Der moderne Mann Wie die Midlife-Crisis weiblich wurde

Herr K. schreibt auf Handelsblatt Online über den Alltag des modernen Manns. Anregungen bitte an: [email protected]
Herr K. ist jetzt Mitte 40, und wenn er in sich hineinhorcht, wartet er darauf, dass irgendein zweites Ich zu ihm sagt: "Na, du alte Pfeife, jetzt wird’s aber Zeit." Und wenn er dann denkt: "Zeit für was denn?", dann antwortet sein Alter Ego: "Das weißt du genau: eine zünftige Midlife-Crisis. Ehekrach, junge Freundin, Ausbruch, Knickknack, Rock ’n’ Roll!"
Manchmal redet Herrn K.s zweites Ich wie sein Kollege Koslowski, was die Sache nicht angenehmer macht: "Soll’s das echt gewesen sein? Jetzt noch ein paar Jahre Business Class, Doppelgarage und dann nächste Ausfahrt Rentenbescheid oder was, du Rollkoffer-Hulk?!"
Herr K. kennt aus seinem eigenen Bekanntenkreis die Konsequenzen solcher Sprüche: Ein halbes Dutzend Ehen, deren Hochzeiten er einst mitgefeiert hat, sind schon verpufft. In drei Fällen sitzen die Männer jetzt in wenig repräsentablen Ein-Zimmer-Apartments am Stadtrand, erzählen ihm von ihrer "neuen Freiheit" und bekommen feuchte Augen, wenn Herr K. sie fragt, wer ihnen nun die Hemden wäscht.
Zwei der Herren haben bereits dritte und vierte Kinder in zweiter Ehe, die auch schon wieder kriselt, versichern aber, dass "Patchwork-Familien eine super Bereicherung sein können". Etwas ruhiger hat es nur jener Bekannte, der mit seinem bolivianischen Au-Pair-Mädchen durchgebrannt ist, mittlerweile aber nicht nur von seiner Noch-Ehefrau gesucht wird, sondern auch von der Steuerfahndung. Herr K. kann nicht einschätzen, ob man im bolivianischen Hochland seine Rente verbringen möchte, die dann wohl eh nicht mehr überwiesen wird von der deutschen Sozialversicherung.
Das Amüsanteste am Thema Midlife-Crisis scheint Herrn K. zu sein, dass es heute kein rein männliches Phänomen mehr darstellt. Heidi Klum zum Beispiel lebt nach allerlei Kindern von diversen Vätern nun mit dem Sohn eines Künstlers zusammen, der irgendwas mit Kunsthandel macht. Dazu versucht sie ausdauernd, so cool zu wirken, wie nicht mal ihre Kinder sind. Sie wirkt dabei leider weniger hip als hibbelig.
Ähnlich … nun ja… auf der Suche nach Sinn zu sein scheint die Schauspielerin Simone Thomalla, die mit einem Handballspieler aus Bad Langensalza liiert ist. Und ihre TV-Kollegin Christine Neubauer zeigte der Boulevardpresse jüngst in ihrer zweiten Heimat Palma de Mallorca ihre neue Leidenschaft: In diesem Fall ist es nicht ihr chilenischer Lebensabschnittsgefährte José, sondern eine Kollektion selbstgemalter, sehr bunter "Kunst".
Herr K. findet das gut. Es spendet ihm Trost, dass es künftig nicht mehr nur Sugardaddys, sondern auch -mamis geben wird. Und es zeigt ihm, dass Gleichberechtigung keine Floskel mehr ist. Endlich zeigen Frauen reiferen Alters, dass sie sich genauso wie ihre männlichen Altersgenossen komplett lächerlich machen können.
"Okay, okay", hört Herr K. sein anderes Ich sagen. "Dann eben doch in Würde altern, du Spaßbremse!"
Als Herr K. Abitur machte, waren Computer noch etwas für die komischen Typen aus der Informatik AG. Damals kriegten die kein Mädchen ab, heute kontrollieren sie Hidden Champions im Bereich Business Solutions mit Standorten auf drei Kontinenten. Es gab noch keine Smartphones, kein Internet, keine Generation Y, nur Kassettenrecorder, Wählscheibentelefone und sogar die DDR. Patchwork war allenfalls Omas Auslegeware. Herr K. ist - beruflich wie privat - bisweilen irritiert von dieser sich rasant verändernden Welt, will sich aber nichts anmerken lassen. Er ist jetzt in einem Alter, in dem es um letzte Fragen geht: Woher komme ich? Wohin gehe ich? Und wie viel Bonusmeilen gibt's auf dem Weg dorthin? Diese Kolumne will künftig die Antworten liefern. Anregungen für Herrn K. bitte an: [email protected] oder folgen Sie Herrn K.auf Twitter: @herrnK