der berufstätigen Alles-Könner-Mutti. Gibt’s dich auch in nett?

Worauf er die andere denken hört: Ich steh’ wenigstens auf eigenen Füßen.

Dann wieder seine Frau: Haha, deine Gesundheitslatschen seh ich! Die Selbstständigkeit hilft natürlich, wenn demnächst deine Ehe in die Brüche geht wegen deines ewigen Genörgels. Immer einen auf nachhaltig machen, aber wehe, wenn in der Firmenkita der laktosefreie Kefir aus ist oder die Karriere trotz Quote nicht vorankommt.

In Wahrheit lächeln sich die beiden Frauen nur an, man hat ja Kultur. Insgeheim keifen sie: Herd-Heimchen! Aushilfs-Emanze! Wählst du AfD? Und du Jack Wolfskin? Marken-Trulla! Öko-Bitch!

„Ja, wir fahren dann mal“, sagt Herr K., „schönen Tag noch.“ Das dünne Eis der Zivilisation hielt. Es wurden keine Autofenster zertrümmert, es flog kein Bio-Lauch durch die Luft. Man hat sich nicht an den Haaren zu Boden gezerrt. „Ich musste mich echt zusammenreißen“, murrt seine Frau. „Ich weiß“, sagt Herr K.

Als Herr K. Abitur machte, waren Computer noch etwas für die komischen Typen aus der Informatik AG. Damals kriegten die kein Mädchen ab, heute kontrollieren sie Hidden Champions im Bereich Business Solutions mit Standorten auf drei Kontinenten. Es gab noch keine Smartphones, kein Internet, keine Generation Y, nur Kassettenrecorder, Wählscheibentelefone und sogar die DDR. Patchwork war allenfalls Omas Auslegeware. Herr K. ist - beruflich wie privat - bisweilen irritiert von dieser sich rasant verändernden Welt, will sich aber nichts anmerken lassen. Er ist jetzt in einem Alter, in dem es um letzte Fragen geht: Woher komme ich? Wohin gehe ich? Und wie viel Bonusmeilen gibt's auf dem Weg dorthin? Diese Kolumne will künftig die Antworten liefern. Anregungen für Herrn K. bitte an: [email protected] oder folgen Sie Herrn K. auf Twitter: @herrnK

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