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Homeoffice

Businessetikette Handschlag, „Fist Bump“, Ellbogencheck: Wie begrüßt man sich derzeit eigentlich korrekt?

Corona hat die Begrüßungsrituale auf den Kopf gestellt. Das Ergebnis sind Faustknuffe und Ellbogenchecks. Wird das mit der Rückkehr ins Büro so weitergehen?
04.09.2021 - 12:24 Uhr Kommentieren
Ist das noch abstandsregelkonform? Quelle: Polaris/laif
Regierungschefs Merkel und Johnson

Ist das noch abstandsregelkonform?

(Foto: Polaris/laif)

Düsseldorf Neulich hatte ich meinen ersten Geschäftstermin in Präsenz, seit ich vollständig geimpft bin. Mein Gesprächspartner ließ sich kurz entschuldigen und verschwand um die Ecke. Eigentlich genügend Zeit für mich, um über eine Begrüßung nachzudenken. Doch: Chance vertan.

Als er zurückkommt, hält er mir die Faust zur Begrüßung hin, ich strecke die Hand aus. Die Enden unserer Arme verrenkten sich zum Handschlag. So schnell kann ein Businesstreffen auf Kollisionskurs geraten.

Mit der zaghaften Rückkehr ins Büro taucht eine scheinbar kleine Frage auf, die großes Fettnäpfchen-Potenzial hat: Wie genau begrüßt man sich aktuell eigentlich korrekt? Langsam sind zwar mehr und mehr Menschen in Deutschland gegen das Coronavirus geimpft, ein Normalzustand ist damit in Sichtweite. Auch mit Abstand.

Trotzdem gibt es noch immer eine nicht zu vernachlässigende Anzahl Ungeimpfter. Und: Auch bei eigentlich Immunisierten kommt es in seltenen Fällen zu sogenannten Impfdurchbrüchen. Ein Vabanquespiel für die Etikette.

Unter Politikern scheint sich der Ellbogencheck als neues Hallo international etabliert zu haben. Bei Armin Laschet bis Boris Johnson ist die Geste gern gesehen. US-Präsident Joe Biden scheint hingegen eher ein Freund des „Fist Bump“, bei dem man die Faustknöchel kurz gegeneinander knufft. Und auch im TV-Triell vergangenes Wochenende war die Geste zum Debattenauftakt zu sehen.

Knuffen fürs Kanzleramt. Quelle: dpa
Grünen-Kanzlerkandidatin Baerbock und SPD-Kontrahent Scholz

Knuffen fürs Kanzleramt.

(Foto: dpa)

Doch wie hält es die Wirtschaft mit der Corona-Etikette?

Anfrage an Trigema-Chef Wolfgang Grupp. Ich schätze, dass für ihn als Deutschlands Vorzeigetextilunternehmer und eingetragener Kaufmann der Handschlag genauso zum Tagesgeschäft gehört wie der tägliche Gang durch die Produktion.

Doch Grupp will sich nicht offiziell äußern. Seine Pressestelle bittet „um Verständnis, dass Herr Grupp ausschließlich für Interviews und Fragen zum Thema Trigema und den Standort Deutschland zur Verfügung steht“. Mögliche Auswege oder zumindest Verständnis für meinen Fauxpas erhalte ich hier schon mal nicht.

Eine, die antwortet, ist Hiltrud Werner. Als Compliance-Chefin bei Volkswagen musste die Managerin in der Vergangenheit schon häufiger ihre Ellbogen einsetzen. Seit Neuestem verwendet Werner sie auch zur Begrüßung, wie sie mir verrät: „Ich bevorzuge derzeit den ‚Bump‘ mit dem Unterarmrücken.“ Wobei auch ein freundliches Nicken oder ein „Hallo“ bei einer persönlichen Begegnung durchaus reichen würde. Einen festen VW-Standard gebe es nicht.

Da sind andere offenbar weiter, wie ich vom Videodienst Zoom lerne. Dort grüßt Deutschlandchef Peer Stemmler momentan gar nicht im Büro, weil schlichtweg niemand da ist, den es zu begrüßen gäbe. Man kehre erst zurück, wenn das „ohne persönliche Schutzausrüstung und Social Distancing“ möglich sei, heißt es vom Unternehmen. Bis dahin setzt man – passend zum Geschäftsmodell – weiter auf Videokonferenzen aus dem Homeoffice.

Etikette in Corona-Zeiten: So uneinheitlich wie das Beherbergungsverbot

Handschlag, „Bump“, gar nichts: Nach Tagen der Recherche bin ich ehrlich gesagt verwirrter als zuvor. Die Möglichkeiten einer Post-Corona-Etikette scheinen zerklüfteter als die Regelungen zum Beherbergungsverbot vergangenes Jahr. Da den Überblick zu behalten ist schwierig. Ich suche professionellen Rat und kontaktiere zwei, die es wissen müssen. Imme Vogelsang und Nandine Meyden. Beide sind Coach für Businessetikette.

Vogelsang gibt mir drei Tipps, die ich allesamt geflissentlich bei meinem ersten Termin als Durchgeimpfter ignoriert habe.

  • Oberstes Gebot: „Bleiben Sie entspannt.“ War ich nicht.
  • Zweitens: Niemand nehme einem eine etwas distanziertere Form der Höflichkeit und Wertschätzung bei der Begrüßung übel. „Eine leichte Verbeugung mit einem freundlichen, offenen Lächeln, wird auf der ganzen Welt verstanden“ – nur offenbar von mir nicht.
  • Und drittens „kann ich mich auch vorher erkundigen, welche Art der Begrüßung mein Gegenüber bevorzugt“. Ein toller Tipp, der jedoch für mich etwas zu spät kommt.

Meyden erklärt mir, warum mein Gegenüber mir am Ende doch die Hand gegeben hat. Der Handschlag sei in Deutschland so etwas wie das Pikass der Begrüßungsformen, die Geste dominiert. „Ihn zu verweigern kam kulturell bisher einer Vollkatastrophe nahe“, sagt die Expertin.

Doch Corona könnte unsere bisherigen Gruß-Gewohnheiten verändern. In Deutschland hat sich der Handschlag etwa gegen Ende des 19. Jahrhunderts etabliert – mit dem Siegeszug der bürgerlichen Demokratie. „Er ist ein Zeichen, dass man sich auf Augenhöhe begegnet“, ordnet Meyden ein.

„Den Handschlag zu verweigern kam kulturell bisher einer Vollkatastrophe nahe“ - doch das könnte sich ändern. Quelle: N Meyden
Etikette-Expertin Meyden

„Den Handschlag zu verweigern kam kulturell bisher einer Vollkatastrophe nahe“ - doch das könnte sich ändern.

(Foto: N Meyden)

Künftig könnten andere Rituale dazukommen oder den Handschlag ablösen. So gaben bei einer Umfrage der Universität Trier kürzlich 57 Prozent der Befragten an, dass sie ihre Begrüßungsform dauerhaft ändern wollen, entweder weil sie sich in der Pandemie an andere Arten des Hallosagens gewöhnt haben oder weil sie auch künftig die Übertragungsgefahr von Keimen und Co. gering halten wollen.

Hygiene bei der Begrüßung: Kuss schlägt Händeschütteln

Zwar wissen wir heute, dass sich eine Infektion mit dem Coronavirus seltener auf einen Handschlag und deutlich häufiger auf sogenannte Aerosole in der Luft zurückführen lässt. Sonderlich hygienisch ist der Brauch trotzdem nicht.

So sollen bei einem Handschlag mehr Viren und Bakterien den Besitzer wechseln als beim Küssen, wie britisch-amerikanische Forscher schon 2017 herausgefunden haben wollen. Der Kuss als Begrüßung ist aber wohl nicht die Richtung, in die es sich nach Ende des Pandemiezustands entwickeln wird. „Das Ritual ist hierzulande nicht etabliert“, sagt Meyden.

Coach Vogelsang ergänzt: „Die Frage ist doch, wie wollen wir auf andere wirken?“ Seriös, wertschätzend, professionell? Dann sei ein freundliches Zunicken wahrscheinlich die beste Lösung in der aktuellen Lage, so die Expertin. Auch Meyden rät: „Wir sollten noch freundlicher als sonst auftreten.“ Heißt konkret: mehr Lächeln als sonst. „Das sieht man am Gesichtsausdruck auch trotz Maske“, sagt Meyden. Aber auch mehr Zeit für Smalltalk. Dann verzeihe das Gegenüber vieles – und vielleicht sogar, wenn jemand, so wie ich, unachtsam seinem Gegenüber die Hand ausstreckt.

Oft sei es auch eine Frage des Settings, erklärt mir Meyden. Über vier Fragen sollten sich Businessmenschen in und nach Corona-Zeiten vor einem Termin Gedanken machen: Wo gehe ich hin? Welche Rolle habe ich? Wer ist noch da? Was ist der Anlass?

Wenn beispielsweise der Geschäftsführer eines wichtigen Kunden, der für 40 Prozent des eigenen Umsatzes verantwortlich ist, einem die Hand zum Gruß anbietet, „kann es auch aktuell durchaus eine Überlegung sein, diese anzunehmen und danach darauf zu achten, sich nicht mehr ins Gesicht zu fassen“, sagt Meyden.

Zum Gesprächseinstieg dem Handschlag vorweggreifen?

Wer den Handschlag unbedingt vermeiden will, darf das gerne direkt thematisieren, bevor es zu spät ist, raten die Expertinnen. Etwa, indem er Sätze sagt wie: „Vielen Dank, das ist sehr nett, aber ich möchte aufgrund der aktuellen Situation lieber vorerst noch auf einen Handschlag verzichten.“

Oder etwas informeller im Kollegenkreis: „Ich bin so froh, euch wiederzusehen, fühlt euch umarmt. Für eine echte Umarmung warten wir vielleicht aber noch ein Jahr.“ Ein freundlicher Blick, ein wertschätzendes Lächeln dazu – und die Sache ist gegessen.

Handschlag vermeiden – das habe es ja außerdem auch schon vor Corona gegeben, sagt Vogelsang. „Wenn zum Beispiel jemand stark erkältet war, hat man das auch kurz thematisiert und dann erklärt, dass man gerade nicht die Hand geben möchte.“ Ein Problem war das nicht, so die Expertin. Eher höflich.

Ich habe bei meinem Gegenüber übrigens auch noch die Kurve gekriegt. Und gesagt, dass ich bald mal einen Text darüber schreiben muss, wie man sich eigentlich in Corona-Zeiten richtig begrüßt.

Mehr: Impfpflicht am Arbeitsplatz? Ein Fünftel der Arbeitnehmer würde klagen oder kündigen

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