Der moderne Mann Sein Home ist sein Castle (2)

Herr K. schreibt auf Handelsblatt Online über den Alltag des modernen Manns. Anregungen bitte an: [email protected]
Herr K. könnte die Toskana genießen. Sie haben sich dieses Jahr für Florenz entschieden, weil man ja sonst nirgends mehr hin kann: Türkei, Südfrankreich, Paris, Ägypten? Eben. Nord- oder Ostsee wären noch gegangen. So was wie Pellworm oder Hiddensee. Aber sein Kollege Koslowski kommentierte das in seiner unnachahmlich geschmacklosen Art: „Dort stirbt man auch... wenn auch nur an Langeweile.“
Jetzt also Toskana. Herr K. sitzt in einer überaus originalen Trattoria, deren Speisekarte in fünf Sprachen landestypische Burger offeriert. Der Rest der Familie stromert durch die Stadt. Aber statt den Blick über Ponte Vecchio und Arno schweifen zu lassen, hat Herr K. das Handy am Ohr. Er ruft zu Hause an, wo niemand abheben wird. Hoffentlich. Denn wenn jemand abhebt, wäre es ein Einbrecher, wobei er nicht weiß, warum ein Einbrecher bei ihm zu Hause ans Telefon gehen sollte. Macht ja keinen Sinn.
Es macht aber durchaus Sinn, trotzdem zu Hause anzurufen, denn Herr K. hat entdeckt, dass man die Telefonanlage als eine Art Babyfon benutzen kann. Man ruft an und hört, was sich zu Hause tut. Er hat das in diesem Urlaub schon etwa 20-mal gemacht... täglich. Das Grundrauschen in der Leitung beruhigt ihn, denn er macht sich Sorgen. Die Kriminalitätsstatistiken entwickeln sich besorgniserregend. Raubüberfälle. Autoklau. Diebstähle. Alles so wachstumsstark wie sonst nur noch Pokémon Go.
Also hat er sich Zeitschaltuhren gekauft, die nachts im ganzen Haus diverse Räume illuminieren sollen. Dann machte er sich allerdings Sorgen, dass es einen Kurzschluss geben könnte, der das Haus niederbrennt. Also stellte er die Stehlampen kurz vor der Abreise noch in wassergefüllte Plastikwannen, worauf seine Frau fragte: „Ist das jetzt Präventions-Tourette, oder was?“
Nun also die Stille der heimatlichen Überwachungsanlage. Er legt wieder auf und schaut in die toskanische Idylle. Medici. Michelangelo. Weltgeschichte. Wohlstand einer vergangenen Epoche. Schon toll. Den Schmidts haben sie den Jaguar aus der Garage geklaut und auf die Walter-Knoll-Sofas uriniert. Bei Hanselmanns waren nach dem Urlaub sogar Weber-Grill und schwarz beschäftigtes Au-Pair-Mädchen aus Bulgarien verschwunden.
Als Schuldige werden in Herrn K.s beruflichem wie privatem Umfeld mittlerweile meist vermutet: „Osteuropa“, „Balkan“, „die Merkel“, „Islamisten“ oder „Sinti und Roma... Zigeuner darf man ja nicht mehr sagen“, sagte Koslowski neulich. Herr K. weiß nicht recht. Aber kann man den tektonischen Welt-Verwerfungen noch mit Zeitschaltuhr-Funzeln und Babyfon Paroli bieten?
Einmal noch. Herr K. ruft an. Es klingelt. Gleich wird die Überwachungsfunktion anspringen. Doch dann hört er eine Stimme in nicht mal schlechtem Deutsch: „Challo? Was wolle?“ (Fortsetzung folgt)
Als Herr K. Abitur machte, waren Computer noch etwas für die komischen Typen aus der Informatik AG. Damals kriegten die kein Mädchen ab, heute kontrollieren sie Hidden Champions im Bereich Business Solutions mit Standorten auf drei Kontinenten. Es gab noch keine Smartphones, kein Internet, keine Generation Y, nur Kassettenrecorder, Wählscheibentelefone und sogar die DDR. Patchwork war allenfalls Omas Auslegeware. Herr K. ist - beruflich wie privat - bisweilen irritiert von dieser sich rasant verändernden Welt, will sich aber nichts anmerken lassen. Er ist jetzt in einem Alter, in dem es um letzte Fragen geht: Woher komme ich? Wohin gehe ich? Und wie viel Bonusmeilen gibt's auf dem Weg dorthin? Diese Kolumne will künftig die Antworten liefern. Anregungen für Herrn K. bitte an: [email protected] oder folgen Sie Herrn K. auf Twitter: @herrnK
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Der Bürger mit normalen Einkommen wohnt längs in bewachten Anlagen.
Ob die Armen sich gegenseitig berauben ist doch eigentlich egal.
Herr K. ist mit seiner Familie im Urlaub. Während seine Frau und die Kinder Florenz entdecken, kann er sich nicht erholen. Ständig muss er an sein Zuhause denken. Hat er das Haus auch gut gegen Einbrecher gerüstet?
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Keine Sorge !!!
Der Nachbar ist HARTZ4 Empfänger und macht gegen einen Reisemitbringsel den wachdienst !
Und wenn gerade Monatsanfang ist und der Hartz4 Empfänger am Park und mit andere Hartz4 Empfänger feiert...da findet sich bestimmt bei 1 Euro-Job auch einen Flüchtling als Subaufpasser !
Jaja, zuviel Zeug belastet.
Nicht nur, wenn man's dabei hat.