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Der moderne Mann Happy Purzeltag

Geburtstagsfeiern sind eigentlich etwas Schönes. Herrn K. empfindet seinen Ehrentag jedoch als Last. Nicht nur weil es der fünfzigste ist, sondern auch weil das Fest geplant werden muss – und zwar bis ins kleinste Detail.
20.05.2016 - 16:11 Uhr
Herr K. schreibt auf Handelsblatt Online über den Alltag des modernen Manns. Anregungen bitte an:  herr.k@handelsblatt.com
Herr K. – der moderne Mann

Herr K. schreibt auf Handelsblatt Online über den Alltag des modernen Manns. Anregungen bitte an: [email protected]

Nächste Woche hat Koslowski Geburtstag. Den fünfzigsten. Also volles Programm! Und natürlich wird es furchtbar. Das weiß Herr K. jetzt schon. Nicht wegen irgendwelcher Midlife-Crisis-Symptome, sondern aufgrund des innerbetrieblichen Event-Räderwerks, das sich in solchen Momenten mit brachialer Unbeirrbarkeit knirschend in Gang setzt.

Es wird damit losgehen, dass Wiebke Müller aus dem Marketing bei ihm vorbeiflötet mit ihrem unnachahmlichen „Hallöööchen!“

Es gibt diese Wiebkes überall: Früher organisierten sie die Schul-Feten. Später planten sie die Klassentreffen. Nun sind eben alle Geburtstage, Jubiläen und Begräbnisse in ihrer Firma dran. Sie sammeln die Ablass-Summen ein, mit denen man sich freikauft von jeder Pflicht, selbst kreativ zu werden. Als Gegenleistung wedeln sie mit konsequent geschmacklosen Grußkarten oder großformatigen Douglas-Gutscheinen, auf denen man sich dann verewigen darf.

Die Wiebkes sind eine Pest, weil sie immer Sätze sagen wie: „Also Berger hat das Doppelte beigesteuert.“ Die Wiebkes sind auch ein Segen, weil den Job ja sonst niemand machen würde und sie allein über das Geheimwissen verfügen, was etwa Koslowski für Hobbys hat (Schatzmeister eines Minigolf-Vereins).

Und weil es neben dem Nelkensträußchen vom Betriebsrat oder dem Montblanc-Kugelschreiber der Firmenleitung hier um den „privaten Rahmen“ geht, wird in den Tagen nach Wiebke Müllers Auftritt allerorten darüber debattiert werden, wo die „kleine Sause“ stattfinden soll. Wer eventuell „launige“ Reden hält oder gar Tanzeinlagen oder Gedichte einstudiert. Ob Alkohol gereicht wird oder nicht. Und welche Kollegin oder Kollegen-Gattin sich eventuell erbarmt, „was Frischgebackenes“ beizusteuern.

Nicht hinterfragt wird, warum der ganze Quatsch eigentlich jede normale Büro-Kommunikation lahmlegen muss, denn natürlich hasst der Jubilar den ganzen Zauber ebenso wie all die „Firmenangehörigen“, die ihm dann ihre Aufwartung machen. Koslowski selbst würde sagen: „Kann man der Müller nicht auch mal was schenken? Neues Gesicht zum Beispiel?“

Aber dann werden alle um ihn herumstehen, Hugo trinken (wer hat diesen Wahnsinn eigentlich erfunden?) und unauffällig auf die Uhr schauen, weil man ja mindestens eine Stunde bleiben muss, was wahrscheinlich schon in der Reichs-Betriebsjubiläums-Verordnung von 1925 fixiert wurde, weil wir Deutschen einfach nichts dem Zufall überlassen und selbst die Frage „Knackwürste oder Veggie-Buletten?“ mit einer Akribie debattieren, als gelte es, Syrien zu befrieden.

Herr K. hat sich jetzt so ein bisschen in Rage gegrübelt, aber man muss sich ja schon mal fragen dürfen, was dieses Land eigentlich sonst noch so produziert außer grenzdebilen Flur-Feten und „Happy Purzeltag“-Wünschen. Er blickt auf und starrt in das fröhliche Gesicht von Wiebke Müller, ist aber schneller und schreit: „Hallöööchen!“

Als Herr K. Abitur machte, waren Computer noch etwas für die komischen Typen aus der Informatik AG. Damals kriegten die kein Mädchen ab, heute kontrollieren sie Hidden Champions im Bereich Business Solutions mit Standorten auf drei Kontinenten. Es gab noch keine Smartphones, kein Internet, keine Generation Y, nur Kassettenrecorder, Wählscheibentelefone und sogar die DDR. Patchwork war allenfalls Omas Auslegeware. Herr K. ist - beruflich wie privat - bisweilen irritiert von dieser sich rasant verändernden Welt, will sich aber nichts anmerken lassen. Er ist jetzt in einem Alter, in dem es um letzte Fragen geht: Woher komme ich? Wohin gehe ich? Und wie viel Bonusmeilen gibt's auf dem Weg dorthin? Diese Kolumne will künftig die Antworten liefern. Anregungen für Herrn K. bitte an: [email protected] oder folgen Sie Herrn K. auf Twitter: @herrnK

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